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Neue Ausrichtung bei den Vienna Vikings

Neue Ausrichtung bei den Vienna Vikings

AFL-Meistertipp? Die Raiffeisen Vikings Vienna! Bisher zumeist eine sichere Bank.

Doch wie die Daseinsberechtigung des obigen Sprichworts verschwand zum Ende der Saison 2014 der Hauptsponsor aus dem Namen des österreichischen Football-Champions. Finanziell ein herber Verlust, der auch eine große Adresse des Sports vor Probleme stellen kann.

Das Ende der siebenjährigen Zusammenarbeit war nicht der einzige Anlass, der zu einem Umbruch führte. Vor dem Saisonstart herrscht bei den "Nur-mehr“-Vienna-Vikings eine andere Philosophie.

Eigengewächse statt Import

Die Mannschaft präsentiert sich stark verjüngt, denn zum primären Geldgeber gesellten sich weitere Abgänge. Ganze zehn Leistungsträger, darunter Quarterback Christoph Gross, der seine Karriere im Alter von 26 Jahren aus beruflichen Gründen beendete, und Wide Receiver Laurinho Walch, der zur wiedergegründeten Frankfurt Galaxy ging, haben andere Wege eingeschlagen.

"Wir wussten seit der Vorsaison, dass wir damit zu rechnen hatten. Dass es so massiv ausfiel, hätten wir aber nicht gedacht“, gibt Vereinspräsident Karl Wurm bei LAOLA1 zu. Aufgerissene Löcher, die man nun bewusst mit Eigenbauspielern auffüllt. Import-Spieler finden sich im Kader nicht.

"Dieser Verzicht ist eine strategische Entscheidung, die vom ganzen Verein mitgetragen wird. Wenn man jedes Jahr gute Spieler in die Kampfmannschaft bringen kann, ist es eine Philosophie-Frage. Das Geld wäre schon da, aber wir wollen es einfach wirklich wissen“, macht er keine finanziellen Faktoren verantwortlich.

Kleinvieh macht auch Mist

Was das liebe Geld betrifft, hat man einen Absturz nämlich weitestgehend verhindern können. Der Titelsponsor konnte bislang nicht ersetzt werden, stattdessen setzt man auf Quantität.

"Seit September läuft alles wieder in geordneten Bahnen, auch die Einsparungsmaßnahmen haben gegriffen. Wir haben gemerkt, dass es leichter ist, zehn kleine Geldgeber zu finden, als einen großen“, zeigt sich Wurm mit dem Status Quo zufrieden. Durch neue Kooperationen, wie jene mit dem neuen Ausrüster, seien zudem Ausgaben von früher weggefallen.

Dass „Raiffeisen“ die erfolgreiche Partnerschaft beendete, verwundere ihn nicht. Es sei keine „Lex Vikings“ – es wurden fast alle Engagements beendet. Der Verein profitierte dabei sogar länger als andere gesponserte Projekte.

Christoph Gross entschied sich für Studium und Beruf

Auch die Ankündigung des Endes sei rechtzeitig erfolgt, was den Präsidenten zu einer bitteren Feststellung veranlasst: "Tatsache ist, dass es uns nicht gelungen ist, in 15 Monaten einen neuen Hauptsponsor zu finden – als erfolgreichster Wiener Ballsportverein der letzten Jahre. Aber so geht es, außer dem Fußball, aktuell fast allen. Der Sport hat in dieser Stadt keinen großen Stellenwert. Wir bekommen nur hier 5.000 Euro, da 25.000… so rennt es jetzt bei uns.“

Trotzdem habe man die Hoffnung nicht aufgegeben und befinde sich bereits in Gesprächen mit zwei größeren Kandidaten. Es sei aber wahrscheinlicher, dass sich erst nach der am Sonntag anbrechenden Spielzeit ein neuer Partner findet.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten agieren Konzerne vorsichtig, jetzt werde einmal das Tun des neu aufgestellten Vereins beobachtet.

Der positive Effekt bleibt aus

Die Sponsorensuche ist nur einer jener Bereiche, die zeigen, dass die positiven Auswirkungen der vergangenen Europameisterschaft nur bedingt auf die Vereinsebene mitgenommen werden konnten.

"Die 27.000 Zuschauer, die beim Finale ins Happel gekommen sind, haben allen Football-Vereinen in Österreich geholfen – außer jenen im Osten. Scheinbar haben sich die Wiener Fans nach so einem Spiel gesagt: ‚Danke, das war’s jetzt…‘. Es hat mich verwundert, aber für Familien ist es natürlich auch eine Kostenfrage“, versucht Wurm, einen Erklärungsansatz zu finden.

Um trotzdem mehr Leute ins Stadion zu locken, setzen die Vikings verstärkt auf Social Media. Dort wird eine neue Strategie verfolgt. Mit Unterstützung von Video-Beiträgen, beispielsweise vom Trainingsbetrieb, soll die Verbindung zu den Fans gestärkt werden.

"Die ‚Like‘-Zahlen auf Facebook explodieren, wir haben uns in den letzten zwei Wochen auf 12.000 Fans gesteigert – für einen Amateurverein, aber Hallo!“, freut sich Wurm.

Erwartungen bleiben gemäßigt

Es wird auch Aufgabe der jungen Mannschaft sein, die Zuschauer entsprechend zu begeistern. Von Vereinsseite macht der Präsident den Spielern keinen Druck, schließlich könne man noch keine Konstanz erwarten: "Es wird tolle Spielzüge geben – und dann wieder welche, wo man sich denkt ‚um Gottes Willen, warum macht er denn das?‘.“

Die Verteidigung des Titels wird von ihm nicht eingefordert. "Vielleicht stehen wir am Ende der Saison mit leeren Händen da. Aber man kann auch ohne Ergebnisse mit der Leistung zufrieden sein. Wenn wir sehen, dass der Weg stimmt, auch wenn die Titel ausbleiben, dann werden wir dabei bleiben.“

Die Favoritenrolle liegt für Wurm diesmal bei den Swarco Raiders. Die Tiroler sind es auch, die zum Auftakt auf die Hohe Warte kommen. Somit wird schon das erste Spiel doppelt richtungsweisend.

Selbstbewusstsein bei den Spielern

Die Akteure selbst zeigen lieber mit Kampfansagen auf. "Wir haben fünf Monate hart gearbeitet, in der Kraftkammer Schweiß und Tränen vergossen und freuen uns darauf, gleich im ersten Spiel zu zeigen, wie der Hase rennt“, ist von Zurückhaltung bei Quarterback Alexander Thury wenig Spur.

Der 20-jährige Medizinstudent tritt die Nachfolge von Christoph Gross an, den er schon 2014 zeitweise vertrat.

Trotz seines jungen Alters genießt er das volle Vertrauen von Chris Calaycay: "Er kann die Rolle ausfüllen, keine Frage. Er ist kein Christoph Gross – aber das ist gut so. Er hat seine eigenen Stärken“, stärkt der Head Coach seinem neuen Leader den Rücken. "Christoph war ein Analytiker, Alex ist eher der Typ für einen ‚shoot from the hip‘.“

Aufgrund der vielen Umstellungen sei es kein Problem gewesen, das System für Thury zu ändern. Auch am Feld darf man sich daher von den Vikings ein neues Gesicht erwarten.

Prognosen für Spiel eins lassen sich dadurch aber kaum machen.

 

Johannes Bauer