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"Wer soll sie schlagen?"

Die Miami Heat „sind weit über dem Rest der NBA, sie haben keine ebenbürtigen Gegner“, meint Gail Goodrich.

LeBron James und Co. gewannen am Sonntag gegen die Toronto Raptors bereits ihr 22. Spiel in Serie. Erst ein Team in der Geschichte der NBA konnte mehr Siege in Folge feiern. Goodrich war zentraler Bestandteil der Lakers, die in der Saison 1971/72 sogar 33 Spiele en suite gewannen.

„Das ist die bislang ernsthafteste Herausforderung für unsere Siegesserie“, weiß der Hall of Famer. Auch der Head Coach des historischen Lakers-Teams, Bill Sharman, muss zugeben, dass ihn die Leistung der Heat inzwischen „ein bisschen nervös macht.“

Battiers Rede als Kick-Start

Startschuss für den Erfolgslauf soll eine Rede von Shane Battier gewesen sein. Der Small Forward ergriff das Wort, nachdem das Team zusammen die Super Bowl angeschaut hatte, und hinterließ bleibenden Eindruck.

Dwyane Wade erklärt: „Ich glaube, das Wichtigste war, die Super Bowl zusammen zu sehen und einmal nicht an Basketball zu denken. Wir haben einfach Spaß miteinander gehabt. Dann kam die berühmte Rede von Shane Battier und seither sind wir nicht zu stoppen.“

Was Battier sagte, dringt unterdessen nicht nach außen. „Man muss dabei gewesen sein“, hält sich Chris Bosh bedeckt. Das Team ist sich aber einig, dass die Worte des routinierten Forwards der Kick-Start für die Serie waren.

„Wer soll sie schlagen?“

Knapp zwei Wochen später konnte Battier, der bereits 2008 mit den Rockets 22 Spiele in Serie gewonnen hatte, seine Teamkollegen im 20-Siege-Klub willkommen heißen. „Es sind viele kleine Dinge. Wir haben einfach gelernt, wie man Spiele gewinnt – egal was uns entgegenschlägt“, erklärt Ray Allen.

Tatsächlich haben die Heat nicht in allen der 22 siegreichen Spiele restlos überzeugen können. Wenn es zählte, hatten sie aber immer die richtige Antwort parat. Da machte es auch nichts, dass MVP LeBron James gegen die Pacers nur 13 Punkte machte oder zwei Tage später nur drei seiner elf Würfe gegen die Hawks versenkte.

Am Ende standen dennoch zwei souveräne Siege, weil andere Spieler Verantwortung übernahmen und das Team trugen. Goodrich fragt deshalb völlig zu Recht: „Wer soll sie schlagen?“, und meint weiter: „Natürlich würde ich den Rekord gerne behalten, aber ich werde nicht gegen die Heat wetten.“

Pat Riley jagt den eigenen Rekord

Es gibt aber auch ein Mitglied der Lakers von 1971/72, das nichts dagegen hätte, wenn der Rekord nach 41 Jahren fallen würde: Pat Riley war vor vier Jahrzehnten der Backup-Guard von Goodrich und NBA-Logo Jerry West. Heute ist er der Präsident der Miami Heat.

Wie im US-Sport üblich, sprechen die Protagonisten selbst höchst ungern über ihre Glücksträne. Head Coach Erik Spoelstra stellt klar: „Pat (Riley, Anm.) und ich reden mehrmals täglich miteinander, aber nie über die Siegesserie.“ Auch sein Team soll der Meister-Trainer noch nicht auf den Erfolgslauf angesprochen haben.

Die Gegner sind es aus ganz anderen Gründen Leid, über die Serie der Heat zu reden. „Ich bin von nichts beeindruckt, was sie machen. Für mich geht es eher darum, was unser Team tut und wie wir als Mannschaft zusammenfinden“, gibt ein sichtlich genervter Jason Terry von den Boston Celtics zu Protokoll.

„Ich hoffe, dass sie jedes Spiel verlieren“

Auch sein Teamkollege Paul Pierce schlägt in die gleiche Kerbe: „Es ist mir egal. Ich hoffe, dass sie jedes Spiel der restlichen Saison verlieren. Ich denke nur daran, was unser Team tut.“

Heat-Star Dwyane Wade versteht diese Haltung: „Warum sollten sie wollen, dass wir gewinnen? Die anderen Mannschaften haben es natürlich satt ständig nur von uns zu hören. Ich würde mich genauso fühlen.“

Wenn das Team der Stunde in der Nacht auf Dienstag in Boston gastiert, könnten die Celtics das Gerede über die Serie der Heat selbst beenden. Für Shane Battier wäre das nichts Neues. Schon 2008 waren es Kevin Garnett und Co, die den Lauf seiner Houston Rockets nach 22 Siegen in Serie beendeten.

Celtics als „Streak-Buster“?

Dies geschah übrigens am 18. März – also auf den Tag genau fünf Jahre vor Miamis kommendem Gastspiel in Boston.

Zumindest Celtics-Head-Coach Doc Rivers hat vor dem brisanten Duell einige gute Worte für die Heat übrig: „So eine Serie ist aus mehreren Gründen schwierig. Als Titelverteidiger ist es noch schwieriger. Was sie unter diesen Bedingungen schaffen, ist ziemlich beeindruckend.“

Schließlich stimmt aber auch der 51-Jährige in den Chor seiner Spieler ein: „Es ist mir egal. Wir werden gegen sie spielen – ob sie nun eine Siegesserie haben oder von einer Niederlage kommen. Wir werden bereit seien und ich bin mir sicher: sie auch.“

 

Manuel Preusser