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"Beide sind mental stark, es gibt keine Vorteile"

Lewis Hamilton steuert souverän in Richtung WM-Titel, aber Nico Rosberg hat trotz seines beträchtlichen Rückstands noch längst nicht resigniert.

Der deutsche Verfolger hofft, beim Großen Preis von Brasilien die beeindruckende Siegesserie seines Mercedes-Stallrivalen stoppen und im WM-Rennen wieder die Wende einleiten zu können.

"Ich versuche, die Pole zu holen und zu gewinnen. Das ist alles", sagte Rosberg vor dem vorletzten Formel-1-Saisonlauf am kommenden Sonntag (17.00 MEZ) in Sao Paulo. "Es kann sich noch komplett drehen."

Hamilton strotzt indes vor Selbstbewusstsein und strebt seinen sechsten Sieg in Folge an: "Ich will auch in Brasilien gewinnen."

Entscheidung im letzten Rennen

Rosbergs Zuversicht nach zuletzt zahlreichen Rückschlägen basiert auch auf der Tatsache, dass die Titelentscheidung völlig unabhängig vom Rennausgang definitiv erst beim Finale am 23. November fallen kann.

Insofern ist das Kalkül von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone aufgegangen, in Abu Dhabi erstmals die doppelten Punktezahlen zu vergeben und so für künstliche Spannung zu sorgen.

Selbst wenn Rosberg im Autodromo Jose Carlos Pace ohne Punkte bleiben und Hamilton gewinnen sollte, könnte er bei einem Sieg in Abu Dhabi den Briten noch überflügeln, sofern dieser in der Wüste leer ausgehen sollte. "Es ist super, dass ich einen letzten Schuss im WM-Kampf habe - trotz meines Rückstands", sagte Rosberg.

Vor dem Samba-Grand-Prix liegt Rosberg (292) 24 Punkte hinter Hamilton (316). Weil der in Monaco lebende Deutsche im Vergleich der Saisonsiege unaufholbar zurückliegt (4:10), muss er am Ende mindestens einen Zähler mehr aufweisen, um erstmals Weltmeister werden zu können. Hamilton reicht auch ein Gleichstand für seinen zweiten Titel-Triumph nach 2008.

 

Belgien als Wendepunkt

Abgesehen vom beruhigenden Vorsprung sprechen für Hamilton seine bestechende Form, Coolness und absolute Fokussierung auf das große Ziel.

Nach einigen Wechseln in der WM-Führung beherrscht der 29-Jährige seit dem ominösen Grand Prix von Belgien wieder das Geschehen. In Spa-Francorchamps hatte ihm Rosberg bei einer riskanten und von den Teamverantwortlichen verurteilten Attacke früh einen Hinterreifen aufgeschlitzt - Hamilton gab später völlig frustriert und chancenlos auf.

Wegen der "Schlitz-Affäre" war der Hauskrach zwischen den beiden Streithähnen weiter eskaliert. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff und Team-Aufsichtsrat Niki Lauda mussten schlichten. Hamilton hat diesen Nervenkrieg offensichtlich besser verkraftet als sein Kontrahent, er scheint ihn sogar stärker gemacht zu haben.

Nach Belgien lag er noch 29 Punkte hinter Rosberg, aber dank seither fünf Siegen in Serie kippte Hamilton das Kräfteverhältnis komplett. Durch seine Perfektion und Dominanz ist er inzwischen auch klarer Titelfavorit.

"Beide sind mental stark"

Dementsprechend selbstbewusst, aber keinesfalls überheblich geht Hamilton die beiden abschließenden und entscheidenden Rennen an.

"Bis jetzt bin ich keine unnötigen Risiken eingegangen. Ich habe immer gemacht, was ich tun musste, um es am sichersten und saubersten zu machen", betonte er mit einem verbalen Seitenhieb auf den Teamkollegen.

Sein 24-Punkte-Polster ändere "nicht wirklich" etwas. "Das gilt auch für Nico, wir jagen beide diese Punkte", versicherte der Spitzenreiter.

Wolff beurteilte - schon aus Neutralitätsgründen und um des inneren Friedens willens - das Duell als offen: "Beide sind mental so stark und es gibt keine psychologischen Vorteile." Für seinen österreichischen Landsmann Lauda hat Hamilton einen klaren Vorteil: "Lewis ist in Top-Form. Dann ist es leichter, als von hinten anzugreifen."