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Die Bär-Werdung eines Fast-Aussteigers

Die Bär-Werdung eines Fast-Aussteigers

„Bärli“, so ruft ihn sein Nationalteam-Kollege Gabor Geier.

Doch das Teddybärenhafte hat Daniel Allerstorfer in den vergangenen Jahren abgelegt.

Spätestens seit seinem Titel bei den Junioren-Europameisterschaften vergangenes Jahr im belgischen Lommel ist der Schwergewichtler endgültig zum Bär mutiert.

Und wie das zum Erwachsenwerden eben  gehört, muss sich der 19-Jährige künftig auch mit den Großen herumschlagen. Da kommt Oberwart am kommenden Wochenende gerade recht, dort soll Allerstorfer am Sonntag nämlich sein Weltcup-Debüt feiern.

Unverhofft kommt oft

Dass ein Junioren-Europameister, der selbiger Altersklasse nun entwachsen ist, auch auf die Erwachsenen losgelassen wird, ist im Judo eigentlich normal. Dennoch wollte ÖJV-Teamchef Udo Quellmalz das 115-kg-Bröckerl in Oberwart ursprünglich nicht auf die Matte schicken.

Der Olympiasieger von 1996 wollte seinem Nachwuchs-Juwel noch mehr Zeit geben, da die Entwicklung insbesondere in der physisch betonten Kategorie über 100 kg einfach länger dauere.

„Es hieß, ich soll dieses Jahr nur Europacup-Turniere kämpfen“, berichtet Allerstorfer. Da in Oberwart heuer allerdings die Herren an der Reihe sind (Damen und Herren wechseln sich jährlich mit Budapest ab) lenkte Quellmalz nun doch ein.

Ganz zur Freude natürlich von Allerstorfer, der das Kribbeln schon ein wenig spürt. „Die Vorfreude ist groß“, verrät der Heeressportler im Gespräch mit LAOLA1.

Schwergewichte in zweierlei Hinsicht

Ein Zuckerschlecken wird Oberwart aber nicht. Der Termin zwischen dem Grand Slam in Paris und dem Grand Prix in Düsseldorf in Kombination mit dem nahenden Ende der Olympia-Qualifikation (läuft bis zur EM Ende April) sorgen für ein hoch qualitatives Starterfeld.

Unter den 416 Kämpfern aus über 58 Nationen (mehr als beim Grand slam in Paris!) befinden sich etliche Kracher, wie etwa der erste mongolische Olympiasieger überhaupt, Tuvshinbayar Naidan (bis 100 kg), oder mit dem Japaner Daiki Kamikawa (über 100 kg) jener Mann, der mit seinem Finalsieg bei der WM 2010 in Tokio als bislang Letzter Superstar Teddy Riner (FRA) schlagen konnte.

Angesichts solcher Namen rechnet sich Allerstorfer bei seinem ersten Auftritt nicht viel aus. Ziel muss für ihn das Überstehen der ersten Runde sein. „Ich wünsche mir eine machbare Auslosung, einen in meiner Kragenweite. Mit dem Heimvorteil ist dann sicher was drinnen“, hofft Allerstorfer.

Daniel Allerstorfer verlangt Vize-Weltmeister Barna Bor alles ab

Wie schwer er damals war? Allerstorfer überlegt. „Ich muss gestehen, dass ich das gar nicht mehr weiß. Ich bin damals so selten wie nur möglich auf die Waage gestiegen, weil ich das vermeiden wollte.“

Nach kurzem Zögern setzt er mit ruhiger Stimme fort. „Vielleicht habe ich das Gewicht vergessen, vielleicht habe ich das aber auch einfach verdrängt, weil es mir so unangenehm war.“

„Eins steht jedenfalls fest: Für mein Alter war ich viel zu schwer.“

Beinahe das Handtuch geworfen

Doch damit war es in Sachen Hürden seiner Kindheit noch nicht getan. Während der Hauptschulzeit war er kurz davor, endgültig das Handtuch zu werfen. „Ich war viel verletzt, habe mir das Schlüsselbein und die Zehe gebrochen. Da habe ich die Lust verloren, dachte ans Aufhören.“

Seine Trainer ließen nicht locker. Sie hatten Daniels großartiges Gefühl fürs Judo längst erkannt, versuchten ihn deshalb auch immer wieder via Telefon zu motivieren. Es half.

„Heute bin ich verdammt froh darüber“, verweist Allerstorfer auf seinen Junioren-Europameistertitel und setzt ein breites Grinsen auf. Derartig breit, dass einem klar wird, warum er „Bärli“ genannt wird.

Reinhold Pühringer

Und falls es doch ein Kaliber wie Kamikawa wird? „Versuchen mitzuhalten, den Kampf möglichst lange offen zu halten.“ Dass er das kann, hat er bereits in der heimischen Bundesliga bewiesen, wo er in Diensten des UJZ Mühlviertel im Vorjahr Vize-Weltmeister Barna Bor (HUN) ein Unentschieden abtrotzte.

Bis alle weg waren

Für Allerstorfer bedeutet Oberwart die nächste Sprosse auf der Leiter nach oben. Einer Leiter, die für den Burschen aus St. Peter am Wimberg bereits sehr früh so manche Hürde parat hatte. Hürden, an denen er beinahe scheiterte.

Denn mit acht, neun Jahren litt Allerstorfer, der mit sieben mit Judo begann, unter großem Übergewicht. Aus sportlicher Sicht hatte er damit weniger ein Problem als aus psychischer. Er schämte sich dafür. Erschwerend hinzu kam die hinlänglich bekannte „Einfühlsamkeit“ vieler Alterskollegen und die Tatsache, dass Gewicht im Judo immer ein Thema ist, selbst wenn man wie Allerstorfer ohnehin stets in den nach oben offenen Gewichtsklassen agiert.

Trainerin Marianne Reiter – Gattin des Olympia-Dritten von 1984, Josef – erkannte das Problem, versuchte deshalb mit viel Fingerspitzengefühl vorzugehen. „Bei der Abwaage vor den Turnieren habe ich damals immer mit ihm gewartet, bis alle anderen Kinder weg waren, erst dann bin ich mit Daniel hingegangen“, blickt sie mit einem Lächeln zurück.

Vergessen oder verdrängt

Allerstorfer, aus dem mittlerweile ein gestandener Mann samt Stiernacken geworden ist,  tut sich auch rund elf Jahre danach noch ein wenig schwer, über die harte Zeit zu sprechen. „Aber mittlerweile geht es.“

kg Verein
-60 Ludwig Paischer JU Flachgau
-60 Mathias Huemer UJZ Mühlviertel
-60 Andreas Tiefgraber PSV Salzburg
-66 Georg Reiter UJZ Mühlviertel
-66 Alexander Weichinger Galaxy Tigers Wien
-66 Driton Shala UJZ Mühlviertel
-66 Thomas Haminger Multikraft Wels
-73 Peter Scharinger UJZ Mühlviertel
-73 Marcel Ott Galaxy Tigers Wien
-73 Kevin Spitzer JU Flachgau
-81 Albert Fercher UJZ Mühlviertel
-81 Christian Zachar Vienna Samurai
-81 Hannes Wartbichler JU Flachgau
-81 Stefan Kuciara Galaxy Tigers Wien
-90 Max Schirnhofer JU Flachgau
-90 Thomas Brunner JU Flachgau
-90 Christoph Radlherr Vienna Samurai
-100 Gabor Geier Galaxy Tigers Wien
-100 Julian Reichstein Galaxy Tigers Wien
-100 Christoph Kronberger JU Flachgau
+100 Daniel Allerstorfer UJZ Mühlviertel
+100 Andreas Karner JZ Rapso Linz