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Trimmel und der olympische Kuchen

Trimmel und der olympische Kuchen

Ein Kuchen in Form der Olympia-Stadt Rio.

Der Kickoff der Informations-Offensive „Wir haben ein Ziel“ samt zugehöriger Handy-App, mit welcher Sportministerium und ÖOC die Projekt-Rio-Athleten mehr in den öffentlichen Blickpunkt rücken möchten, wurde am Dienstag mit einem ausgefallenen Gebäck gefeiert.

Symbolischen Charakter hat die Süßspeise jedoch nur teilweise.

Denn abgesehen von der Form geht es im elitärsten heimischen Sportförderprogramm vor allem darum, dass nicht ein jeder vom Fünf-Millionen-Euro-Kuchen naschen darf. Nur jene, die tatsächlich Chancen auf eine Rio-Medaille haben. So zumindest die Prämisse.

Bei der Verteilung des Kuchens – also des metaphorischen – wird künftig Clemens Trimmel ein Wörtchen mitreden, wenn auch nur ein beratendes. Der 36-Jährige wird nach drei Jahren Sportdirektor-Dasein im heimischen Tennis-Verband fortan in der Beratungskommission von Projekt-Chef-Koordinator Peter Schröcksnadel sitzen. Dort tritt er in die Fußstapfen von Harald Horschinegg.

Es wird Zeit benötigen

„Es gibt nichts Spannenderes, als auf Olympische Spiele hinzuarbeiten“, spricht Trimmel über seine Motivation. Die bislang von Horschinegg ausgefüllte Rolle war eine Schaltstelle zwischen Athleten, Fachverbänden, Sportwissenschaft sowie administrativer Förderabwicklung. Letztlich ging es darum, sportartenübergreifend Informationen zu sammeln, um der Letztinstanz – also Peter Schröcksnadel – objektive Entscheidungs-Ratschläge geben zu können.

Eine Aufgabe, die ein sehr fundiertes Wissen über die heimische Sportlandschaft erfordert, um sich kein X für ein U vormachen zu lassen. Es liegt auf der Hand, dass Trimmel einige Monate benötigen wird, bis er die im österreichischen Förderwesen nicht unwesentliche Rolle adäquat ausfüllen kann. „Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass ich jede Sportart im kleinen Finger habe“, gibt er im Gespräch mit LAOLA1 zu. „Aber das sehe ich als meine Herausforderung, dass Athleten und Verbände in einiger Zeit dann das Gefühl bekommen, hier nicht mit irgendjemandem zu sprechen, sondern mit jemandem, der sich auskennt.“

Für ihn bedeutet dies, Kontakte zu knüpfen und auch viel zu reisen. In den nächsten Monaten wolle er deshalb mit möglichst vielen Sportlern und Funktionären sprechen, viele Trainingslager und Wettkämpfe besuchen, um sich das dafür nötige Bild zu machen. Die Zeit drängt, schließlich geht es in Sachen Olympia-Quali bei vielen Sportarten nun in die heiße Phase.

„Kein Institut-Pickerl auf der Stirn“

Trimmel kann aufgrund seiner ÖTV-Tätigkeit auf Erfahrungen im administrativen Förder-Geschäft zurückblicken. Beim sportwissenschaftlichen Knowhow wird er seinem aus diesem Fachgebiet stammenden Vorgänger wohl hinterherhinken.

Trimmels Kenntnisse beziehen sich laut eigenen Angaben zum größten Teil auf die eigene aktive Karriere sowie auf seine Ausbildung zum Tennislehrer. „Sportwissenschaft ist sicherlich ein Teil meiner Aufgabe, ich sehe sie jedoch nicht als Hauptteil, weil ich davon ausgehe, dass viele Sportler in dieser Hinsicht gut mit Trainern und Institutionen zusammenarbeiten.“

Zudem werde die ehemalige Nummer 147 der Tennis-Weltrangliste möglicherweise ohnehin im IMSB (Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung) unterkommen, womit der Weg zu sachkundigen Personen nicht weit wäre. Wo genau er seinen Anstellungsvertrag letztlich bekommen wird, sei laut eigenen Angaben noch nicht fixiert.

Die Kritik an seinem Vorgänger bezüglich einer IMSB-Lastigkeit kennt Trimmel. „Ich versuche, mich so neutral wie möglich als Projektleiter zu sehen. Ich habe keine politische Farbe und kein Institut-Picklerl auf meiner Stirn“, schiebt er hinterher.

(Noch) kein Tennis im Projekt Rio

Die Neutralität führt Trimmel auch ins Feld, wenn es um Österreichs Tennis-Asse geht, von denen aktuell niemand im Projekt Rio berücksichtigt ist. Dabei sehe er mit Blick auf das Herren-Doppel sehr wohl eine reelle Medaillen-Chance 2016. „Beinahe egal, wer da genau für Österreich antritt.“

Über eine Aufnahme von Tennis-Spielern würde er sich zweifelsohne freuen. Ob Tennis-Profis aufgrund ihrer Verdienst-Möglichkeiten überhaupt vom Projekt Rio gefördert werden sollen? „Das kann man im Einzel sagen, aber im Doppel sieht es schon etwas anders aus. Aber hier geht es vielleicht gar nicht so sehr um eine finanzielle Unterstützung, sondern dass sie Teil dieses Projektes sind, dass sie Teil dieser österreichischen olympischen Familie“, verweist er auf Golfer Bernd Wiesberger, der im Hope-Kader sportwissenschaftliche Unterstützung und somit auch einen Teil des Kuchens bekommt.

 

Reinhold Pühringer