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Bedürfnis-Erhebung: Schwimmen und Triathlon in Wien

Bedürfnis-Erhebung: Schwimmen und Triathlon in Wien

Von einer Olympia-Bewerbung halten rund 72 Prozent der Wiener bekanntermaßen nichts. Nichtsdestoweniger ist das Infrastruktur-Problem der Sommersport-Verbände in Wien ein offenkundiges.

Bürgermeister Michael Häupl kündigte an, eine Bedürfnis-Erhebung unter den Fachverbänden durchführen zu lassen, um sich ein Bild von der Lage in Wien zu machen.

LAOLA1 greift dem vor und zeigt auf, wo in den Sportverbänden der Hebel angesetzt werden könnte - zum Abschluss:

Wien ist anders. Ganz egal, aus welcher Himmelsrichtung man die Bundeshauptstadt anfährt, an der Stadtgrenze wird man mit entsprechenden Schildern begrüßt.

Ja, Wien ist anders. Das haben schon die ersten vier Teile der LAOLA1-Bedürfniserhebung gezeigt.

Wien beziehungsweise seine Politiker bezeichnen die Stadt gerne als Sportstadt. Das macht sich gut, klingt vital und dynamisch.

Da macht es auch nichts, dass die Wahrheit anders, nämlich richtig traurig aussieht, wie gerade auch das Beispiel Schwimmen zeigt.

19 Vereine gibt es in Wien mit 1.450 Aktiven, die in den Sparten Schwimmen, Wasserspringen, Synchronschwimmen und Wasserball eingeschrieben sind.

Erfolge ohne Wirkung

Vor allem die schwimmenden Aushängeschilder waren und sind prominent und auf höchster internationaler Ebene erfolgreich.

Allen voran der (vorübergehend?) zurückgetretene Markus Rogan, der zwei Mal Olympia-Silber und neun WM-Medaillen im Trophäenschrank hängen hat.

Oder die Geschwister Mirna und Dinko Jukic, Fabienne Nadarajah und Maxim Podoprigora.

Letzterer hat den Aufschwung einer der beliebtesten Sportarten von Herrn und Frau Österreicher vor mittlerweile fast zwölf Jahren eingeleitet.

Denn Podoprigora gewann im japanischen Fukuoka als erster Österreicher eine WM-Medaille. Es war der Startschuss für eine wahre Medaillenflut bei fast allen Großereignissen.

Absoluter Tiefpunkt

Parallel dazu haben sich die Trainingsbedingungen in Wien sukzessive verschlechtert – und heute einen absoluten Tiefpunkt erreicht.

Denn das Stadthallenbad ist seit 1. Mai 2010 und also bald drei Jahren geschlossen. Zum besseren Verständnis: das Stadthallenbad hat als einziges Bad in Wien ein überdachtes 50-m-Becken.

Aber nicht nur die Schwimmer sind von der Sperre betroffen. Die Wasserspringer müssen aufgrund der Sperre zum Training teilweise sogar ins benachbarte Ausland ausweichen.

Richtig, das Stadthallenbad ist auch das einzige Bad mit einem 10-Meter-Turm.

"Brauchen überdachtes Schwimmbad"

„Für die Schwimmer haben wir mit der Traglufthalle im Stadionbad immerhin eine temporäre Lösung, aber bei der Infrastruktur fehlt es derzeit an allen Ecken und Enden“, sieht OSV-Generalsekretär Thomas Gangel im Gespräch mit LAOLA1 dringenden Handlungsbedarf und weiß auch, wo der Hebel angesetzt gehört.

„Wir brauchen endlich ein überdachtes Schwimmbad, das allen modernen Anforderungen entspricht.“

Eine Machbarkeitsstudie, so Gangel, sei für eine fixe Trainingsstätte in Ausarbeitung.

Bei einer bereits durchgeführten Machbarkeitsstudie setzte sich das Wiener Stadionbad als optimaler Standort für ein Trainingszentrum gegen die Seestadt Aspern und den Kurpark Oberlaa durch.

Nicht für Titelkämpfe geeignet

Dass Wien anders ist, erkennt man auch an der geplanten Ausführung.

Anstatt dem Schwimmsport mit einem Wettkampf- und Trainingszentrum den entsprechenden Stellenwert zu geben, präferiert man im Rathaus die „kleine Lösung“, also nur Trainingszentrum.

Kurios: das geplante Becken mit 15 Mal 50 Meter soll nur über sechs Bahnen verfügen. Dort könnte man nicht einmal Staatsmeisterschaften ausrichten.

Für Gangel ist es aber auch unbedingt notwendig, dass das Stadthallenbad wieder seine Pforten öffnet.

„Für den Schwimmsport wäre es ungemein wichtig, dass man auch in dieser Anlage wieder einen Trainingsbetrieb ermöglicht.“

Großereignisse nicht in Sicht

Ein Schwimm-Großereignis – wie die Langbahn-EM 1995 mit temporären Tribünen im Stadionbad oder die Kurzbahn-EM 2004 in der Stadthalle - wird es in Wien trotz bester Kontakte des OSV zum Weltverband FINA und zum europäischen Verband LEN auf lange Sicht nicht geben.

„Ganz einfach, weil wir keine Schwimmhalle haben, die den Ansprüchen der Verbände in Bezug auf die Zuschauerkapazität entspricht.“ Möglich wäre es aber, betont Gangel, „zum Beispiel in der großen Stadthalle mit temporären Schwimmbecken“.

Allerdings müsse die Finanzierung durch Bund und Stadt sichergestellt sein. Das gilt übrigens auch für die Finanzierung des Trainingszentrums. „Ohne Beteiligung des Bundes wird die Umsetzung in nächster Zeit nicht möglich sein“, stellte Sport-Stadtrat Christian Oxonitsch von der SPÖ zu Jahresbeginn klar.

Keine Bahnen für Triathlon-Vereine

Noch kleinere Brötchen als der Schwimm- muss der Triathlon-Verband in Sachen Schwimm-Training backen.

„Es gibt keinen einzigen Wiener Verein, der offiziell Bahnen in einem der vielen Wiener Bäder hat“, skizziert ÖTRV-Sportdirektor Robert Michlmayr die schwierige Situation.

Dabei gäbe es mit Lydia Waldmüller, die sich nur ganz knapp nicht für die Olympischen Spiele in London qualifizieren konnte, oder den Nachwuchs-Hoffnungen Julia Hauser und Lukas Gstaltner, schnelle Leute für Gegenwart und Zukunft, die sich entsprechende Unterstützung verdient hätten und auch brauchen würden.

Viele Anrufe, kein Erfolg

Der ehemalige Trainer von Markus Rogan hat den Aufstieg des Schwimmsports hautnah miterlebt und weiß bestens um Bedingungen und Möglichkeiten Bescheid.

„Man könnte auch den Wiener Triathlon-Vereinen mit relativ wenig Mitteln Bahnen zugestehen“, so Michlmayr.

Die Betonung liegt auf könnte. Denn Generalsekretär Herwig Grabner versucht seit Monaten einen Termin mit der Wiener Bäderverwaltung zu bekommen.

Die Telefonate laufen immer gleich ab: Dem Bittsteller wird ein Rückruf der zuständigen Beamtin versprochen. Doch der ist, richtig, bis heute nicht erfolgt. Wien ist eben anders.

 

Stephan Schwabl