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Vojta und die Olympischen Scheuklappen

Vojta und die Olympischen Scheuklappen

Für Städte-Touristen sind Istanbul und Helsinki zwei begehrte Destinationen. Nichtsdestotrotz gab Andreas Vojta beiden einen Korb. Die momentan eher eisigen Temperaturen in Helsinki sind daran nicht schuld.

Zwar hatte der 22-Jährige nach seinem in 3:38,99 Minuten erlaufenen 1.500-Meter-Sieg beim Vienna Indoor Classic für beide Metropolen, in denen heuer die Hallen-Weltmeisterschaft bzw. Europameisterschaft stattfinden, zumindest im übertragenen Sinn die Tickets bereits in der Tasche, dennoch lässt er diese ungenützt.

Mit der Schönheit der Städte hat das freilich wenig zu tun, denn „hin möchte ich ja schon“, gibt Vojta zu. „Nur aus sportlicher Sicht halt nicht.“

Denn für den 22-Jährigen gibt es heuer wie für viele andere Leichtathleten nur ein einziges Ziel – die Olympischen Sommerspiele in London. „Deswegen will ich mich mit dem Formaufbau nicht spielen und werde schweren Herzens auf WM und EM verzichten.“ Schweren Herzens deshalb, da er weiß, dass bei den kontinentalen Meisterschaften sogar ein guter Finalplatz realistisch ist. Stattdessen setzt er alles daran, um seinen Traum von einem Olympischen Semifinale zu verwirklichen.

Angriff auf ÖLV-Rekord

Vojta avancierte in den vergangenen Jahren zum Senkrechtstarter in der heimischen Leichtathletik. Vom Mitläufer im Nachwuchs zur Rakete bei den Erwachsenen. Möglich wurde dies nur durch die enormen Zeitensprünge, die der Gerasdorfer von Saison zu Saison schaffte. So auch diesmal.

Mit seinem Siegeslauf im Dusika-Stadion hat er seine aus dem Vorjahr stammende Hallen-Bestzeit auf einen Schlag um 2,86 Sekunden verbessert. „Und das alles aus dem Grundlagentraining heraus“, ist auch Vojta, der nach etwa 800 Meter sogar versuchte, den von der Rennleitung eingesetzten Tempomacher zu überholen, ein klein wenig verwundert.

Aufgrund der längeren Kurvenradien und ausgedehnteren Vorbereitung erwartet sich der Wirtschaftsstudent für die Freiluft-Saison einen weiteren Zeitsprung. „In den vergangenen Jahren hat der Unterschied zwischen Indoor- und darauffolgender Outdoor-Saison zwischen drei und vier Sekunden betragen.“

Eine genaue Zeit lässt sich Vojta, der bei einer persönlichen Bestzeit von 3:37,82 hält, nur schwer entlocken. „Ich spreche lieber von einer Richtlinie. Diese ist für mich der österreichische Rekord von 3:34,69.“

Vor Weltmeister Farah

Mit seinem Sieg hat sich Vojta so ganz nebenbei auch an die erste Position der europäischen Jahres-Bestenliste gesetzt. Wie viel diese so früh in der Saison wert ist, weiß er aber selbst noch nicht so genau.

„Es ist erst der Jänner vorbei, da muss man das relativieren. Dennoch wäre es überheblich zu sagen: Es ist mir wurscht. Und wenn ich da lese, dass Leute wie etwa ein Mo Farah hinter mir sind, ist das schon sehr imposant.“

Die kontinentale Pole-Position könnte sich für den passionierten PC-Spieler gleich bezahlt machen. „Durch meine 3:38 werde ich nun wohl beim Aviva Grand Prix in Birmingham teilnehmen dürfen“, freut sich Vojta.

Eingefädelt hat den Start sein Trainer Willi Lilge, der ihn quasi managt. Für Vojta eine absolut vorteilhafte Konstellation. „Wenn du irgendeinen Manager aus dem Ausland hast, dann schaut der zumeist nur auf das Geld, aber bei Willi weiß ich, dass für ihn meine sportliche Entwicklung an oberster Stelle steht.“

Reinhold Pühringer