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„So kann ich eine Rio-Medaille holen“

„So kann ich eine Rio-Medaille holen“

Um Dinko Jukic ist es ruhig geworden.

Wahrscheinlich, weil er nicht mehr so oft in Österreich ist, seitdem er Ende des Vorjahres sein Training nach Kroatien verlegt hat.

Bei einem seiner selten gewordenen Besuche, hat LAOLA1 den 26-Jährigen getroffen. Was sich aktuell rund um den heimischen Schwimm-Verband (OSV) abspielt, der seit dem Vormonat mit Stefan Miklauz den nächsten Präsidenten vorzeitig verlor, wisse er nicht genau.

„Das bekomme ich aus der Entfernung kaum mehr mit“, gibt er zu Protokoll. Der Fokus des mittlerweile beim kroatischen Klub Primorje trainierenden Olympia-Vierten von London liege wieder vollkommen auf dem Schwimmsport.

Die Konsequenz daraus waren ein österreichischer Kurzbahn-Rekord im Jänner in Linz (48,19 Sekunden) sowie 52,19 Sekunden über 100m Delphin im Rahmen eines Staffelrennens der kroatischen Meisterschaften vor drei Wochen. „Diese Zeit hat mich selbst überrascht, weil ich davor starkes Fieber hatte.“

Im Interview bekräftigt Jukic sein Ziel einer Medaille in Rio und erklärt, warum es diesmal klappt:

LAOLA1: Dinko, du hast im Vorjahr gemeint, dass du deinen Grundspeed steigern willst. Wie weit bist du bei diesem Vorhaben?

Dinko Jukic: Ich bin auf der Lage, welche für Geschwindigkeit schlechthin steht, neuen österreichischen Rekord geschwommen. Also sehr weit.

LAOLA1: Würdest du sagen, du bist im Plan?

Jukic: Voll im Plan. Ich bin genau dort, wo ich mir vorgenommen habe, am Weg in Richtung Olympia-Medaille 2016 zu diesem Zeitpunkt zu sein. Nun werde ich den Fokus wieder auf meine aerobe Kapazität legen, deren Schwankungsbreite physiologisch gesehen aber relativ klein ist. Sobald ich mich dieser widme, komme ich dorthin zurück, wo ich schon einmal war. Nur eben dann mit einer höheren Grundgeschwindigkeit.

LAOLA1: Welche großen internationalen Events peilst du zur Formüberprüfung an?

Jukic: Vor der Quali-Periode für die WM in Kazan (24. Juli bis 9. August; Anm.) werde ich noch bei einem großen internationalen Wettkampf starten. Dadurch, dass ich aus allen Fördertöpfen rausgefallen bin, muss ich mir sehr genau überlegen, welche Rennen sich finanziell bei mir ausgehen. Deswegen schwimme ich Wettkämpfe rund um Kroatien. Das wird für mich ein Knackpunkt: Erbringe ich dort das Olympia-Limit, kehre ich womöglich wieder ins Projekt Rio zurück, was mir weitere Starts ermöglichen würde.

LAOLA1: Stehst du in Kontakt mit dem Projekt Rio?

Jukic: Es gab vereinzelte E-Mails mit Herrn Schröcksnadel, in denen er sich erkundigt hat, wie es mir geht, und wie es bei mir ausschaut. Die positiven Signale der Projekt-Verantwortlichen bei der letzten Pressekonferenz kamen für mich jedoch überraschend. Es freut mich, dass man trotz Kurzbahn und der Tatsache, dass Kraul nicht wirklich meine Lage ist, gemerkt hat, dass ich vorrangig an der Geschwindigkeit arbeite.

LAOLA1: Wer trainiert dich im Moment?

Jukic: Noch immer mein Vater. Er pendelt zwischen Wien und Kroatien hin und her und schreibt weiterhin meine Trainingspläne. Wir arbeiten das gemeinsam aus. Das funktioniert gut, auch weil ich schon einige Jahre hinter mir habe und deshalb Erfahrung mitbringe.

Jukic darf weiterhin auf die Unterstützung von Gerhard Ströck (r.) zählen

LAOLA1: Wie finanzierst du dein Leben und den Sport?

Jukic: Aktuell sorgt in erster Linie meine Familie für mich. Es freut mich irrsinnig, dass ich weiterhin die Firma Ströck an meiner Seite habe, die mit mir den Weg bis Olympia 2016 geht. Das bedeutet mir  viel.

LAOLA1: Konntest du durch die Verlegung deines Trainings ein Stück weit eine Fokussierung auf den Sport zurückgewinnen?

Jukic: Durchaus. Es wird dort sehr professionell gearbeitet, wodurch man den Eindruck bekommt, sich in einer gesunden Sportwelt zu befinden. Es ist schwer zu beschreiben und es ist gar kein den Schwimmsport betreffendes Spezifikum, aber ich glaube, dass man dieses Gefühl, in Österreich wahrscheinlich nur als Skifahrer hat. Auf alle Fälle motiviert es zusätzlich.

LAOLA1: Wir haben das vorolympische Jahr. Wie unterscheidet sich der Dinko von heute von jenem von 2011?

Jukic: In vielerlei Hinsicht. 2011 war ich WM-Siebter in Shanghai, habe danach optimistisch in Richtung Olympia geblickt. „Trainier nur brav so weiter und das wird klappen“, habe ich mir gesagt. Dann bin ich in London Vierter geworden. In der drauffolgenden Auszeit habe ich mir viele Gedanken gemacht. Ich habe gemerkt, dass ich etwas finden muss, wodurch ich mich vom Rest der Welt unterscheide. Ich habe verschiedene Übungen ausprobiert, mir unterschiedliche Zugänge angehört und Bücher gelesen, um mir selbst eine Meinung über die Trainingsmethodik zu bilden.

LAOLA1: Du bist in London Vierter geworden, warst also knapp dran. Ist es da notwendig, alles in Frage zu stellen?

Jukic: Das ist wie bei einem Kämpfer mit einer schlechten Technik. Wenn er brav weitertrainiert, wird er sich möglicherweise noch marginal verbessern, aber bis ganz rauf reicht das nicht.

LAOLA1: Was heißt das konkret in deinem Fall?

Jukic: Mit meiner Art zu schwimmen hätte es womöglich wieder für ein Finale in Rio gereicht. Aber für das Ziel, das ich eigentlich verfolge, hätte es mich nicht weitergebracht.

LAOLA1: Was war in London deine Schwäche?

Jukic: Mein Problem ist, wenn ich ins Wasser springe und auf den ersten 15 Metern mit den Beinen eine starke Unterwasser-Phase mache, verbraucht der Oberschenkelmuskel so viel Sauerstoff, dass der Körper quasi in Schockzustand versetzt wird und sich davon nicht erholt. Genau das fehlt mir auf den letzten 50 Metern. Da man im Schwimmen unter Sauerstoffschuld nur rund 1:40 Minuten Leistung erbringen kann, geht mir in einem 200m Delfin-Rennen auf der letzten Halblänge der Saft aus. Das überbrücke ich, indem ich vorne etwas Gas wegnehme. Und genauso bin ich das Olympia-Finale in London geschwommen. Ich bin mit dem Wissen auf dem Startblock gestanden, dass mich die Leute um mich herum auf den ersten 150m nicht interessieren dürfen, weil ich keinesfalls overpacen durfte. Mit dieser Strategie wendest du dann halt vor der letzten Länge als Siebter und wirst zum Schluss nur Vierter.

LAOLA1: Die Folge daraus war, dass du den Grundspeed ändern musst…

Jukic: …weil es physiologisch unmöglich ist, den Körper soweit zu verändern, dass er zwei Minuten unter Sauerstoffschuld arbeitet. Dass mir dann im Vorjahr eine Zeit zum Verbleib im Projekt Rio vorgesetzt wurde, die schneller war, als das Olympia-Limit für Rio, wissen nur die wenigsten Leute.

LAOLA1: Richtig, aber im Projekt Rio geht es auch nicht um die Qualifikation, sondern um Medaillen-Kandidaten.

Jukic: Ja, aber würde ich zwei Jahre vor Rio nur zwei Sekunden über meiner London-Zeit liegen, würde ich bei Olympia Weltrekord schwimmen. Ich würde mich darüber zwar freuen, nur ist es unrealistisch. Sicher wäre die verlangte Zeit für das Projekt möglich gewesen, jedoch nur, wenn ich nach Olympia ganz genauso weitergemacht hätte wie davor. Mit dieser Umstellung, die ich nach London nun vorgenommen habe, denke ich aber, den Schritt geschafft zu haben, um in Rio nicht nur Vierter zu werden, sondern eine Olympia-Medaille zu holen.

 

Das Interview führte Reinhold Pühringer