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IOC beschließt Reformen, Wallner tritt ab

IOC beschließt Reformen, Wallner tritt ab

Olympia soll billiger und attraktiver werden.

Mit breiter Zustimmung hat das Internationale Olympische Komitee am Montag bei der 127. IOC-Vollversammlung im Grimaldi Forum von Monte Carlo die Vorschläge zur eigenen Neuausrichtung angenommen.

Für die 40 Vorschläge gab es von 96 IOC-Mitgliedern keine Gegenstimme. Das für zwei Tage angesetzt gewesene Votum wurde in nur neun Stunden abgehandelt.

Im Rahmen der Vollversammlung erklärte Leo Wallner aus Altersgründen seinen Rücktritt. Der 79-Jährige war seit 1998 IOC-Mitglied. Nächste Möglichkeit zu einer Neuaufnahme von Mitgliedern bietet dee 128. Vollversammlung in Kuala Lumpur im Sommer 2015.

Bach zufrieden

Nach der historischen Reform-Session lächelte IOC-Präsident Thomas Bach zufrieden und scherzte mit der Weltpresse. Ein Olympia-Kanal wird kommen, länderübergreifende Spiele sind möglich, das Programm wird modernisiert und die Kosten sollen deutlich gesenkt werden.

Das IOC hofft, damit den ersten Schritt aus seiner Glaubwürdigkeitskrise gemacht zu haben.

"Ich bin sehr zufrieden und glücklich. Selbst in meinen kühnsten Träumen hätte ich das nicht erwartet. Das war eine positive Überraschung und ein wichtiger Tag für das IOC", sagte Bach zu den einschneidendsten Veränderungen seit dem Reformkongress 1999 nach dem Korruptionsskandal um die Vergabe der Winterspiele an Salt Lake City.

Sofortige Umsetzung

Nur 15 Monate nach seiner Amtsübernahme legte der Deutsche das Fundament für eine Generalüberholung des IOC.

Die Umsetzung der Agenda 2020 soll sofort beginnen, um das in der Öffentlichkeit verlorene Vertrauen zurückzugewinnen.

"Es war der Schritt, den wir alle erhofft hatten. Ob das tiefgreifende Reformen sind, muss man sehen. Jetzt ist die Exekutive gefordert", sagte FIFA-Präsident Joseph Blatter.

Neuer TV-Sender

Insbesondere aus europäischer Sicht sind Reformen notwendig. Die Kandidaturen für die Winterspiele 2022 von Graubünden, Oslo und München waren an der Urne gescheitert.

Nun sollen Kostensenkungen oder eine Modernisierung des Programms das verlorene Vertrauen zurückgewinnen und zugleich den Weg für europäische Kandidaturen für Winterspiele wieder ebnen.

Vor allem die Kreation eines eigenen TV-Senders, der 490 Millionen Euro kosten und zunächst als digitale Plattform den olympischen Sportarten zwischen den Spielen zu deutlich mehr Aufmerksamkeit verhelfen soll, sorgte für Aufsehen.

"Dies ist ein historischer Schritt für das IOC und die olympische Bewegung", kommentierte Bach. Ohne Gegenstimme wurde auch entschieden, den Vertrag mit dem jeweiligen Gastgeber der Spiele künftig zu veröffentlichen.

Temporäre Bauten

Das IOC beschloss zudem, aus Gründen der Nachhaltigkeit die Austragung ganzer Sportarten oder einzelner Disziplinen außerhalb der Gastgeber-Stadt oder in Ausnahmefällen außerhalb des Landes zu erlauben.

Bedingung ist aber, dass es weiter einen Haupt-Gastgeber und ein zentrales olympisches Dorf gibt.

"Die Einheit von Zeit, Ort und Handlung darf sich, wie in einem griechischen Drama, nicht ändern", betonte IOC-Präsident Bach dazu.

Künftig soll verstärkt auf temporäre Bauten gesetzt werden, es sei denn, der Gastgeber kann ein schlüssiges Nachhaltigkeitskonzept für die Sportstätten vorlegen. Der Schweizer Denis Oswald befürchtet allerdings dadurch eine Verwässerung der Einzigartigkeit der Spiele.

Neue Punkte

"Heute ist der Tag der Entscheidungen. Wollen wir uns verändern oder wollen wir verändert werden?", hatte Bach bei der Eröffnung der Vollversammlung gefragt, und nahm damit seine Kollegen in die Pflicht.

In einer sich ständig verändernden Welt müsse sich auch das IOC wandeln, um nicht zum Spielball der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung zu werden.

Neben einer Reduzierung der Ausgaben für die Olympia-Städte war auch die überfällige Modernisierung des olympischen Programms einer der zentralen Punkte in Bachs Plänen.

In Zukunft dürfen die jeweiligen Ausrichter neue Disziplinen oder sogar neue Sportarten vorschlagen, die sie bei ihren Heimspielen gerne präsentieren würden - die Wünsche müssen vom IOC allerdings abgesegnet werden.

Evolution statt Revolution

Das bisherige Limit von 28 Sportarten bei Sommerspielen und sieben bei Winterspielen wurde aufgehoben, die Obergrenze von 10.500 Athleten im Sommer und 2.900 bei den Winterspielen aber beibehalten.

Bach verspricht sich dadurch mehr Flexibilität für das olympische Hochglanzprodukt und mehr interessierte Bewerber für die Winterspiele.

Nicht erst seit den 50 Milliarden Dollar teuren Sotschi-Spielen mit all ihren Sünden wandten sich traditionelle Wintersportländer vom IOC ab. Das soll sich nun ändern.

"Das ist eine beschleunigte Evolution, keine Revolution", erklärte IOC-Spitzenfunktionär Richard Pound, warnte aber vor übersteigerten Erwartungen bei der zeitnahen Implementierung aller Initiativen: "Das ist erst der Anfang. Wir können nicht alle 40 Punkte in den nächsten sechs Monaten umsetzen, sondern müssen priorisieren."