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Das Imperium Dagur

Das Imperium Dagur

Er hat, wenn man so will, in Österreich die Handball-Begeisterung wachgeküsst.

Die Rede ist von Dagur Sigurdsson. Jenem Teamchef, der mit Österreich bei der Heim-EM 2010 den neunten Platz holte. Am Sonntag kommt es für das ÖHB-Team in Kiel zu einem Wiedersehen mit dem Isländer, der seit vergangenem Jahr die Geschicke der deutschen Nationalmannschaft leitet.

Für Österreich ist der Quali-Zug für die EM 2016 nach dem 24:30 gegen Spanien praktisch abgefahren. Für die ÖHB-Sieben geht es somit vorrangig ums Prestige und um den Aufbau einer neuen Mannschaft.

Nicht nur Handball

Sigurdsson lebt diesen Sport. „Einer, der das Spiel vollkommen begriffen hat“, adelte ihn einst niemand geringerer als Stefan Kretzschmar.

Doch Freak hin oder her – Sigurdsson hat auch andere Standbeine. Wer etwas genauer hinsieht, erkennt, dass der 42-Jährige sogar ein überraschend umtriebiger und erfolgreicher Geschäftsmann ist. Einer, der erst kürzlich sein neuestes Produkt auf den Markt gebracht hat.

Die Pokale in der Hosentasche

Die Pokale in der Hosentasche
Sigurdsson präsentiert seinen neuesten Einfall: die App "Cupodium"

„Cupodium“ heißt Sigurdsson jüngste Idee. Genauer gesagt ist es eine Handy-App, die es gratis zum Download gibt. Es handelt sich um einen virtuellen Pokalschrank, den sich jeder Benutzer selbst gestalten kann.

„Das muss nicht nur Sport sein. Auch Erfolge im Beruf und Auszeichnungen lassen sich verewigen“, erklärt der Schöpfer, der seinen Einfall mit dem Berliner Software-Haus Synperience realisierte.

Sigurdssons Ausgangs-Idee: „Wäre es nicht schön, einen Pokal oder eine Auszeichnung immer dabei zu haben?“ Dies sei mit der Anwendung möglich und könne mit Freunden auch einfach geteilt werden.

Dagur und die Keksfabrik

Gut, die App mag jetzt nicht jeden vom Hocker reißen, nichtsdestoweniger ist der unternehmerische Geist Sigurdssons unbestritten.

Der ehemalige Spieler und Trainer von Handball Bregenz kaufte beispielsweise mit ein paar Freunden eine alte Keksfabrik auf und baute sie zu einem Hostel um. „Die meisten Gäste sind junge Leute, Backpacker, typische Touristen“, schilderte Sigurdsson gegenüber der „Zeit“. Der Erfolg der Bleibe war bahnbrechend.

Heute zählt das „Kex Hostel“ im Herzen Reykjaviks zu den weltweit bekanntesten Unterkünften Islands. Die Geschäfte leitet ein nicht minder bekannter „alter Freund“ Sigurdssons: Eidur Gudjohnson, seines Zeichens Rekord-Torschütze der hiesigen Fußball-Nationalmannschaft. Der 36-Jährige, der zu Glanzzeiten unter anderem für Chelsea oder den FC Barcelona auflief, steht derzeit bei den Bolton Wanderers unter Vertrag.

Sigurdsson selbst hat eine große Nähe zum Fußball. Sein Vater Sigurdur Dagsson hütete in den Siebzigern das Tor der Landes-Auswahl und er selbst brachte es immerhin auf sieben Einsätze für die U17 Islands.

Von Autoteilen über Pizzen bis Bier

Mit der 1993 gegründeten Firma „Sigur ehf“ beteiligte sich der 215-fache Internationale an diversen Projekten und Unternehmens-Gründungen, die ihn in die Bereiche Investment, Musik-Labels und Import führten.

Mit seinem Bruder baute Sigurdsson unter dem Markennamen „Bilanaust“ den ersten Autoteile-Handel Islands auf, der heute neun Filialen umfasst. Früh zeigte er Interesse an der Gastronomie. So zählte das „Kofa Tomasar“ zu seinen ersten Projekten.

Derzeit widmet er sich unter anderem der Pizzeria „Hverfisgata 12“, dem Gourmet-Restaurant „Kaffihus Vesturbaejar“ oder der dänischen Brauerei Mikkeler, die gerade auf Island fußfassen will.

Auf die Frage, wie sich das alles zeitlich ausgehe, gab Sigurdsson einst zu Protokoll, dass das für einen Isländer kein Problem wäre, schließlich sei es auf seiner Heimatinsel das halbe Jahr über dunkel, da sei es normal, dass Menschen zwei Jobs haben, um die Tage rumzukriegen.