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Rogan: "Olympia verändert nichts, aber doch alles"

Rogan:

Alles für Olympia.

Markus Rogan macht sich bei der Langbahn-EM in Debrecen rar, schwimmt mit den 200 m Lagen nur eine Einzelstrecke. In 2:00,58 Minuten qualifiziert er sich als Halbfinal-Vierter für den Endlauf am Mittwoch (18:17 Uhr).

Im LAOLA1-Interview spricht der 30-Jährige über die ersten Erkenntnisse der Titelkämpfe, seine Demut im Olympia-Jahr und lästige Tanten.


LAOLA1:
Das Minimalziel, nämlich der Finaleinzug über 200 m Lagen ist geschafft. Wie hart war es schlussendlich?

Markus Rogan: Es war schlussendlich langsamer, als ich gedacht habe. Vor allem die Delfin waren ein Trauerspiel. Bluff war da keiner dabei. Ich bin am Morgen und am Abend voll geschwommen. Für eine Medaille wird es verdammt schwer.

LAOLA1: Nach dem Vorlauf warst du nur bedingt zufrieden?

Rogan: Ich wusste nicht, ob ich schneller kann. Die Zeit war ein Schritt nach vorne, wenn man bedenkt, dass ich vom Training erschöpft bin. Aber das gibt mir ein gutes Bild der Realität.

LAOLA1: Die wie aussieht?

Rogan: Es zeigt mir, wie schwer es wirklich ist. Wie hart ich arbeite. Und wie sehr ich die Kraft des Körpers schätzen muss. Auf der anderen Seite gibt es mir genau die Zurückhaltung, um in London mit der nötigen Bescheidenheit an den Start zu gehen.

LAOLA1: Was war und ist die Zielsetzung für die Europameisterschaft in Debrecen?

Rogan: Ich wollte Selbstvertrauen für Olympia tanken und gleichzeitig schauen, wie Laszlo (Cseh, Anm.) und James (Goddard, Anm.) drauf sind. Das sind meine größten Konkurrenten für eine Medaille. Und ich wollte keine komplette Watsch’n kriegen und trotz der Erschöpfung konkurrenzfähig sein.

LAOLA1: Es fällt auf, dass du ausgerechnet im Olympia-Jahr Demut als neues Lebensmotto ausgegeben hast?

Rogan: So ganz checke ich es noch nicht. Aber wenn es so wäre, wäre es natürlich besser.

LAOLA1: Und wie gut oder schlecht wäre es, wenn sich bei der EM keine weitere Medaille ausgeht?

Rogan: Es wäre auf jeden Fall am einfachsten, keinen Erfolg zu haben. Sollte ich eine Medaille gewinnen, ist es wichtig, sie richtig einzuordnen. Also in etwa: Gut, aber nicht großartig. Aber steh‘ einmal auf so einem Siegespodest und fühl dich nicht großartig. Probier das einmal, das ist verdammt schwer. Der Kopf schwillt so an, das passiert jedes Mal wieder.

LAOLA1: Und absichtlich langsam schwimmen geht ja dann auch nicht?

Rogan (lacht): Nein, nein, das geht nicht. Da ist das Ego viel zu groß, und auch mein Kampfgeist.

LAOLA1: Und im Becken stört sich auch keiner daran, wenn man so ist, wie man eben ist?

Rogan: Ich möchte es schaffen, mich auch außerhalb des Wassers nicht zu verstellen. Ich habe mich für Sponsoren, für mich selbst und für Dinge, die ich unbedingt sein wollte, sehr lange und sehr viel verstellt. Wenn ich das langsam schaffe abzustellen, bringt es mir sicher etwas.

LAOLA1: Du hast angekündigt, dass es deine letzte Europameisterschaft ist?

Rogan: Ich sage immer letzte EM, weil es spannend klingt. Letzte EM ist besser als 27. EM. Das hört sich viel dramatischer an.

LAOLA1: Du bist auf Wikipedia einer der wenigen Schwimmer, deren Medaillenbilanz im Steckbrief nicht Platz findet und deshalb mit Klappfunktion versehen wurde.

Rogan: Zumindest auf Wikipedia habe ich eine große Klappe. Aber die habe ich mir auch hart verdient.

LAOLA1: Hart ist auch der Trainingsalltag in Los Angeles. Da tut so ein kurzer Zwischenstopp in der Heimat wie vor der EM doch sicher gut, oder?

Rogan: Es war schon schön. Aber auch ein Wahnsinn. Ich musste alle Tanten besuchen, die Großmutter will auch Zeit mit ihrem Enkerl verbringen. Ich habe gar nicht gewusst, dass die Familie so groß ist. Aber das gehört auch dazu.

LAOLA1: Du hast vorher den Kampfgeist erwähnt. Wie sehr wird der und wie sehr wirst du im Training gefordert?

Rogan: Ich bin dann am besten, wenn ich mich messen kann. Wenn ich permanent um meinen Platz kämpfen muss. Wenn ich mich als Platzhirsch aufführen könnte, würde ich das sofort tun. Das könnte ich in Österreich, aber es würde mich nicht weiterbringen. Deshalb habe ich diesen Weg und diese Trainingsgruppe gewählt.

LAOLA1: Und wie stehst du im Vergleich zu deinen Trainingskollegen auf dem Weg nach London da?

Rogan: Ich habe keine Ahnung, wo ich stehe. Du schlägst dich selbst so nieder im Training und hoffst, dass am Ende mit der Erholung alles gut wird. Aber wie es wirklich wird, weißt du nicht.

LAOLA1: Dafür weißt du, wie eine Olympische Medaille das Leben eines Sportlers verändert?

Rogan: Olympia verändert eigentlich nichts, aber dann doch alles. Ansehen, Einkommen, auch Freunde, Selbstzufriedenheit, einfach alles.

LAOLA1: Wie realistisch ist es, dass dein Olympia-Traum noch einmal wahr wird?

Rogan: Eigentlich unmöglich. Aber genau deshalb ist es so spannend, wenn man es schafft.

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

Das Interview führte Bernhard Kastler