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"Wir werden die Burschen nicht bremsen"

Schreibt Österreichs Basketball am Mittwochabend ein kleines Stück Geschichte?

Um 20.20 Uhr (LIVE auf LAOLA1.tv) gastiert in der EM-Qualifikation Deutschland im voll besetzten Schwechater Multiversum (Restkarten auf www.ticketmaster.at).

Das DBB-Team steht nach der Auftaktniederlage in Polen unter Druck, die ÖBV-Truppe spitzt nach dem Sieg gegen Luxemburg (Video-Highlights) im Kampf um einen der ersten beiden Plätze auf eine Sensation.

Doch wie groß ist die Chance wirklich, dass aus Schwechat Cordoba wird, wie der Facebook-Hashtag des Nationalteams lautet (#schwechatwirdcordoba)?

Muss man den Hype bremsen oder ist Euphorie die einzige Chance? Wo liegen die Stärken und Schwächen des Gegners? Und warum kann Österreich - wie der Gegner, bei dem u.a. Dirk Nowitzki und Tibor Pleiß fehlen - nicht mit der stärksten Besetzung antreten?

Teamchef Werner Sallomon klärt im LAOLA1-Interview auf.

LAOLA1: Sind vor dem großen Schlager alle Spieler fit?

Werner Sallomon: Romed Vieider, der gegen Luxemburg in der Starting Five stand und gut gespielt hat, ist leider angeschlagen und fraglich. Romed ist heuer positiver aufgetreten und hat mehr an sich geglaubt. Wenn sein Wurf da ist, kann er schon mal drei, vier, fünf Dreier reinhauen. Sebastian Koch ist gegen Robin Benzing aufgrund seiner Größe eine gute Alternative auf der Small-Forward-Position, wir werden aber auch wieder eine kleinere Aufstellung sehen.

LAOLA1: Gerade auf den Positionen 3 und 4 fehlt Größe bzw. Tiefe.

Sallomon: Auf der Position 4/3 fehlt natürlich ein Richard Poiger, der ein Eckpfeiler in diesem Team ist, sehr. Er war immer dabei, hat lange überlegt, war heuer aber einfach zu ausgelaugt. David Hasenburger ist auf der Vier defensiv stark, hält körperlich dagegen, hat athletisch tolle Voraussetzungen und ist für Harris ein ganz gutes Matchup. David war in der Vorbereitung sehr gut und hat sich stabiler als Filip Krämer präsentiert.

LAOLA1: Neben Poiger fehlen weitere bekannte Namen wie Trmal, Lamesic usw.

Sallomon: Florian Trmal hat sich selbst aus der Diskussion genommen, Davor Lamesic wurde aus einem internen Grund nicht nominiert. Lorenzo O'Neal und Benni Danek haben abgesagt, weil sie Verletzungen auskurieren wollen. Besonders mit Lorenzo hätte ich sehr gerne gearbeitet, er hat eine super Saison gespielt und hätte und sicher geholfen. Die Ausfälle von Richard Poiger und Jakob Pöltl, der aufgrund von Verpflichtungen auf dem College nur eine Woche der Vorbereitung mitmachen hätte können, treffen uns natürlich am härtesten, weil wir auf den großen Positionen keine Breite haben.

LAOLA1: Italien-Legionär Benjamin Ortner war keine Option mehr?

Sallomon: Um Benjamin Ortner habe ich mich nochmals über die gesamte Saison hinweg intensiv bemüht, er wird aber wie immer seine Wehwehchen im Sommer auskurieren. Das Thema ist damit vom Tisch. Für Routiniers wie Armin Woschank, Martin Kohlmaier oder Matthias Mayer ist das Nationalteam kein Thema mehr. Solche gestandenen Spieler haben wir derzeit leider kaum im Team. Wir müssen uns auf die Jungen konzentrieren: Jozo Rados, Max Hopfgartner, Jakob Pöltl. Auch ein Rasid Mahalbasic ist ja mit 23 noch jung. Diese Mannschaft hat Zukunft, 2017 wäre maßgeschneidert für diese Gruppe.

LAOLA1: Welche Erkenntnisse hast du aus dem Video vom Spiel der Deutschen in Polen gewonnen?

Sallomon: Das Spiel war extrem körperbetont. Polen hat sehr massiv gespielt, so eine geballte Ladung an Power haben wir nicht. Dagegenzuhalten ist aber der einzige Weg, sonst wirst du erdrückt. Wir werden alles versuchen, um defensiv ähnlich hart ranzugehen. Die Polen haben offensiv dazu einige Einzelkämpfer, die Punkte aus dem Nichts machen können, wie zum Beispiel Waczynski. Das hat bei einem Endstand von 68:67 sehr viel ausgemacht, da die Deutschen sehr gut verteidigt haben.

Die Deutschen haben dafür in der Offense sicher Probleme. Bis auf Schaffartzik und Schröder hat niemand einen Dreier getroffen. Sie versuchen, den Ball oft inside zu Zirbes zu bekommen, wobei ich glaube, dass wir bei diesem Matchup mit Rasid Mahalbasic einen Vorteil haben könnten. Er muss nur aufpassen, dass er keine unnötigen Fouls begeht.

Deutschland ist auf den großen Positionen aber tief besetzt: Seiferth, Harris und Kleber haben gegen Polen wirklich stark gespielt, ein Spieler wie Theis zum Beispiel nur wenig. Dazu kommt mit Benzing ein 2,08 m großer Spieler auf der Small-Forward-Position, der sich auch aufposten kann und wird. Sie haben also eine Fülle an Möglichkeiten, wo sie uns überlegen sind - die Frage ist, was wir davon zulassen und was wir ihnen wegnehmen können.

Schröder und Schaffartzik sind von außen die Spiel bestimmenden Personen. Vor Schaffartzik habe ich den meisten Respekt, denn seine Entwicklung ist großartig. Er hat nicht die Anlagen eines Schröder, aber er ist ein beinharter Arbeiter. Unser Fokus in der Vorbereitung liegt zunächst einmal auf den beiden Point Guards, wobei natürlich auch andere Außenspieler wie Staiger heißlaufen können.

Nr. Spieler Verein Pos. Geb. Größe
5 Thomas Schreiner BC River Andorra/ESP G 1987 1,96
8 Enis Murati Swans Gmunden G/F 1988 1,94
14 Jozo Rados yourgoody Dukes Klosterneuburg C 1993 2,05
15 David Hasenburger magnofit Güssing Knights F/C 1990 2,06
20 Romed Vieider WBC Raiffeisen Wels G/F 1991 1,94
24 Rasid Mahalbasic zuletzt CEZ Nymburk/CZE C 1990 2,11
25 Jesse Seilern yourgoody dukes Klosterneuburg G/F 1990 1,91
34 Moritz Lanegger yourgoody dukes Klosterneuburg PG 1990 1,90
35 Sebastian Koch magnofit Güssing Knights F 1988 2,02
41 Maximilian Hopfgartner John Brown Uni/NAIA PF 1992 2,06
42 Thomas Klepeisz magnofit Güssing Knights PG 1991 1,88
43 Anton Maresch zuletzt Ford Burgos/ESP-2 SG 1991 1,91
Coach Werner Sallomon
Ass. Christopher O\'Shea

LAOLA1: In den beiden Testspielen vor zwei Jahren hatte der ÖBV gegen den DBB das Problem, gegen die starke Defense schwer in die Systeme zu kommen. Werden wir also auch Einzelaktionen brauchen wie Polen?

Sallomon: Der Ball muss natürlich oft inside zu Rasid gehen, dazu werden wir sicher Penetrations von unseren 1-gegen-1-Spielern wie Anton Maresch und Enis Murati benötigen, um gegen den Druck anzukommen.

LAOLA1: Dass die Niederlage Deutschlands in Polen mental eine Auswirkung haben könnte, ist klar. Hat sich nun aber auch die Konstellation in der Gruppe verändert? Polen galt ja eigentlich als unser direkter Konkurrent um den zweiten Platz.

Sallomon: Beide Teams hätten gewinnen können, Deutschland hat in den letzten Aktionen unglücklich agiert. Ich glaube weiterhin, dass Polen spielerisch nicht überragend ist. Die Frage wird auch gegen sie sein, ob wir die klare körperliche Unterlegenheit wettmachen können. Durch die Niederlage der Deutschen ist unser Spiel gegen sie schon richtungsweisend - mehr, als es davor war. Man hat gesehen, dass sie durchaus verwundbar sind. Dass bei uns alles stimmen muss, damit wir eine Sensation - auch gegen Polen - schaffen können, ist klar. Wir wollen versuchen, den Deutschen einen Kampf auf Biegen und Brechen zu liefern.

Nr. Spieler Verein Pos. Geb. Größe
7 Akeem Vargas Alba Berlin SG 1990 1,92
8 Heiko Schaffartzik FC Bayern München G 1984 1,83
9 Karsten Tadda Brose Baskets Bamberg SG 1988 1,90
10 Lucca Staiger FC Bayern München G/F 1988 1,96
12 Robin Benzing FC Bayern München SF 1989 2,08
13 Bastian Doreth Artland Dragons PG 1989 1,82
14 Andreas Seiferth Artland Dragons C 1989 2,09
15 Maik Zirbes Roter Stern Belgrad/SRB C 1990 2,07
20 Elias Harris Brose Baskets Bamberg F 1989 2,03
21 Daniel Theis Brose Baskets Bamberg PF/C 1992 2,04
22 Dennis Schröder Atlanta Hawks/NBA PG 1993 1,88
24 Maximilian Kleber Obradoiro Compostela/ESP PF 1992 2,07
25 Johannes Voigtmann Fraport Skyliners C 1992 2,09
Coach Emir Mutapcic
Ass. Arne Woltmann
Ass. Ralf Rehberger
Ass. Jeff Peterson

LAOLA1: Der Hype vor dem Spiel ist logischerweise groß. Muss man die Mannschaft vielleicht sogar bremsen?

Sallomon: Nein, wir werden die Burschen nicht bremsen. Unsere einzige Chance ist, dass wir uns wirklich in dieses Spiel hineinsteigern. Das kann natürlich so oder so ausgehen, aber als Underdog haben wir dahingehend einen Vorteil und Deutschland steht unter Druck. Es kann passieren, dass wir von Beginn an erdrückt werden, aber es kann genauso gut passieren, dass die Deutschen verunsichert sind und wir uns in einen Spielrausch steigern und alles aufgeht. Mit unserer Wurfstärke ist viel möglich, das haben wir streckenweise in der Vorbereitung und gegen Luxemburg gesehen. Wir müssen uns auf jeden Fall eine gewisse Lockerheit bewahren. Wenn wir herumkrampfen und zu viel nachdenken, dann haben sie uns genau dort, wo sie uns wollen. Wir müssen mit Selbstsicherheit in die Partie gehen, an uns glauben. Unser Ziel ist es, ein super Spiel zu spielen - das inkludiert auch die Chance zu gewinnen.

LAOLA1: Präsident Thaller hat prinzipiell nicht Unrecht damit, wenn er sagt, "es wäre an der Zeit", sich wieder einmal zu qualifizieren.

Sallomon: Den verpassten Gruppensieg in der ersten Qualifikationsrunde im Vorjahr habe ich auf meine Kappe genommen, auch wenn man nun mit dem Sieg der Schweiz gegen Russland gesehen hat, dass die Eidgenossen keine so schlechte Mannschaft haben. Das jetzige Team ist eines, mit dem es sich lohnt, weiterzuarbeiten. Es werden sich immer wieder Chancen bieten, die Qualifikation zu schaffen, aber für uns ist es und wird es immer schwierig sein. Um das grundlegend zu ändern, müssen wir die Basketball-Strukturen ändern. Es gibt noch immer viel zu wenige Aktive und zu wenige Vereine, wo gut genug gearbeitet wird.


Das Gespräch führte Hubert Schmidt