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Mit Mega-Comeback wieder in der Super Bowl

Mit Mega-Comeback wieder in der Super Bowl

SEATTLE SEAHAWKS (1)            28:22 n.V.   GREEN BAY PACKERS (2)

Es ist vorbei, wenn es vorbei ist.

Titelverteidiger Seattle Seahawks besiegte im NFC Championship Game die Green Bay Packers nach 0:16 noch mit 28:22 nach Overtime und steht wie im Vorjahr in der Super Bowl.

Keiner hatte den Champ mehr auf Rechnung, als die Adler vor eigenem Publikum doch noch zum Höhenflug ansetzten und mit einem unglaublichen Finish samt Lucky Punch in der Overtime den dritten Einzug ins "Big Game" in der Franchise-Geschichte feiern durften.

Am Ende weinte Seattle-Quarterback Russell Wilson vor Freude, Green Bay aus Frust. Die Seahawks können am 1. Februar im Endspiel gegen New England in Glendale (Arizona) als erste Mannschaft seit zehn Jahren (seit den Patriots) den Titel in der NFL erfolgreich verteidigen.

Und das nach einem völlig verrückten Spiel.

Ein Spiel, mit dem keiner rechnete

Es kommt ja erstens anders. Und zweitens, als man denkt.

Oder wer hätte auch nur annähernd darauf gewettet, dass die erste Hälfte mit einer 16:0-Führung Green Bays enden würde? Oder wer auf insgesamt sechs Turnovers auf beiden Seiten nach 30 Minuten?

Niemand. Aber so kam es. Green Bays Offense durfte als Erste auf das Feld und schon im Opening Drive setzte es den ersten Turnover.

Der extrovertierte Cornerback-Superstar Richard Sherman, der sich selbst gerne als besten Spieler auf seiner Position bezeichnet und vergangenes Jahr das NFC Championship Game gegen San Francisco am Ende mit einem Tip-Off (führte zur Interception) entschied, war wieder im Fokus.

Der Mann der großen Worte ließ wieder eine große Tat folgen, als er einen zu kurzen Pass von Quarterback Aaron Rodgers auf Rookie Davante Adams in der Endzone ganz gekonnt abfing.

Rodgers musste die erste Interception nach 99 Passversuchen in der Postseason hinnehmen. Es war eines der ganz wenigen Highlights in einer überaus ernüchternden Hälfte für Seattle.

Seattles Offense zunächst erschreckend

Auch der Opening Drive der Seahawks endete mit einer Interception. Quarterback Russell Wilson mit dem Pass auf Receiver Jermaine Kearse, der den Ball nur ablenkte, und Rookie-Safety Ha-Ha Clinton-Dix hatte mit den Händen auf dem Ball am Ende die Lacher auf seiner Seite.

Nachdem ein Touchdown von John Kuhn zurecht aberkannt wurde, reichte es nur für ein Field Goal von Mason Crosby aus 18 Yards zur 3:0-Führung der Gäste.

Weil Doug Baldwin beim folgenden Kickoff-Return den Ball von Brad Jones rausgeboxt bekam, hatte Green Bay schon wieder Ballbesitz. Wieder mit guter Feldposition. Wieder reichte es aber nur für ein Field Goal. Crosby traf dieses Mal aus 19 Yards zum 6:0.

Und Seattles Offense? Three and out! Sie kam nicht ins Laufen, sie kam nicht ins Werfen. Green Bay hatte die Offensiv-Stars Marshawn Lynch und Russell Wilson voll im Griff.

Nach dem ersten Viertel hatte Seattle kein First Down zu Buche stehen und es sollte noch schlimmer werden. Denn Green Bay kam mit Ende des ersten Viertels zum ersten (und letztlich einzigen) Touchdown.

Der völlig freistehende Receiver Randall Cobb fing am Ende den Pass von Rodgers für 13 Yards zum 13:0 der Packers. Und Seattles Offense? Three and out!

Crosby erhöhte aus 40 Yards noch auf 16:0, das war auch der Pausenstand. Denn Wilson warf zwei weitere Interceptions. Clinton-Dix mit seiner zweiten und Sam Shields fingen die Pässe ab.

Rodgers sorgte zwischenzeitlich auch noch für eine, Cornerback Byron Maxwell war zur Stelle. Doch Punkte waren für Seattle in dieser Hälfte meilenweit entfernt.

Wilson hatte am Ende der ersten beiden Viertels nicht nur drei Interceptions zur Buche stehen, sondern auch nur zwölf Yards. Sein Passer-Rating betrug zur Pause 0.0. Seattle kam immerhin im zweiten Viertel noch zu drei First Downs. Ansonsten war es enttäuschend wie lange nicht.

Mega-Finish in Hälfte zwei

Es konnte nur besser werden. Und das wurde es dann mit der Zeit auch. Sehr viel besser.

Beide Teams starteten mit einem Punt in die zweite Hälfte, dann landeten die Seahawks endlich auch am Scoreboard.

Dank eines 29-Yards-Pass von Wilson auf den völlig freien Baldwin bei 3-and-19 kam der Champ in die Spur, es folgte ein spektakulärer Trick-Spielzug, als alle mit einem Field Goal rechneten.

Kicker Steven Hauschka lief an, doch Punter (und in diesem Fall Holder) Jon Ryan schnappte sich das Leder, lief ein paar Yards und passte dann zum völlig freien Garry Gilliam, der sich als O-Liner über seinen ersten Catch freuen durfte. Ein Touchdown noch dazu. Ein sehr schönes Debüt.

Und es sollte noch besser kommen. Noch viel besser.

Erfolgreicher Onside-Kick

Zwar konnte Green Bay per 48-Yards-Field-Goal auf 19:7 erhöhen und Morgan Burnett die vierte Interception von Russell Wilson erzwingen, doch einmal mehr meldete sich der Champ zurück.

2:09 Minuten vor Schluss lief Wilson für einen Yard in die Endzone. Es folgte ein Onside-Kick-Versuch – und dieser ging im lautesten Stadion der Welt auf.

Green Bays Tight End Brandon Bostick konnte den Ball nicht fangen, Seattles Receiver Chris Matthews hingegen schon.

Und das Tollhaus sollte noch lauter werden. Denn Running Back Marshawn Lynch lief 44 Sekunden nach Wilsons Touchdown den Ball seelenruhig über 24 Yards in die Endzone zur erstmaligen Führung Seattles.

Zu diesem Zeitpunkt ging den Seahawks alles auf, denn es gelang auch noch die Two-Point-Conversion (Wilson auf Luke Willson) auf umständliche Weise zum 22:19.

1:25 Minuten und drei Timeouts – das reichte allerdings noch für Rodgers, um Crosby in Position zu bringen. Wieder aus 48 Yards traf der Kicker zum 22:22 und damit ging es in die Overtime.

Wilson führte Seattle doch noch zum Sieg

Vor dieser gewann Seattle den Münzwurf – und letztlich das Spiel. Denn Wilson, gebeutelt vom persönlichen Negativ-Wert von vier Interceptions, führte seine Mannen abermals ins Endspiel.

Erst warf der 26-Jährige bei 3 and 7 für 35 Yards zu Doug Baldwin, dann für 35 Yards in die Endzone zu Kearse. Kurios: Alle vier Interceptions zuvor gingen in Richtung von Kearse.

Und noch nie gewann ein Team ein Championship Game nach 0:16-Rückstand.

Wilson („Ich bin so glücklich, in diesem Team zu sein“) und Co. hatten das bessere und denkwürdige Ende, für Rodgers („Das wird noch länger weh tun, wir haben das Spiel verschenkt“) und Co. wird es hingegen eine lange Offseason.

 

Bernhard Kastler