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Die Charakter-Prüfung für die WM-Fighter

Die Charakter-Prüfung für die WM-Fighter

Zurück im harten Qualifikations-Alltag.

Drei Monate ist die WM in Katar nun her, die mit dem Achtelfinal-Einzug das beste Ergebnis der heimischen Handball-Geschichte brachte.

Ein Highlight, unter das es mit Blick auf die nahenden EM-Qualifikations-Partien gegen Finnland nun endgültig einen Schlussstrich zu ziehen gilt.

ÖHB-Teamchef Patrekur Johannesson hatte die beiden Matches in Vantaa (29.4.) und Bregenz (2.5.) bereits am Ende des Turniers in Doha als „Charakterfrage“ bezeichnet.

Denn die Ausgangslage in der Qualifikations-Gruppe sieben für die EM 2016 in Polen ist relativ klar und aktuell auch nicht allzu aussichtsreich. Die ÖHB-Truppe hält nach zwei Niederlagen gegen Spanien und Deutschland punktelos auf dem dritten Platz.

Gegen den ebenfalls noch sieglosen Gruppen-Außenseiter sind zwei Siege somit Pflicht – und genau das macht die Aufgabe nach einem WM-Event nicht einfach.

Szilagyi und Ziura bis zum Quali-Ende mit dabei

Von einem Spannungs-Abfall nach der WM will Fabian Posch nichts wissen. „Wir wissen, was auf dem Spiel steht. Das sind keine Partien zum Experimentieren, es geht um Ergebnisse“, erklärt der Kreisspieler, der mit Westwien in das Halbfinale des HLA-Playoffs eingezogen ist.

Kleinere Experimente wird es angesichts des einberufenen ÖHB-Kaders an einigen Stellen zwar notgedrungen geben, dafür bleiben mit Viktor Szilagyi und Vytas Ziura aber zwei absolute Schlüsselspieler an Bord. Zumindest vorerst.

„Wir setzen uns mit den Spielern immer am Anfang einer Saison zusammen und schließen eine Vereinbarung für eine ganze Spielzeit“, erklärt ÖHB-Generalsekretär Martin Hausleitner, dass die zwei Rückraum-Routiniers zumindest bis zum Ende der Qualifikation mit von der Partie sein werden.

Ob und wie es mit dem bald 36-jährigen Ziura und dem ab Herbst 37-jährigen Szilagyi im ÖHB-Dress weitergehen wird, werde man somit erst danach sehen. „Allerdings handelt es sich hierbei um zwei Spieler, die ihre – ich nenne es einfach einmal – Pflicht für das Land erfüllt haben. Von daher werden wir nicht zwingend versuchen, sie zu überreden“, verweist Hausleitner auch auf einen langfristigen Aufbau für die EM 2020, die man gemeinsam mit Norwegen und Schweden austragen wird.

Spiele Punkte
Spanien 2 4
Deutschland 2 4
<span style=\'color: #ff0000;\'>Österreich 2 0
Finnland 2 0

Hermann schwer verletzt

Hermann schwer verletzt

An anderen Stellen muss der Teamchef jedoch sehr wohl umbauen. Zum einen zog Roland Schlinger einen Schlussstrich unter seine ÖHB-Karriere, zum anderen verletzte sich Max Hermann schwer an seiner ohnehin schon lädierten Schulter.

Laut ÖHB-Angaben handelt es sich um ein Ödem, das eine OP sowie eine lange Ausfallzeit des beim Bergischen HC unter Vertrag stehenden Linkshänders nach sich zieht. „Bis zu sechs Monaten“, schätzt Hausleitner vorsichtig.

Ein Unglück, welches die Reaktivierung von Lucas Mayer zur Folge hat. Dabei hatte der 32-Jährige erst vor einer Woche aus beruflichen Gründen seine Nationalteam-Karriere für beendet erklärt. Der Bregenzer hat dem ÖHB-Team jedoch seine Hilfe angeboten, falls Not am Mann wäre, was nun schneller der Fall ist, als erwartet.

Ebenfalls nicht mit dabei ist Max Wagesreiter. Der 33-Jährige kämpft seit der WM mit körperlichen und auch Form-Problemen. „Es ist normal, dass du nach einem Höhepunkt wie Katar für einige Wochen in ein kleines Tief fällst, aber Max ist da leider nicht mehr so wirklich rausgekommen“, so Hausleitner.

Einer der Nachrücker im ÖHB-Team ist Dominik Schmid. Der 25-Jährige, der bei der Nominierung des WM-Kaders durch den Rost gefallen war, konnte sich beim deutschen Erstliga-Schlusslicht Bietigheim zuletzt immer besser in Szene setzen.

Einige andere ÖHB-Cracks vollzogen währenddessen Vereinswechsel. Goalie Thomas Bauer wird im Sommer nach zwei Jahren den TBV Lemgo in Richtung Frankreich zu Istres Ouest Provence verlassen. Ebenfalls nach Saisonende heuert der bei Bietigheim engagierte Romas Kirveliavicius bei Zweitligisten Coburg an.

Ein Riegel für künftige Weltauswahlen

Die WM in Katar hat den ÖHB nicht nur sportlich in neue Sphären vorstoßen lassen. „Die Auswertung der TV-Zahlen ergab, dass wir unser Kernpublikum um rund 100.000 Zuschauer steigern konnten“, resümiert Hausleitner. Im Schnitt sahen ein WM-Spiel der Österreicher 240.000 Menschen. Gerade im Hinblick auf die Heim-EM in fünf Jahren ein wichtiger Schritt nach vorne.

Sportlich habe vor allem die Konstanz der Österreicher für positives Feedback gesorgt. Hausleitner: „Vor allem von skandinavischer Seite.“

Die Nordländer sind es auch, die einen anderen Stein ins Rollen brachten. Sie reichten beim Handball-Weltverband (IHF) einen Antrag ein, wonach die Regularien bezüglich Nationenwechsel überarbeitet werden sollen.

Ausgangspunkt war die zusammengekaufte „Weltauswahl“, mit der Gastgeber Katar bis ins WM-Finale vorgestoßen ist. Aktuell darf ein Spieler nach einer dreijährigen Sperre auf Nationalteam-Ebene für ein anderes Land auflaufen. Die Skandinavier wollen nun eine Anpassung in Richtung des FIFA-Regelwerks bewirken. Im Fußball darf ein Spieler nach dem erstmaligen Einsatz für eine Nation nicht mehr für eine andere spielen.

„Der ÖHB wird diesen Antrag unterstützen“, erklärt Hausleitner, der aber ergänzt, dass Österreich selbst einen solchen nie einbringen hätte können. „Aufgrund unserer eigenen Vergangenheit, wäre das wohl der größte Treppenwitz der Handball-Geschichte gewesen.“

Reinhold Pühringer