„Das Hauptproblem ist, dass sich der OSV irgendwelche Schwimm-Nationen als Vorbild genommen hat, die allerdings eine ganz andere Struktur haben. Damit hat man sich in der Vergangenheit schon immer gerechtfertigt. Der Verband hatte ein gewisses Bild und dem musste eben Folge geleistet werden, anstatt sich flexibel auf die Sportler einzustellen“, führt sie als Hauptanklagepunkt an.

Doch wie ist es zu erklären, dass sich im Verband nichts ändert? „Ganz einfach, weil wir mehr oder weniger das gleiche Personal wie früher haben. Angefangen bei Generalsekretär Thomas Gangel über Peter Putzgruber bis zu Walter Benesch“, ist Fischer über die Kontinuitäten selbst verwundert.

Damit sei ihrer Ansicht nach auch eine gewisse Mentalität, Wertvorstellung sowie Art und Weise, wie man mit Dingen umgeht, verbunden.

Seit 63 Jahren die gleiche Dynastie

Ein Blick in die Vorstandslisten des Schwimm-Verbands belegt eindrucksvoll Fischers Aussage über Kontinuitäten. Seit 1950 gab es bei der Besetzung des Vorstandes keinen deutlichen Bruch mehr (siehe Factbox rechts). In den vergangenen 63 Jahren tauschten sich die Namen immer nur an einzelnen Stellen aus.

Besagter Putzgruber sowie Schwimm-Wart Manfred Otte tauchten beispielsweise bereits Ende der 80er erstmals in den Vorstandslisten auf.

Der nicht unumstrittene Finanz-Referent Benesch, an dem Fürnkranz-Maglock trotz eines bereits angekündigten freiwilligen Rückzuges weiter festhalten möchte, ist bereits seit 1991 mit von der Partie. Damals allerdings noch in der Funktion des Referenten für Öffentlichkeitsarbeit.

Im Vorfeld ausgehandelt

Es drängt sich die Frage auf: Wie können sich Funktionäre in einem Verband, der sich offenkundig seit mindestens 20 Jahren mit ähnlichen Problemen herumschlägt, halten?

Der Grund liegt im System, wie auch Kurt Herzig bestätigt. Der Kärntner kennt das System Schwimm-Verband bestens, schließlich war er von 1989 bis 2004 als Schwimmwart und zuletzt Sportdirektor ein Teil davon.

„Das ist wie in einer Partei: Du musst auf die Liste kommen“, erklärt der 69-Jährige, der nach wie vor im Kärntner Landesverband als Schwimmwart und Schriftführer tätig ist. Das heißt, dass am Verbandstag, bei dem der Vorstand gewählt wird, nicht über jede Position einzeln abgestimmt wird.

Es wird lediglich ein Votum über eine oder zwischen mehreren Listen abgegeben. „Welche Namen auf einer Liste stehen, wird im Vorfeld abgesprochen“, führt Herzig aus.

„Deswegen war Frau Fürnkranz-Maglock auch in ganz Österreich unterwegs, um sich mit den Landespräsidenten zu treffen. Dabei wird abgesprochen, wie die Funktionen aufgeteilt werden“, weiß Herzig. So sichert sich die fragliche Liste die Unterstützung des jeweiligen Bundeslandes.

Zur Illustrierung: Im bislang letzten OSV-Vorstand war Tirol durch Vize Richard Kössler, der auch im Tiroler LSV Vize ist, vertreten. Niederösterreich durch Fürnkranz-Maglock, die Vize im OSV und Gattin von LV-NÖ-Präsident Erich Maglock ist.

Steiermark durch Peter Putzgruber, der LSV-Präsident und im OSV ebenfalls Vize ist, Oberösterreich durch seinen LSV-Vize Herbert Schurm (Schriftführer im OSV). Wien ist gleich in mehrfacher Form vertreten (siehe Auflistung oben).

Gespräche mit diversen Vereins-Obmännern bestätigen diesen Eindruck. Gegenüber LAOLA1 lassen Funktionäre durchblicken, dass ihnen der Landesverband näher liegt, als jene Menschen, „die sich in Wien wichtigmachen“.

„Es ist schon aller Ehren wert, was der Herr Schurm für das oberösterreichische Schwimmen getan hat“, meint beispielsweise ein Klub-Präsident aus dem angesprochenen Bundesland. Somit ist es auch verständlich, dass einer Wahl-Empfehlung von LSV-OÖ-Chef Helmut Ilk artig Folge geleistet wird.

Auch der Aufruf der Tiroler LSV-Vorsitzenden Katrin Petzer, dass ganz Tirol hinter dem OSV-Vorstand stehen muss, kam offenbar an. Das „Heilige Land“ stimmte letztlich geschlossen für die Liste Meidlinger. Randnotiz: Dem Trio Petzer, ihrem Vater Georg Petzer sowie dem auf der Liste stehenden Kössler überschrieben gleich neun Tiroler Vereine das Recht, in ihrem Namen zu wählen. Insgesamt stimmten am Verbandstag in Linz nur zwölf Tiroler Klubs ab.

Die Dachverbände aufteilen

Die Aufteilung anhand des Paritäts-Prinzips kommt auch in Bezug auf die politischen Dachverbände Union (ÖVP), ASKÖ (SPÖ) und ASVÖ (neutral) zum Einsatz. Genauer gesagt bei den Vize-Präsidenten.

Am konkreten Beispiel der im September 2012 gewählten Liste bedeutet das, Fürnkranz-Maglock für Union, Putzgruber für ASKÖ sowie Kössler für ASVÖ.

Zufall? Keineswegs. Diese Aufteilung zieht sich quer durch diverse OSV-Vorstandslisten und ist auch in anderen Verbänden gelebte Praxis.

Funktion Bundesland
Präsident Christian Meidlinger* Wien
Vize-Präsident Birgit Fürnkranz-Maglock Union
Vize-Präsident Richard Kössler Tirol ASVÖ
Vize-Präsident Peter Putzgruber Stmk ASKÖ
Schriftführer Herbert Schurm
Finanzreferent Walter Benesch Wien
Fachwart Schwimmen Manfred Otte Szbg
Fachwart Springen Grete Kugler Wien
Fachwart Wasserball Mike Fasching Szbg
Fachwart Synchrons. Walter Petrasovits
Referent Leistungssp. Jugend Nina Dittrich Wien
Referent Breitenssp. Jugend Gabriele Stecher** Wien
Referent Masters Wolfgang Raber Wien
Referent Recht Ferdinand Podkowicz Wien

Wo tropft es?

Über dem Schwimm-Verband schwebt ein Damoklesschwert. Eine parlamentarische Anfrage seitens des BZÖ (vor der Nationalratswahl; Anm.) bezichtigt den OSV, öffentliche Fördergelder in Höhe von mehreren 100.000 Euro veruntreut zu haben.

Konfrontiert mit den Vorwürfen beruft sich Fürnkranz-Maglock auf die Wirtschaftsprüfer, die man sich nach Bekanntwerden der Pool GesmbH ins Haus geholt hatte. „Da wurde festgestellt, dass von den OSV-Konten keine Gelder verschwunden sind oder verschoben wurden.“

Zuletzt verlautbarte der OSV, dass auch das Finanzamt Wien bei einer Überprüfung keine Beanstandungen feststellte - zumindest für die Jahre 2011 und 2012.

Nichtsdestoweniger sind die Ermittlungen der Korruptions-Staatsanwaltschaft bereits im Gange. Sollten diese tatsächlich etwas finden, läge freilich der Schluss nahe, bei den dominanten Personen im OSV-System als erstes nach der undichten Stelle zu suchen.

Den Kopf verlieren ist nicht schlimm

Jukic wirbelte in den vergangenen Monaten mit seinen medialen Rundumschlägen viel Staub auf und war an zwei Präsidenten-Rücktritten beteiligt.

Vor dem Hintergrund der hier dargelegten OSV-Struktur scheint dieses Kopf-Abschlagen aber nicht mehr als Symptom-Behandlung zu sein. Die Wurzel des über Jahrzehnte gewachsenen Problems liegt viel tiefer.

Einen echten Kurswechsel können daher nur die Vereine selbst herbeiführen. Doch diese werden auch künftig in erster Linie danach trachten, das Beste für sich selbst herauszuholen. Was schließlich auch ihr Recht und in Bezug auf ihre Mitglieder sogar ihre Pflicht ist.

Gute Vorraussetzungen also, dass sich auch in den nächsten 60 Jahren wenig ändert...

 

Reinhold Pühringer und Stephan Schwabl

Funktion
Generalsekretär Thomas Gangel
Sportkoordinator Moschos Tavlas