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"Das könnte der Durchbruch gewesen sein"

Die American-Football-Europameisterschaft in Wien, Graz und St. Pölten war eines der Sporthighlights 2014.

Der Erfolg des Großereignisses ist sinnbildlich für den Siegeszug, den der Sport in Österreich angetreten ist. Doch am Weg nach oben hat man noch lange nicht genug. Football soll zu einer Selbstverständlichkeit werden.

So feilt man auch abseits der internationalen Turniere an der Bekanntheit. Man möchte das Zuschauerpotenzial der Austrian Football League ausreizen.

Michael Eschlböck, Präsident des österreichischen Fachverbandes AFBÖ, erinnert sich im Gespräch mit LAOLA1 an das beinahe perfekte Frühsommermärchen, spricht über zukünftige Ziele der AFL und die Entwicklung im rot-weiß-roten Nationalteam.

LAOLA1: Herr Präsident, das Jahr 2014 – in einem Wort?

Eschlböck: Durchwachsen.      

LAOLA1: Trotz der erreichten Vize-Europameisterschaft des Nationalteams?

Eschlböck: In Wirklichkeit war es ein unglaubliches tolles Jahr, wohl das erfolgreichste im österreichischen American Football. Aber man hatte Träume, diese Europameisterschaft nach Österreich zu holen und sportlich erfolgreich zu sein. Dann kommt dieses Spiel in Graz, wo man die Franzosen biegt, dann das Traumfinale gegen Deutschland, das alle Facetten hat: Man gerät in Rückstand, kann ihn aufholen und in Führung gehen – und es hat dieses eine Quäntchen zum perfekten Event gefehlt. Wenn man weiß, wie spärlich die Möglichkeiten sind, eine Großveranstaltung im eigenen Land zu haben, gegen den Topfavoriten und Erzrivalen ins Endspiel zu kommen und das dann zu gewinnen… ich weiß nicht, ob ich das in dieser Form noch so erleben werde.

LAOLA1: Wie würden Sie das Jahr für die Entwicklung des österreichischen American Football einordnen?

Eschlböck: Als wichtiger Schlüsselpunkt. Genau werden wir es erst in zwei Jahren wissen, aber ich glaube, dass es der Durchbruch schlechthin gewesen sein könnte. Einerseits im Hinblick auf das Bild in der Öffentlichkeit und andererseits durch die sportlichen Erfolge, die diese Aufmerksamkeit auf sich zogen. Wir sehen vor allem im Nachwuchsbereich, wie diese Dinge greifen. Football wird immer selbstverständlicher und man muss nicht mehr viel erklären. Genau das ist der Bereich, in den wir kommen wollten.

LAOLA1: Wie schwierig ist es, beispielsweise auf das Niveau von Eishockey zu kommen, was diese Dinge betrifft?

Eschlböck: Wir haben uns keine Vorbilder genommen, sondern sind immer unseren eigenen Weg gegangen. Ich denke, es ist ganz wichtig, sich nicht an anderen zu orientieren, denn damit würde man sich beschneiden oder bei einzelnen Details auf eine gewisse Richtung achten. Gemessen an der Zahl der Vereine und Aktiven dürften wir von Eishockey gar nicht so weit weg sein. In Sachen Bekanntheit und Berichterstattung ist es noch ein Unterschied, aber da sind wir dabei, entsprechend aufzuholen.

LAOLA1: Muss man sich Sorgen um die Vienna Vikings machen, deren Sponsor sein Engagement beendet? Die Suche nach einem neuen Geldgeber scheint sich schwierig zu gestalten.

Eschlböck: Einen Sponsor in dieser Größenordnung zu finden ist natürlich nicht leicht, insbesondere mit den wirtschaftlichen Prognosen der Gegenwart. Es gibt nicht mehr so viele Unternehmen, die bereit sind, einen sechsstelligen Euro-Betrag für Sponsoring auszugeben – selbst wenn es das natürlich wert ist. Aber Sorgen wird man sich nicht machen müssen. Die Vikings sind groß und haben einen entsprechenden Talente-Pool. Es geht nicht ums Überleben, sondern eher um den einen oder anderen Import-Spieler, auf den man dann verzichten wird müssen. Aber das könnte jetzt auch nicht zwingend ein Nachteil sein.

LAOLA1: Sondern vielleicht sogar eine Chance?

Eschlböck: Natürlich, in jeder Hinsicht: Die Liga wird kompetitiver, auf der anderen Seite sehen die Vikings, wie es ist, mit weniger Geld auskommen zu müssen. Das könnte zum besseren Verständnis für andere Vereine beitragen. Dazu wird man vielleicht zu dem Schluss kommen, dass Erfolg nicht nur von finanziellen Möglichkeiten, sondern auch von Qualität der Arbeit und des Trainings abhängt. Wenn ein Team manchen Import-Spieler weniger hat und trotzdem siegt, dann kann es wohl nicht am Geld gelegen haben.

LAOLA1: Welche sportliche Entwicklung erwarten Sie vom Nationalteam?

Eschlböck: Der Prozess ist für mich schwer zu beschreiben. Mit zunehmendem Funktionärstum komme ich auch weniger dazu, ins Nationalteam hineinzuschauen. 2007, 2009, 2010 war ich sehr viel mit der Mannschaft unterwegs, habe mit den Spielern gelebt und alle gekannt, ihre Stärken und Schwächen. Mit den mannigfaltigen Aufgaben im Verband verliert man diese Nähe und hat seltener Gelegenheit, am Trainingsgelände vorbeizuschauen. Mittlerweile herrscht dort eine andere Qualität. Die Burschen sind jünger, aber professionell in ihrer Einstellung. Es gibt eine andere Art von Verständigung und Verbindung, sie agieren auf einer Welle und mit einem Herzschlag. Mit Head Coach Jakob Dieplinger, gerade einmal 30 Jahre alt, schlägt die Jugendlichkeit in allen Bereichen nieder. Er macht das wirklich gut und hat einen Coaching Staff, der ihn voll akzeptiert.

LAOLA1: Bei der Sportjournalisten-Wahl zum Team des Jahres waren die Footballer sogar vor den Fußballern.

Eschlböck: Das tut natürlich gut, aber ich gestehe, dass die Enttäuschung überwiegt, es nicht unter die besten Fünf geschafft zu haben. Dann hätten wir bei der Gala vor Ort sein können und wären vorgestellt worden. Das ist noch so ein Traum, Vertreter des Nationalteams dort auf der Bühne stehen zu haben. Viele Journalisten sehen das ernsthafte Bemühen, seriöse und gute Arbeit zu leisten, und honorieren das. Besonders, wenn man bedenkt, dass das ÖFB-Team 2014 so gut wie seit Ende der Neunzigerjahre nicht mehr war, hat das seinen Wert. Eine merkwürdige Konstellation, dass man gerade in so einem Jahr vor dem ÖFB liegt. Sogar ich habe wieder gern Fußball geschaut. Österreich probiert nach vorne zu spielen und man merkt das Herz in der Mannschaft, das hat meine volle Sympathie. Im Football haben wir es ja auch so.

 

Das Interview führten Johannes Bauer und Bernhard Kastler

LAOLA1: Auch ohne konkrete Vorbilder muss man sich bei der „Rekrutierung“ des Nachwuchses an der „Konkurrenz“ orientieren. Was sind die Faktoren, mit denen man junge Menschen eher zum Football als zu anderen Sportarten bringen will?

Eschlböck: Für uns ist wichtig, unseren Sport in Schulen vorstellen zu können. Dafür haben wir verschiedene Maßnahmen, zum Beispiel die „School Days“, wo wir in einer Region in die Schulklassen gehen und dazu einladen, einmal zu schnuppern. Wir stellen den Sport mit all seinen Facetten vor, und er begeistert von selbst. Das funktioniert derzeit recht gut, wir spüren also noch keinen „Konkurrenzkampf“ gegen eine andere Sportart. Dazu gibt es Sportler, die zwischen Sportarten wechseln. Hier steht das Beispiel von Andreas Hofbauer: Er war U14-Eishockey-Nationalspieler, doch ihm hat Football besser gefallen – dabei war sein Vater Tiroler Landespräsident des Eishockey-Verbands. Der Mensch sucht sich seinen Sport und der Sport seine Anhänger.

LAOLA1: Abseits der Großereignisse hält die Austrian Football League als Spitzenprodukt her. Wie kann ihre Attraktivität noch gesteigert werden?

Eschlböck: Unser Plan, durch die Europameisterschaft einen merkbaren Zuschauerzuwachs in der AFL zu bekommen, hat im Osten nicht funktioniert. Wir haben uns an die Köpfe gefasst und gefragt, wie das sein kann. Vielleicht existiert eine Übersättigung, wenn man Spiele wie Österreich gegen Deutschland im Finale einer Europameisterschaft zu sehen bekommt – besser geht es ja nicht mehr. Ja, wir arbeiten an verschiedenen Konzepten, um die AFL attraktiver zu machen, nicht nur für Vereine und Zuschauer, und versuchen auch, entsprechend mehr zu kommunizieren. Da sind viele Dinge noch in Planung, wir werden alles zum Auftakt der Saison vorstellen.

LAOLA1: Gibt es schon beschlossene Änderungen für die AFL-Saison 2015?

Eschlböck: Es wird sich eher um Nachjustierungen handeln im Versuch, Dinge in Abwicklung und Darstellung professioneller zu machen. Der große „Wurf“, die große Rundumneuerung, ist nicht dabei. Die sichtbarste Änderung haben wir ja bereits 2014 mit dem neuen Logo, das knackiger und eingängiger ist, eingeführt.

LAOLA1: Die AFL soll mittelfristig auf acht Teams aufgestuft werden – ein Vorhaben, an dem man vorerst noch gescheitert ist. Mit welchen konkreten Maßnahmen werden mögliche neue Vereine für diese Aufgabe vorbereitet?

Eschlböck: Die Maßnahmen beziehen sich auf Unterstützung in organisatorischer Hinsicht, weil eine AFL-Teilnahme natürlich mit gewissem Aufwand in diesem Bereich verbunden ist. Hier helfen wir oder übernehmen sogar einiges ganz. Auch in Sachen Vermarktung gibt es eine Fülle an Konzepten, um die Vereine zu entlasten. Somit bleibt der sportliche Bereich über, wo man nur mit Aus- und Fortbildungen im Training zeigt, wo es besser geht. Man kann auch mit einem kleineren Trainerteam durchaus Erfolg haben. In einem größeren Trainerstab bilden sich Dynamiken, wo sich jeder mehr auf den anderen verlässt und die Leute ein bisschen lascher werden. Bei drei Leuten wird oft smarter agiert. Was die Infrastruktur betrifft, haben viele Division-2-Vereine sogar bessere Bedingungen als die großen Klubs.

LAOLA1: Ist die Lücke rein sportlich gesehen zu schließen?

Eschlböck: Zur Gänze vermutlich nicht, aber besonders am Anfang sind große Fortschritte möglich. Da sind auch die Nationalteams wichtig, immer mehr Spieler und Trainer von kleineren Vereinen wirken mit. Dort gibt es ebenso Talente. Und diese Burschen können dort sehen, dass anderswo auch nur mit Wasser gekocht wird. Es gibt gewisse Kniffe und Rafinessen, die einen „Aha-Effekt“ auslösen, den die Spieler und Coaches mit in ihre Vereine nehmen. Auch dieser Austausch der Spieler untereinander ist sehr wertvoll und geht über die Nationalteamebene hinaus. So entsteht eine ständige Kommunikation, die zum Know-How-Gewinn führt.