„Ich trug immer die neuesten Jordan-Schuhe. Wir hatten nicht viel, aber meine Mutter kaufte sie mir, sobald sie rauskamen. Manchmal konnten wir unsere Miete deswegen nicht bezahlen“, erinnert sich der ehemalige Streetballer.

Rasch wurde Iverson zu einer lokalen Berühmtheit. In der Bethel High School war er der unumstrittene Star des Basketball-Teams und zudem Quarterback des Football-Teams.

Mit dem Gesetz in Konflikt

Dennoch geriet der junge Mann in Probleme. Nachdem er 1993 in einer Bowling-Halle in eine Schlägerei verwickelt war, wurde er festgenommen. Fünf Jahre Gefängnis standen im Raum, es wurden vier Monate in einer Besserungsanstalt für Jugendliche.

Der Fall wurde von den Medien aufgegriffen und sollte Iverson noch jahrelang verfolgen. Das Archiv macht es möglich.

Es sollte nicht das letzte Mal bleiben, dass der Basketballer mit dem Gesetz in Konflikt geriet. 1997 wurde er mit gemeinsam einem Freund von der Polizei wegen überhöhter Geschwindigkeit gestoppt.

Die Exekutiv-Beamten fanden in Iversons schwarzem Mercedes Marihuana und eine 9mm-Glock, die Pistole des NBA-Spielers, der keine Berechtigung hatte, eine solche bei sich zu tragen. Die Folge: Sozialdienst und monatliche Drogentests.

„Meine Helden tragen keine Anzüge“

Das gefiel den alten Herren, die in Anzug und Krawatte die Geschicke der NBA lenkten, freilich wenig. Für sie war Iverson schlichtweg ein „Gangster“. Einer, der der Popularität der Liga nur schaden konnte.

„Es gibt eine Regel im NBA-Handbuch, die es Spielern verbietet, Shorts unterhalb der Kniehöhe zu tragen“, argumentierte Stern. 25.000 Dollar Strafe für den Klub, 2.500 Dollar Strafe für den Spieler sollten ausgesprochen werden, wenn einer der Profis es wagte, seine Knie zu bedecken.

2005 ging die Liga sogar so weit, ihren Spielern vorzuschreiben, was sie bei Terminen abseits des Courts zu tragen hätten. Anzug und Krawatte. Den „Gangstern“ sollte endlich der Garaus gemacht werden.

Nicht zu Unrecht argumentierte Iverson mit der fatalen Botschaft, die damit an Jugendliche abgegeben werden würde. „Wer keinen Anzug trägt, ist kein guter Mensch?“ fragte er.

Umdenken auch in der NBA?

Mittlerweile ist der HipHop fest im Mainstream verankert, hat die us-amerikanische Pop-Kultur so gut wie übernommen.

Das macht sich auch in der NBA bemerkbar. Immerhin gab es mit Shawn Carter, besser bekannt als Jay-Z, sogar einen Klub-Eigentümer (Brooklyn Nets).

Die größte Basketball-Liga der Welt scheint verstanden zu haben, dass auch „bad news“ „good news“ sein können.

Und sie scheint verstanden zu haben, dass es keinen zweiten Michael Jordan geben wird.

Kobe Bryant – lange Zeit als Pendant zu Iverson vermarktet, als perfekter Schwiegersohn, als wohl erzogener, junger Millionär – konnte nicht in seine Fußstapfen treten. Auch weil sein positives Image unter einem, sich im Nachhinein als haltlos herausgestellten, Vergewaltigungs-Vorwurf gelitten hat.

Und Iverson hat sowieso viel zu viele Ecken und Kanten, um von einer breiten Masse geliebt zu werden. Im Alter von 38 Jahren hat er nun seinen Rücktritt erklärt.


Harald Prantl