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Der englische Patient: Dadic lässt Freiluft-Saison aus

Der englische Patient: Dadic lässt Freiluft-Saison aus

Energie, Ehrgeiz, Tatendrang. Davon haben junge Sportler genug.

Was ihnen jedoch gerne fehlt, ist Geduld.

Ivona Dadic lernt diese Lektion gerade – leider auf die harte Tour. Die Mehrkämpferin muss vorzeitig die diesjährige Freiluft-Saison abhaken. Schuld daran ist eine Verletzung, eine Brise Überehrgeiz und – richtig – Ungeduld.

Den Fehler nicht zweimal machen

Im November 2012 übersiedelte die Welserin ins britische Sheffield, um dort gemeinsam mit Olympiasiegerin Jessica Ennis zu trainieren. Für die Senkrechtstarterin, die sich damals mit gerade einmal 18 Jahren für die Spiele in London qualifizierte, erfüllte sich ein Traum.

Doch dieser Traum begann alsbald zu lahmen. Genauer gesagt war es das rechte Knie der ÖLV-Rekordhalterin. Der Meniskus kam mit den für ihn neuen Trainings-Methoden bzw. höheren -Umfängen nicht zurecht.

„Vielleicht habe ich im Kraft-Training etwas zu viel gemacht. Als es dann zu zwicken begonnen hat, habe ich das zunächst ignoriert“, gesteht Dadic im Gespräch mit LAOLA1. Als dies nicht aufhörte, stellte ein Arzt einen minimalen Einriss fest.

Nähen oder etwas wegschneiden? „Da ich noch jung bin, entschieden wir, ihn zu nähen.“ Das Risiko bei dieser Methode: Die Naht kann aufgehen, was bei Dadic tatsächlich eintrat. „Rückblickend habe ich vor lauter Ehrgeiz wahrscheinlich zu früh mit dem Training begonnen.“

Das kleine Stückchen, das wegstand, wurde schließlich im Winter mittels einer neuerlichen Arthroskopie entfernt. Den gleichen Fehler will sie nun nicht noch einmal machen. „Jetzt möchte ich mir die notwendige Zeit geben. Vielleicht weil ich schon ein wenig älter bin“, ergänzt die 20-Jährige.

Der langfristige Blick

Der langfristige Blick

Nichtsdestoweniger ist ihr die Entscheidung, auf die Freiluft-Saison zu verzichten, nicht leicht gefallen. Dadic wäre am liebsten gestartet, doch Trainer und Ennis-Former Toni Minichiello redete ihr letztlich ins Gewissen.

„Das ist auch besser so. Ich bin nur zu 90 Prozent fit, Sprints kann ich noch keine machen. Und schließlich will ich nicht 4.000 oder 5.000, sondern über 6.000 Punkte erreichen. Hinzu kommt, dass nicht dieses Jahr, sondern die nächsten fünf, sechs wichtig sind“, schätzt sie ihren Leistungszenit rund um die Spiele in Tokio 2020. „Dann bin ich mit 26 im besten Siebenkampf-Alter.“

Dementsprechend langfristig sieht sie auch ihr Engagement in England, dass sich durch Bundesheer, Sponsor Kornspitz, Sporthilfe und die Unterstützung aus dem Projekt Rio, bei dem sie im „Hoffnungskader“ aufscheint, finanziert.

Geheimnis-Krämerei

Auch wenn ihr die Hausmannskost ihrer Mama fehlt, ist ihr die Umstellung auf die Gegebenheiten in ihrer Wahlheimat gut geglückt. „Die Briten sind zwar ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber ich komme hier gut zurecht.“

Vor einem Jahr ist sie von einer Gastfamilie in eine kleine Wohnung nach Sheffield gezogen. In ihrer Trainingsgruppe ist ihr mit Ennis-Hill ihre berühmteste Kollegin abhanden gekommen. Die 28-Jährige, die 2013 mit dem Laureus als „Weltsportlerin des Jahres“ ausgezeichnet wurde, erwartet im Sommer ihr erstes Kind.

„Sie schaut gelegentlich im Training vorbei und fährt Ergometer“, freut sich Dadic mit dem Aushängeschild mit. Wird es ein Junge oder ein Mädchen? „Wir wissen es, aber wir mussten ihr versprechen, dass wir nichts verraten“, hält die Oberösterreicherin artig dicht.

Ein Punkt, in dem sich die Öffentlichkeit in Geduld üben muss.

 

Reinhold Pühringer