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Filzmoser wird Chance auf EM-Bronze genommen

Filzmoser wird Chance auf EM-Bronze genommen

„Ich war nicht bewusstlos!“

Sabrina Filzmoser war sich sicher. Die 35-Jährige hat bei den Europaspielen soeben im Trostrundenkampf der im Rahmen der Europaspiele in Baku ausgetragenen Judo-Europameisterschaft gegen Sanne Verhagen verloren.

Mit einem Sieg wäre die Welserin in das Bronze-Match der Klasse bis 57 kg eingezogen. So blieb jedoch nur Rang sieben für die zweifache Europameisterin. Ludwig Paischer (bis 60) und Tina Zeltner (bis 57) schieden nach Auftaktsiegen im Achtelfinale aus.

„Mir wurde die Möglichkeit genommen weiterzukämpfen“, war Filzmoser aufgebracht.

Was war geschehen?

Das Duell mit der robusten Verhagen stand unentschieden. Als sich die Niederländerin in den letzten Sekunden der Partie noch einmal in einen tief eingedrehten Wurf reinschmiss, schlug Filzmoser derartig hart mit dem Kopf auf der Matte auf, dass der Aufprall in der gesamten Haydar-Aliyev-Arena deutlich hörbar war.

Verhagen vermochte die Österreicherin, die offenbar noch dagegenhielt, aber nicht auf die Seite oder den Rücken zu drehen, womit die Aktion ohne Wertung und der Kampf unentschieden blieb.

Filzmoser wand sich nach dem Trenn-Kommando jedoch kurz am Boden. Der Kampfrichter bat folgerichtig den österreichischen Arzt Alfred Engel auf die Matte, der Filzmoser begutachtete. „Ich habe gespürt, dass ich hart auf den Kopf gefallen bin und wollte mir vor der anstehenden Verlängerung einen kurzen Moment nehmen, weshalb ich dem Arzt auch gesagt habe, dass ich nichts habe, nur etwas Zeit brauche“, schilderte Filzmoser später.

Die Welserin hatte dabei aber die Rechnung ohne den Schiedsrichter gemacht. Wie Filzmoser berichtete, hätte dieser nämlich ein Rollen in ihren Augen ausgemacht. Und da ein Kämpfer im Falle von Bewusstlosigkeit automatisch verloren hat, erklärte er während der Behandlung durch den Arzt die Niederländerin kurzerhand zur Siegerin.

Antworten schuldig geblieben

Entsprechend groß war die Verwunderung Filzmosers, die auf der verlassenen Wettkampffläche ungläubig in Richtung Kampfrichter-Kommission blickte. „Auf diese Art und Weise habe ich noch nie einen Kampf verloren“, meinte sie. „Ist der Schiedsrichter etwa ein Arzt, sodass er eine Diagnose stellen kann?“

Ebenfalls nicht fassen konnte das Geschehene ihr Trainer, Marko Spittka. Der Damen-Nationalcoach intervenierte ebenso bei der Kommission. „Sie erklärten mir, dass ein Kämpfer verloren hat, wenn sein Arzt die Matte betritt“, gab der Deutsche etwas wieder, was er ohnehin schon gewusst hatte.

„Nach unserem Regelverständnis gilt das jedoch nicht, wenn der Arzt explizit vom Kampfrichter gerufen wird, was hier ja der Fall war.“ Diese Frage habe ihm auch von den Schiedsrichter-Kommissionaren niemand beantworten können.

Bloß nicht zu laut auftreten

Heftigeres Protestieren wollte das österreichische Team aber partout unterlassen, da dies erstens wenig Aussicht auf Erfolg gehabt hätte und zweitens nur nachteilig für die zwei noch ausstehenden EM-Tage in Baku gewesen wäre.

„Nein, wir sprechen hier keinesfalls von einer Schuldzuweisung. Der Schiedsrichter hat im Rahmen seiner Möglichkeiten gehandelt“, will Spittka nicht groß diskutieren.

Ein logisches Verhalten, das als Sinnbild für das im Judo vorherrschende Ungleichgewicht zwischen der Sportler/Trainer- und der Kampfrichter-Seite genommen werden kann. Letztere fühlen sich seit der Einführung einer übergeordneten Video-Kontrolle praktisch über jeglichen Fehler erhaben. Sinnvolle Einspruchsmöglichkeiten gegen dennoch passierende Fehl-Entscheidungen existieren für Athleten oder Trainer derzeit nicht.

Vom Verzicht auf einen härteren Protest sollen nach Möglichkeit freilich die sechs weiteren ÖJV-Judoka profitieren, von denen am Freitag Kathrin Unterwurzacher, Hilde Drexler (beide bis 63 kg), Bernadette Graf (bis 70), die am Donnerstag ihren 23. Geburtstag feierte, und Marcel Ott (bis 81) auf die Matte steigen.

Aus Baku berichtet Reinhold Pühringer