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Szilagyi: "Es gab Gespräche mit Bregenz"

Szilagyi:

Was muss ein Klub-Manager tun, um einen europäischen Handball-Bewerb zu gewinnen?

Ganz einfach: Viktor Szilagyi verpflichten.

Zugegeben wäre das dann wohl doch eine Spur zu simpel, aber ein Blick auf die Trophäen-Sammlung (siehe Fact-Box unten) des 33-Jährigen legt diesen Schluss nahe. Umso mehr verwunderte die Meldung, dass der Mitte-Spieler im Sommer vom deutschen Spitzenklub Flensburg-Handewitt zu Absteiger Bergischer HC wechselt.

Playoff gegen Mazedonien

Bevor es für Szilagyi aber in das Stahlbad zweite Liga geht, will er sich mit dem ÖHB-Nationalteam noch das Ticket für die Weltmeisterschaften 2013 in Spanien sichern. Dazu muss Mazedonien in Hin- (Samstag, 16:30 Uhr) und Rückspiel niedergerungen werden.

LAOLA1 erreichte den Kapitän, bevor er in den Flieger in Richtung Skopje kletterte und befragte ihn zu Nationalteam, die Triebfeder seines Wechsels und eine Rückkehr nach Österreich:

LAOLA1: Viktor, in Mazedonien erwartet euch ein wahrer Hexenkessel. Welche Chancen rechnet ihr euch gegen den EM-Fünften aus?

Viktor Szilagyi: Wenn man zu so einem Spiel fährt, will man es auch gewinnen. Uns ist aber klar, dass das sehr, sehr schwer wird und eine heiße Atmosphäre herrschen wird. Das können wir aber auch für uns nutzen. Mazedonien steht sicherlich unter Druck. Sie brauchen ein gutes Ergebnis und wir haben im Hinterkopf, dass wir noch das Heimspiel haben. Wir müssen diszipliniert spielen und versuchen, die Partie so lange wie möglich offen zu halten.

LAOLA1: Ihr habt einige neue Gesichter in der Mannschaft. Wie siehst du das Potenzial der jungen Spieler?

Szilagyi: Ich finde die Mischung sehr gut. In den letzten Jahren sind viele junge Spieler dazu gekommen, die bereits wichtige Rollen übernehmen müssen. In den vergangenen Matches haben sie gezeigt, dass sie das auch können. Wir hatten zuletzt einige Testspiele, in denen wir mit dem Trainer ein neues Konzept erarbeiten konnten. Da bekamen die Jungen die Gelegenheit, sich zu integrieren. Das Spiel in Skopje wird insbesondere für sie eine neue Erfahrung, die sie weiterbringen wird.

LAOLA1: Conny Wilczynski ist nach langer Verletzungspause auch wieder mit dabei. Er hatte zuletzt nur einen Kurzeinsatz. Wie kann er euch helfen?

Szilagyi: In erster Linie natürlich mit seiner Erfahrung, aber auch mit seiner positiven Art. Er ist nicht wegzudenken aus der Nationalmannschaft. Er hat den österreichischen Handball über Jahre hinweg geprägt. Ich denke, dass es auch für Raul Santos, der auf der gleichen Position spielt, aber noch nicht so viel erlebt hat, sehr wertvoll ist, wenn Conny dabei ist. Die beiden unterhalten sich viel. Conny versucht, ihn vorzubereiten, ihm zu helfen. Jeder freut sich, dass er wieder mit dabei ist. Das hebt die Stimmung. Im Trainingslager hat er gezeigt, dass er auf einem sehr guten Weg ist. Sicherlich fehlt ihm körperlich noch einiges, das ist ganz normal. Spielerisch finde ich, dass er uns jetzt auch schon weiterhelfen kann.

Szilagyi ist das Um und Auf im Offensiv-Spiel der ÖHB-Sieben

LAOLA1: Du bist mittlerweile der erfolgreichste Ballsportler Österreichs. Macht dich das stolz?

Szilagyi: Ja, klar. Schließlich ist es auch so, dass man dafür täglich arbeitet und alles gibt. In den letzten Wochen der Saison wird die Mannschaft dafür belohnt, dass man die vielen Monate davor gemeinsam geschuftet hat. Da gehört mehr dazu, als nur zu den Trainings zu gehen. Ob eine Mannschaft funktioniert, hängt letztendlich auch viel vom Umfeld ab. Ich war bei vielen verschiedenen Vereinen. Ich habe natürlich immer darauf geschaut, immer bei Top-Klubs zu spielen. Dies waren wirklich großartige Vereine mit großartigen Spielern. Es macht mich stolz, dass fast jedes Jahr eine Bestätigung für die harte Arbeit herausgeschaut hat.

LAOLA1: Du sprichst die vielen großartigen Vereine an, zu denen du gewechselt bist. Nun wirst du zu Absteiger Bergischer HC wechseln. Warum machst du das?

Szilagyi: Flensburg hat mir aus unterschiedlichen Gründen signalisiert, dass sie finanziell nicht in der Lage sind, den jetzigen Kader zu stemmen. Es herrschte Unsicherheit. Dann gingen bei mir die Gespräche mit dem Bergischen HC los, mit dem ich schon immer in Kontakt stand. Der Trainer war früher mein sportlicher Leiter in Essen. Auch bei Richard Wöss habe ich mich informiert. Der Verein konnte mich von seinem Projekt überzeugen. Es ist ein gesunder Klub, der 2006 gegründet wurde und sich seitdem sportlich wie finanziell stetig weiterentwickeln konnte. Ich habe zu einem Zeitpunkt unterschrieben, zu dem sie im Abstiegskampf steckten. Für mich hat alles sehr gut ausgesehen. Aufgrund ihres Trainingsprogramms und ihrer Mannschaft war ich eigentlich überzeugt, dass sie den Klassenerhalt schaffen. Nun ist es ihr größtes Ziel, so schnell als möglich den Wiederaufstieg zu schaffen, alleine schon, um den Entwicklungsprozess weiter voran zu treiben. Ich glaube, dass das möglich ist. Es sind zwei Traditionsvereine, die da fusioniert wurden. Im Umfeld herrscht eine Riesen-Handballbegeisterung. Auch wenn das jetzt ein Rückschritt in der Entwicklung des Vereins ist, glaube ich, dass das der richtige Weg ist. Ich persönlich sehe es als neue Aufgabe, neue Herausforderung. Ich habe großen Respekt vor der zweiten Liga, weil ich sie erstens überhaupt nicht kenne und sie zweitens eine beinharte 20er-Liga ist.

LAOLA1: Für Teamchef Patrekur Johannesson wird das WM-Quali-Playoff der erste große Prüfstein. Wie schätzt du seine bisherige Arbeit ein und worauf legt er einen besonderen Wert?

Szilagyi: Er hatte sicherlich den Vorteil, dass er Zeit hatte, sich ein Bild von der österreichischen Liga und den österreichischen Spielern zu machen sowie die Spieler bei diversen Lehrgängen zusammen zu ziehen. Von Anfang an hat jeder im Team gemerkt, dass es ihm um eine gewisse Spiel-Disziplin und um Einstellung geht. Dass jeder zu 100 Prozent daran glaubt, was wir machen und dass jeder mit dem nötigen Ehrgeiz ans Werk geht. In den Trainings waren Intensität und kämpferische Komponente sehr gut. Bereits als Spieler war er einer, der immer 100 Prozent gegeben hat, das lebt er nun auch als Trainer vor und verlangt das von der Mannschaft.

LAOLA1: Du hast vorhin ein Konzept erwähnt.

Szilagyi: Wir haben gemeinsam mit ihm ein Grundkonzept erarbeitet, wobei er den Einzelnen auch die notwendigen Freiheiten lässt, sodass er eine gewisse Eigenverantwortung von den Spielern verlangt. Nichtsdestotrotz gibt er einen klaren Weg vor. Ich glaube, dass das insbesondere für die jungen Spieler ganz wichtig ist, dass sie ihre Art Handball zu spielen, in dieses Konzept miteinbringen können.

LAOLA1: Du hast mit Flensburg in der Liga den sensationellen zweiten Platz geholt, hast erneut im Europacup triumphiert und das deutsche Pokalfinale erreicht. Abgesehen davon warst du aber auch lange verletzt. Wie fällt dein persönliches Saison-Fazit aus?

Szilagyi: Ab November war ich eigentlich schon wieder dabei und ab da lief es bei mir immer besser. Gerade in den vergangenen und entscheidenden Monaten ist es nicht nur bei mir, sondern auch bei der Mannschaft richtig rund gelaufen. Mit all den Erfolgen war es ein emotionaler und auch sehr positiver Abschied für mich aus Flensburg.

LAOLA1: Hattest du noch andere Angebote?

Szilagyi: Es waren schon einige andere Optionen vorhanden, aber vom Paket her war das die Beste. Für die erste Liga waren wir uns sehr schnell einig. Für die zweite habe ich dann noch einmal zwei, drei Wochen Bedenkzeit bekommen. Ich habe mich dennoch für den Bergischen HC entschieden und stehe auch dazu.

LAOLA1: Es war zu hören, dass du als Spielertrainer in Bregenz im Gespräch warst. Stimmt das?

Szilagyi: Ja, da gab es Gespräche, allerdings in einer Phase, in der ich viele Gespräche führte, um die Optionen abzuwägen. Ich hätte mir das auch unter anderem vorstellen können. Auch aus Frankreich gab es Angebote. Es war aber so, dass ich irgendwann einmal für mich entschieden habe, dass ich in Deutschland bleiben möchte. Dass es leider nicht die erste Bundesliga geworden ist, ist natürlich schade, aber wir werden den steinigen Weg nun gemeinsam gehen.

LAOLA1: Werden wir dich irgendwann in der HLA sehen?

Szilagyi: Das ist schwer zu sagen. Vorerst ist das zumindest nicht geplant. Ich bin jetzt 33 und habe einen Zwei-Jahresvertrag unterschrieben. Man wird sehen, wohin der Weg weiter führt. Es hängt auch davon ab, ob ich mich in zwei Jahren noch fit genug fühle und noch die Lust verspüre, dann ist es sicherlich eine Möglichkeit.

Das Interview führten Reinhold Pühringer und Sebastian Rauch