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Weber: "Habe 5, 6 Tore liegen gelassen"

Weber:

Frustrierte Gesten, hängende Schultern.

Der Ärger war Robert Weber deutlich anzumerken.

Die vielen vergebenen Chancen verhinderten den zweiten österreichischen Sieg bei der Handball-WM in Katar. Der Nervenkrimi gegen Tunesien endete mit 25:25, wodurch Österreich nach drei Vorrunden-Spielen bei ebenso vielen Punkten hält.

„Ich habe heute fünf bis sechs Dinger liegen lassen“, meinte Weber danach selbstkritisch.

Am bittersten war jene Chance eine Minute vor dem Ende, als klar war, dass Österreich beim Stand von 25:25 seine letzte Angriffschance hat. Der Magdeburg-Legionär übernahm die Verantwortung, brachte das Leder auch am starken Schlussmann Majed Hamza vorbei, scheiterte jedoch am kurzen Pfosten.

Nur gut, dass die ÖHB-Verteidigung den letzten tunesischen Angriff stoppen konnte.

Untypischer Beginn

Das Unheil mit den vergebenen Chancen begann früh. Dabei war Österreich im Gegensatz zu den bisherigen WM-Partien besser ins Spiel gekommen. Nervös, aber besser. „Der Start war fast schon untypisch für uns“, bestätigte Weber. Durch einige schnelle Tempogegenstöße zog man früh auf 6:3 davon, ehe Raul Santos den ersten echten Sitzer aus einem Konter ausließ.

Der Rückraum schwächelte. Weber blieb lange Zeit die einzig wirklich funktionierende Waffe gegen die physisch starke tunesische Verteidigung. Mit insgesamt neun Toren war er vor Santos (7) auch der erfolgreichste ÖHB-Werfer.

Dass er aber eigentlich mit einer mittleren zweistelligen Ausbeute den Court verlassen hätte müssen, wusste der 29-Jährige, der die Schützenliste der deutschen Bundesliga mit 166 Toren anführt, selbst nur allzu gut. „Schlussendlich lag es an der Chancenauswertung. Wenn ich ein paar mehr reinhaue, gewinnen wir mit +2 oder +3“, analysierte der gebürtige Vorarlberger nüchtern.

Kein Grund zum Rotieren

Doch das Problem Chancenauswertung ist nicht erst eine Erkenntnis nach dem Tunesien-Spiel. Bereits gegen Kroatien und Bosnien waren vergleichsweise viele Fehlwürfe aufgetreten, allerdings noch nicht in der Häufigkeit wie am Montag.

Obwohl in der recht ruppig geführten Partie einige fragwürdige Pfiffe auftauchten, gab es von ÖHB-Goalie Thomas Bauer sogar Lob für die Unparteiischen: „Sie haben eine sehr souveräne Leistung abgeliefert."

Sein Tormann-Kollege Nikola Marinovic sah das hingegen vollkommen konträr und hätte sich insbesondere in der Anfangsphase ein viel entschtlosseneres Durchgreifen gewünscht.

Die rund 2.000 lautstarken tunesischen Fans ließen in der Al-Sadd-Halle eine WM-würdige Atmosphäre aufkommen. Dabei eher WM-unwürdig: „Die Pfiffe während unserer Hymne haben mich erst richtig aufgestachelt“, so Bauer.

Ein nettes Pünktchen

Auf die Frage, wie viel der eine Punkt wert sei, wollten sich weder Akteure noch der Trainer so recht festlegen.

Tatsache ist, dass Österreich hinter den noch ungeschlagenen Kroaten, die den Iran mit 41:22 vorführten, und Mazedonien, das Bosnien mit 25:22 die zweite Niederlage zufügte, nach vorn an die dritte Stelle der Gruppe B rückte.

Mit einem Sieg am Mittwoch (15 Uhr MEZ) gegen den noch punktelosen Iran hätte Österreich das Achtelfinal-Ticket bereits fix in der Tasche. Auch Gruppenplatz zwei ist noch realistisch. Ein recht wertvoller Punkt also.

Im tunesischen Lager gingen nach dem Match die Wogen indes gehörig hoch. Journalisten warfen den Spielern mangelnden Einsatz vor. Nach nur einem Punkt aus drei Partien und Rang fünf hängt der Haussegen gewaltig schief. Als Ziel war der zweite Gruppenplatz ausgegeben worden.

Aus Doha berichtet Reinhold Pühringer

Teamchef Patrekur Johannesson, der während der Partie mit den glücklosen Schützen sichtlich mitlitt, sah es nach der Schlusssirene sehr emotionslos. „Das kann passieren. Warum sollte ich jemand einen Vorwurf machen, wenn er aus sechs Metern verwirft? Die Chancen, dass er trifft, stehen 50:50“, zuckte er mit den Achseln.

Einen Grund, Weber deshalb phasenweise durch Marian Klopcic zu ersetzen, sehe er nicht. „Robert ist meine klare Nummer eins auf dem rechten Flügel. Auf der anderen Seite ist es bei Raul das gleiche.“ Beide standen über die volle Spielzeit auf dem Court.

Szilagyi von Ex-Coach kaltgestellt

Der in Katar bisher so wurfsichere Viktor Szilagyi blieb gegen die von seinem früheren Gummersbach-Coach Sead Hasanafendic trainierten Tunesier ohne ein einziges Tor. „Dass sie Viktor einmal komplett herausnehmen, kann dir immer passieren“, wollte das Johannesson nicht überbewerten.

In die Rolle des Spielführers schlüpfte dann Vytas Ziura, der seine Sache sowohl offensiv, als auch defensiv als „Aggressive Leader“ phasenweise sehr gut machte.

Der Fiver und seine Teamkollegen mussten gegen die physisch enorm starken Tunesier einiges einstecken. Etwas, auf das man vorbereitet war. „Von den Gegnern sind glaube ich vor der Partie noch einige in die Kraftkammer gegangen“, scherzte Johannesson.