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Rosberg: "Lewis hat ein bisschen Nerven gezeigt"

Rosberg:

Solange die Chance besteht, wird Nico Rosberg den Traum vom WM-Titel nicht begraben.

Am Samstag hat der Deutsche mit dem Erreichen der Pole Position alles richtig gemacht und den Druck auf Lewis Hamilton so gut erhöht, wie es ihm möglich war.

"Die Stimmung ist intensiv, das ist wohl das beste Wort", beschreibt der Herausforderer die teaminterne Lage bei Mercedes.

Für Hamilton lief es im Qualifying nicht nach Plan. Zeigen die Nadelstiche seines Kontrahenten etwa Wirkung? Noch hat er alle Trümpfe in der Hand.

Welche Faktoren beim "Abu Double 2014" entscheidend sein werden, sei hier aufgeschlüsselt:

Wenn man im Rückstand liegt, muss man alle Register ziehen. Das hat Nico Rosberg erkannt und versucht seit Beginn des Rennwochenendes, seinen Rivalen zu verunsichern. "Er hat alles zu verlieren, ich habe alles zu gewinnen", lautete die erste Kampfansage am Freitag. Zumindest ein wenig scheinen die Sticheleien Früchte zu tragen. Hamilton wirkt bislang angespannt, auch wenn er es selbst natürlich nicht zugeben will. "Ich fühle keinen Druck. Ich bin seit fast 20 Jahren in solchen Situationen. Ich habe genug Erfahrung", stellt der Brite klar. Im Qualifying hat sich Rosberg die bestmögliche Ausgangsposition geschaffen. Danach fielen die Statements von Hamilton in der Pressekonferenz ziemlich knapp aus, während Rosbergs Gesicht ein breites Lächeln zierte. Dem Herausforderer ist also in punkto Psychospielchen schwer etwas vorzumachen und er weiß, dass sich sein Stallkollege in dieser Saison schon den einen oder anderen Fehler erlaubt hat. "Lewis hat heute ein bisschen Nerven gezeigt", meinte Rosberg nach der Quali. Hamilton spielt die eigene Fehlersuche aber herunter: "Ich habe das Jahr hindurch sehr wenige Fehler gemacht und bin daher auch nicht besorgt."

Sollte ein technisches Gebrechen den WM-Kampf entscheiden, wäre das Horror-Szenario für die Teamverantwortlichen bei Mercedes perfekt. Umso bemühter war man in Abu Dhabi, die zuverlässigsten Teile am Auto zu haben. "Wir wollen das sicherstellen, indem alle Teile für Abu Dhabi doppelt gecheckt werden und nur Komponenten mit wenig Laufleistung aufs Auto kommen", erklärte Motorsportchef Toto Wolff vor dem finalen Wochenende. Bisher klappt das ganz gut. Am Samstag musste lediglich bei Rosberg vor dem Qualifying der Unterboden ausgetauscht werden, da er ihn sich im 3. Training kaputt fuhr. Große Beschwerden über technische Probleme waren von beiden Fahrern nach der Quali nicht zu hören. Es kann aber auch plötzlich gehen. So wie in Singapur, als sich bei Rosberg schon am Weg in die Startaufstellung ein Schalt-Defekt ankündigte. Über das Jahr gesehen wurde Hamilton öfter vom Pech verfolgt. Wie es diesmal aussehen wird, ist völlig offen. Sollte der Technikteufel am Ende aber Rosberg helfen, wird es bestimmt nicht lange dauern, bis von manchen Seiten eine Verschwörung gewittert wird. Dann würde es richtig ungemütlich für die Silber-Crew werden.

Nicht nur die Technik könnte eine wichtige Rolle spielen, auch die anderen Teams könnten noch entscheidend in den Titelkampf eingreifen. Die Frage wird aber sein, wie nahe sie den beiden überhaupt kommen. Zwischendurch sah es im Qualifying für Williams gar nicht schlecht aus. Valtteri Bottas bleibt aber realistisch. "Mercedes hat im Rennen ein paar Vorteile mehr als am Samstag. Es wird schwierig, sie zu schlagen. Deshalb bleibt es unser Ziel, einfach so weit wie möglich nach vorne in die Punkte zu fahren", meint der Finne. Rosberg darf also hoffen - und er hat Bottas auch schmackhaft gemacht, Hilfe zu leisten: "Ich habe Valtteri einen Wellness-Abend angeboten, damit er total entspannt ins Rennen geht", scherzte der Wiesbadener. Er glaubt, dass ein guter Start von Bottas entscheidend sein könnte: "Es ist hier megaschwer zu überholen, speziell einen Williams."

Hamilton ist Weltmeister wenn... Rosberg ist Weltmeister wenn...
er in Abu Dhabi gewinnt oder 2. wird er gewinnt und Hamilton höchstens 3. wird
er vor Rosberg ins Ziel kommt er 2. wird und Hamilton höchstens 6.
er nicht ins Ziel kommt & Rosberg höchstens 6. wird er 3. wird und Hamilton höchstens 7.
  er 4. wird und Hamilton höchstens 9.
  er 5. wird und Hamilton höchstens 10.



Das persönliche Umfeld ist gerade in einer derartigen Stress-Situation sehr wichtig. Lewis Hamilton hat dazu meist drei Personen - Vater Anthony, Bruder Nicolas und Freundin Nicole Scherzinger - sowie seinen Hund Roscoe zur Unterstützung mit an der Strecke. Nicht jedoch an diesem Wochenende. "Es sind einige Freunde und Cousins auf der Tribüne", so der Brite, der ausgerechnet beim finalen Showdown auf die wichtigen Stützen verzichtet. "Im Fahrerlager ist ein sehr guter Freund von mir dabei. Ansonsten sind keine weiteren Familienmitglieder hier." Scherzinger zeigte sich heuer - im Gegensatz zu früher - nur selten in der Öffentlichkeit und auch die Zusammenarbeit mit Papa Anthony soll nicht mehr ganz so eng sein wie früher. Entgegengesetzte Situation bei Verfolger Nico Rosberg: Der Deutsche hat sowohl seine Frau Vivian als auch eine Menge Freunde mitgebracht, um dem Druck standzuhalten und seine Chance, dem Teamkollegen den Titel eventuell noch streitig zumachen, zu nutzen. Mutter Sina und Vater Keke, der 1982 mit nur einem Sieg Weltmeister wurde, sind nicht nach Abu Dhabi gereist. "Meine Familie schaut zu Hause am Fernseher zu. Für sie ist das nervenzerreißend". Aus der Gewissheit, dass sie ihm die Daumen drücken, schöpft er Kraft. "Es ist schön zu wissen, dass sie mich unterstützen. Auch mein Vater hat mir geschrieben. Wir haben auch viel diskutiert und er hat mir einige Tipps für das Wochenende gegeben. Ich versuche das umzusetzen, von dem ich glaube, dass es mir helfen könnte."

 

Andreas Terler / Henriette Werner