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"Zum Glück habe ich meine Superlizenz schon"

Pascal Wehrlein kann es nicht schnell genug gehen.

2013 war der damals 18-Jährige der jüngste Fahrer in der DTM, ein Jahr später der jüngste Sieger.

Seit vergangenen Oktober ist der Deutsche, nach erfolgreichen Testfahrten in Portugal, auch offizieller Ersatzfahrer beim Formel-1-Weltmeisterteam Mercedes.

Schritt für Schritt kommt Wehrlein, der im Betrieb seines Vaters eine Ausbildung zum Feinmechaniker absolvierte, seinem Traum näher: Einem Platz als Stammfahrer in der Königsklasse.

Dass man auch vonseiten der Verantwortlichen an seine Zukunft in der Formel 1 glaubt, belegt die Tatsache, dass er sich beim Test in Barcelona (19. bis 22. Februar) ursprünglich für das Mercedes-Kundenteam Force India hinters Steuer setzen sollte. Weil sich Lewis Hamilton zum Testauftakt aber "unwohl" fühlte, wurde Wehrlein kurzerhand zu Mercedes hochgezogen.

Gleichzeitig steht aber auch seine dritte DTM-Saison bevor. Wie Wehrlein beide Herausforderungen bestmöglich unter einen Hut bringen will, was er vom Punkteschlüssel für Nachwuchsfahrer hält und was er von der Konkurrenz erwartet, erzählt er im LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Das Vorjahr ist für dich hervorragend verlaufen. Wie willst du das in diesem Jahr toppen?

Pascal Wehrlein: Mit mehr Siegen und mehr Erfolgen. Man versucht einfach immer, sich zu verbessern. Speziell die zweite Saisonhälfte war sehr gut bei mir, da konnte ich meinen ersten DTM-Sieg einfahren und eine Formel-1-Testfahrt absolvieren, dann bin ich in Abu Dhabi noch einmal Formel 1 gefahren. Da ging es steil bergauf, daran will ich natürlich anknüpfen. Ich denke, mit einem Saisonsieg hat man auf jeden Fall noch Potenzial nach oben.

LAOLA1: Die Formel 1 und die DTM sind zwei sehr unterschiedliche Rennserien. Wie groß wird die Herausforderung in diesem Jahr für dich, beides optimal unter einen Hut zu bringen? 

Wehrlein: Es war auch im letzten Jahr schon eine große Herausforderung mit dieser Doppelbelastung. Ich bin seit vergangenen Jänner im Formel-1-Simulator gesessen und war fast jede Woche in England. Dann war ich bei einigen Rennen dabei und bin meine DTM-Saison gefahren. Es war auf jeden Fall sehr viel im letzten Jahr, aber ich habe keine Probleme damit. Es macht mir Spaß und ich habe das Ziel, eines Tages Formel 1 zu fahren, will aber auch in der DTM die bestmögliche Leistung bringen. Und man hat am Lausitzring mit meinem Sieg gesehen, dass ich da nicht locker lasse.

LAOLA1: Toto Wolff hat einmal gemeint, dass die DTM sogar die bessere Vorbereitung für einen zukünftigen Formel-1-Piloten wäre, als manche Formel-Serie. Du hast zum Beispiel auch die Formel-3-Euroserie kennengelernt. Hat Wolff mit seiner Aussage Recht?

Am Lausitzring fuhr Wehrlein zu seinem 1. DTM-Sieg

LAOLA1: In der DTM gab es aber - ähnlich wie in der Formel 1 - in der letzten Saison auch vermehrt Kritik am Reglement. Wie versucht man, diesen Problemen auch mit Hilfe der Fahrer beizukommen?

Wehrlein: In der Fahrer-Gewerkschaft werden Ideen gesammelt und den Verantwortlichen mitgeteilt. Wir haben gemerkt, dass die DTM in manchen Punkten kritisiert wird. Vor allem, dass wir nur samstags und sonntags gefahren sind. So kurze Wochenenden sind komisch für uns Fahrer. Eigentlich fangen die Rennwochenenden immer donnerstags an, jetzt hatten wir an Freitagen aber nicht wirklich viel zu tun. Auch für die Zuschauer, die schon früher angereist sind, war das nicht optimal. Dann gab es auch Kritik an den Options-Reifen oder den DRS-Regeln und den Strafen. Da müssen wir versuchen, dass das Reglement für die Fans wieder verständlicher wird. Das ist im Endeffekt aber nicht mein Aufgabenbereich. Wir Fahrer geben einfach unser Feedback und schlagen vor, was man verbessern könnte und was die DTM spannender machen würde.

LAOLA1: Fakt ist, dass es heuer zwei Rennen pro Wochenende geben wird. Eine Entscheidung, die vonseiten der Fahrer wohl sehr begrüßt wird.

Wehrlein: Ja, das ist eine sehr gute Entscheidung. Wir wollen so viel wie möglich fahren und zehn Saisonrennen waren im letzten Jahren zwar nicht wenig, aber auch nicht so viel, dass man zu viel bekommen hat. 18 Saisonrennen sind auf jeden Fall eine deutliche Steigerung.

Wehrlein: Es gibt eigentlich zwei Wege, um in die Formel 1 zu kommen. Entweder über die Formel 3 und die GP2 oder über die Formel 3 und die DTM. Das ist schwierig, zu entscheiden. Für mich war es einfach wichtig, weiterhin die Verbindung zu Mercedes zu haben, deswegen bin ich auch diesen Schritt gegangen. Ich denke, dass man auf jeden Fall Formel 3 fahren muss. Ob man danach in die GP2 oder die DTM wechselt, liegt an der Situation. Es kommt darauf an, ob man - so wie ich - Mercedes im Hintergrund hat oder alleine da steht, beziehungsweise das Budget für die GP2 überhaupt aufbringen kann. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Die DTM ist auf jeden Fall eine sehr professionelle Serie und mit Mercedes habe ich für mich den richtigen Schritt gewählt.

LAOLA1: Neben dir haben zuletzt auch andere junge Fahrer die DTM für sich entdeckt und sind ebenfalls erfolgreich. Man kann schon von einem Generations-Wechsel sprechen, oder?

Wehrlein: Auf jeden Fall. Die Serie ist deutlich jünger geworden. 2013 war ich mit 18 Jahren der jüngste Fahrer und in dieser Saison hatte Mercedes den jüngsten Kader mit einem Durchschnittsalter von 23 oder 24 Jahren. Man sieht, dass der Trend zu immer jüngeren Fahrern geht. Das ist auch in der Formel 1 der Fall. Ich denke, dass wir jungen Fahrer eine so gute Ausbildung bekommen, dass wir auch sehr früh auf weitere Aufgaben vorbereitet sind.

LAOLA1: Auch in der Formel 1 wird sehr viel über das Regulativ gesprochen, sowohl das sportliche als auch das technische. Wie sehr beschäftigen dich diese Debatten?

Wehrlein: Bislang nicht so sehr. Wir bringen den Simulator immer auf den neuesten Stand und versuchen, mit dem Reglement mitzugehen. Meine Aufgabe im Simulator ist, den Ingenieuren das bestmögliche Feedback zu geben und immer so schnell zu fahren wie möglich.

STECKBRIEF   
Geboren am
  1. Oktober 1994<
Geboren in
Sigmaringen (D)
Größe/Gewicht
1,75m/61kg
Karriere
Kartsport (2004-2008), ADAC Kart Masters (2009/Platz 5)
 
DMV Kart-Meisterschaft (2009/Platz 1), ADAC Formel Masters (2010/Platz 6.)
 
ADAC Formel Masters (2011/Platz 1), FIA F3 Macau GP (2012/Platz 4)
  FIA Formel-3-EM (2012/Platz 4), F3 Euroserie (2012/Platz 2), DTM (seit 2013) 
Internet www.pascal-wehrlein.de

LAOLA1: Eine sportliche Regel hätte auch dich betroffen, wenn sie schon heuer eingeführt worden wäre. Es geht um die Vergabe der Superlizenz, für die man eine gewisse Punkteanzahl erreichen muss. Eine sinnvolle Lösung?

Wehrlein: Das ist schwer zu sagen. Mit der aktuellen Regelung würden DTM-Piloten gar keine Superlizenz bekommen, wenn sie davor nicht irgendwelche Formel-Serien gefahren sind, soweit ich weiß. Zu junge Fahrer in der Formel 1 sind vielleicht auch nicht gut, bei manchen Serien wäre es aber gut, sie auch in diese Punkteregelung miteinzubeziehen. Zum Glück habe ich meine Superlizenz schon und muss mich nicht damit beschäftigen.

LAOLA1: Die neue Saison wird bereits mit Spannung erwartet. Die Konkurrenz von Mercedes will natürlich eure Dominanz brechen. Hast du ein gutes Gefühl, dass ihr weiterhin die unangefochtene Nummer eins bleiben werdet?

Wehrlein: Wir tun unser Bestes, dass wir weiterhin die Nummer eins sind, aber man weiß nie, wie sich die anderen Teams im Winter entwickeln und wie groß ihr Schritt nach vorne ist. Wir versuchen für uns, das Beste zu geben. In Melbourne sehen wir dann, ob das auch gereicht hat.

LAOLA1: Nach der Motor-Revolution im letzten Jahr haben die Teams - abgesehen von McLaren-Honda - nun Erfahrung mit dem Antrieb gesammelt. Glaubst du, dass es die Konkurrenz dadurch leichter hat, euch näher zu kommen?

Wehrlein: Ich denke schon. Das Reglement für den V6-Turbomotor ist ziemlich kompliziert und man hat über die Saison gesehen, dass viele Teams einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Wenn man sich daran erinnert, dass Red Bull kaum Kilometer beim Wintertest gefahren ist und dann gesehen hat, wie sie sich über die Saison verbessert haben, sieht man, dass es da großes Potenzial gibt. Man wird sehen, wieviel Zeit die Rennställe noch aus jenen Bauteilen, an denen man arbeiten darf, herauskriegen.

LAOLA1: Welche Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr stellst du jetzt bereits fest?

Wehrlein: Die Reifen haben sich geändert, speziell die Hinterreifen. Da hat man ein bisschen ein anderes Fahrgefühl dadurch. Ansonsten ist das noch nicht absehbar. Wir sind derzeit noch drauf und dran, das Auto zu verbessern.

LAOLA1: Dein persönliches Ziel Stammfahrer in der Formel 1 ist klar definiert. Kann es schon im nächsten Jahr soweit sein?

Wehrlein: Darauf hoffe ich natürlich. Man muss sehen, was dann die besten Optionen sind. Bei Mercedes hat man viele Möglichkeiten, das habe ich schon in der Formel 3 gemerkt, in der ich unterstützt worden bin. Da hatte ich schon ein gutes Gefühl und das habe ich weiterhin.

 

Das Interview führte Andreas Terler