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Wenn der Vogel fliegt und das Klopapier fehlt

Wenn der Vogel fliegt und das Klopapier fehlt

Seit dem packenden Grand Prix von Malaysia mit dem umstrittenen Überholmanöver von Sebastian Vettel ist das Thema Stallorder wieder in aller Munde.

Der Weltmeister geriet in die Kritik, das Team ebenso. Nun wurde reagiert, Motorsportbeauftragter Helmut Marko sprach ein Machtwort und erklärte, künftig würde es keine Stallorder mehr geben.

Aus Sicht der Fans die richtige Entscheidung. Rein sportlich gesehen könnte es für die "Bullen" auch negative Folgen haben. Freie Fahrt für beide erhöht das Crash-Risiko. Beim stärksten Team der letzten Jahre wäre es nicht das erste Mal, dass Vettel und Mark Webber aneinander geraten.

Vettel zeigt Webber den Vogel

Schon seit 2010 ist die Stimmung zwischen den Red-Bull-Teamkollegen angespannt. Beim Türkei-GP Vettel drängten sich die beiden von der Strecke ab, Vettel schied aus und zeigte Webber, der Dritter wurde, den Vogel.

In Silverstone gewann Webber 2010 und sagte im Ziel provozierend: “Nicht schlecht für einen Nummer-zwei-Fahrer." Ähnlich wie Vettel in Malaysia ignorierte auch Webber schon einmal eine Stallorder: 2011 versuchte er am selben Ort, Vettel trotz anders lautender Ansage zu überholen. "Ich habe das ignoriert", erklärte Webber damals, obwohl er mehrere Funksprüche bekommen hatte, Vettel nicht zu attackieren.

Das Duell der beiden "Bullen" ist aber längst nicht das härteste, das die Formel 1 zu Gesicht bekam. LAOLA1 begab sich auf Zeitreise und hat die größten Stallduelle zusammengefasst:

„Die schwarze Stunde der Formel 1“

Die beiden Ferrari-Piloten Wolfgang Graf Berghe von Trips (GER) und Phil Hill (USA) lieferten sich 1961 ein knallhartes Duell um die WM-Krone. Zu dieser Zeit waren die Fahrzeuge noch nicht annähernd so sicher wie heute, weshalb man sie auch als „Mittelalter“ der Formel 1 bezeichnet. Nicht selten nahmen Rennen einen tödlichen Ausgang.

Vor der Saison sollen Trips und Hill von Enzo Ferrari eine Hierarchie verlangt haben: "Bestimme, wer von uns Weltmeister werden soll! Wir bringen uns sonst gegenseitig um." Doch der Teamboss schwieg zu diesem Thema und so nahm das Unglück seinen Lauf.

Kollision zwischen Senna und Prost 1989

Zwei wie Tag und Nacht

Als legendär gilt die Fehde bei McLaren zwischen Ayrton Senna und Alain Prost. Die beiden konnten sich nicht ausstehen - wohl auch deshalb, weil sie gänzlich unterschiedliche Persönlichkeiten waren.

Der Brasilianer Senna war ein Gefühlsmensch, während sein französischer Teamrivale als Kopfmensch galt, der zuweilen höchst berechnend zu Werke ging. 1989 stand das vorletzte Rennen in Japan auf dem Programm, Prost lag in der WM wie auch im Grand Prix vor Senna in Front.

Während die Konkurrenz einmal mehr chancenlos war, wollte Senna nichts unversucht lassen, um die kleine Chance auf den Titel zu wahren. So griff er Prost an, der mit allem, was er hatte, dagegenhielt.

Eine Kollision war die Folge. Für den Franzosen bedeutete sie das Aus, Senna blieb im Rennen, musste an die Box und gewann am Ende. Gebracht hat es ihm wenig, er wurde später disqualifiziert - die Titelentscheidung war gefallen.

Im Jahr darauf - Prost stand mittlerweile bei Ferrari unter Vertrag - das umgekehrte Bild. Wieder in Japan, diesmal Senna als Leader. Prost und der Südamerikaner crashten erneut. Beide flogen raus, die WM-Krone setzte sich diesmal "The Magic" auf.

Am 10. September 1961 startete der 33-jährige Trips beim Großen Preis von Italien zum ersten Mal von der Pole Position.

Er war auf dem Weg zum ersten Weltmeistertitel eines Deutschen. Mit vier Punkten Guthaben auf Hill wollte er diesem im vorletzten Rennen weitere Zähler abnehmen, um die Entscheidung herbeizuführen.

Doch nach einem schlechten Start verlor der Deutsche einige Positionen. Als er Jim Clark überholte, scherte er zu früh wieder ein, so dass sich sein Hinterrad mit dem Vorderrad des Lotus-Boliden verhakte.

Die dramatische Kollision forderte viele Opfer: Trips war auf der Stelle tot, 15 Zuschauer, die direkt hinter dem Zaun an der Rennstrecke standen, starben ebenfalls, 60 weitere wurden verletzt. Der tragische Unfall gilt als "schwarze Stunde der Formel 1". Den Titel gewann am Ende Hill mit einem Punkt Vorsprung auf Trips.

Villeneuve in seinem Ferrari 1982

Das letzte Wort war gesprochen

Ferrari konstruierte 1982 ein höchst konkurrenzfähiges Auto, in dem sich Gilles Villeneuve und Didier Pironi WM-Hoffnungen machten. Beim GP von San Marino lag der Kanadier klar in Front, als die Anweisung kam, Sprit zu sparen.

Villeneuve nahm den Fuß leicht vom Gas und dachte sich nicht viel, als sein französischer Teamkollege immer näher kam und ihn schließlich passierte. Ein Gag, war der erste Gedanke Villeneuves. Pironi hätte wohl bloß die Absicht, die Zuschauer zu unterhalten.

Der Vater des späteren Weltmeisters Jacques wollte kein Spielverderber sein, erhöhte seinerseits wieder das Tempo und ging wieder in Führung. Doch kurz vor dem Ziel der Schock: Pironi griff in der letzten Kurve erneut an und raste zum Sieg.

Außer sich vor Wut fühlte sich Villeneuve verraten. Er schwor, nie wieder ein Wort mit seinem Teamkollegen zu sprechen. Tragischerweise hielt er sich wohl daran, denn bereits im Rahmen des nächsten GPs in Belgien verunglückte der 32-Jährige im Qualifying tödlich.

Auch für Pironi, der Vize-Weltmeister wurde, war es die letzte Saison in der Formel 1. 1987 kam er bei einem Motorbootrennen ums Leben. Wenige Wochen später brachte seine Freundin Catherine zwei Söhne zur Welt. Ihre Namen: Didier und Gilles.

Alonso hält Hamilton in der Box auf

Wenn sich zwei streiten...

Fernando Alonso kam mit der Reputation eines zweifachen Weltmeisters 2007 zu McLaren. Der Titelverteidiger suchte eine neue Herausforderung, weshalb er Renault verließ. An seiner Seite ein Rookie: Lewis Hamilton.

Während der Spanier davon ausging, die klare Nummer eins im Team zu sein, ließ dieses beide ohne Stallorder fahren. Womit nicht zu rechnen war: Hamilton war dem vermeintlich Besten der Welt zumindest ebenbürtig.

Der Brite beherrschte die Schlagzeilen und sorgte als "Tiger Woods der Formel 1" für Furore. Alonso traute seinen Augen nicht, die von McLaren ausgegebene "Fahrt euch das auf der Strecke aus"-Taktik schmeckte ihm nicht.

Die Spannung zwischen den Piloten übertrug sich auf den gesamten Rennstall, der bald in zwei Lager gespalten war. Tiefpunkt: Das Qualifying in Ungarn. Alonso kam an die Box, Hamilton nur wenige Sekunden später auch.

Obwohl der Spanier längst abgefertigt war, blieb er einfach stehen, damit der nachfolgende Shootingstar keine schnelle Runde mehr drehen konnte. Die FIA reagierte mit einer Strafversetzung (fünf Plätze zurück), Hamilton gewann schließlich das Rennen. Der Zweikampf ging aber auch an ihm nicht spurlos vorüber.

Trotz eines überlegenen Autos gingen beide leer aus und landeten auf den WM-Rängen zwei und drei. Kimi Räikkönen erwies sich als lachender Dritter und staubte für Ferrari den WM-Sieg ab. Alonso verließ McLaren nach nur einer Saison fluchtartig wieder.

Kein Klopapier in Sicht

Zwei, die sich partout nicht leiden konnten, waren Nelson Piquet und Nigel Mansell. Der Brasilianer schimpfte über seinen Williams-Teamkollegen, sobald sich eine passende Gelegenheit ergab.

Stets monierte er, die ganze Entwicklungsarbeit würde an ihm hängen bleiben, weil Mansell schlicht und einfach unfähig wäre. Auch Beleidigungen weit unter der Gürtellinie gehörten zu seinem Repertoire. Beispiel gefällig?

Piquet ließ seinem Rivalen ausrichten: "Wenn ich so eine hässliche Frau hätte wie Mansell, würde ich jeden Tag einen Grand Prix fahren, um nur ja nicht nach Hause zu müssen."

Schon eher lustig mutet ein Streich an, den er ihm spielte. Piquet packte sämtliches Klopapier zusammen und versteckte es, als er Wind davon bekam, dass Mansell Durchfall hatte.

Auf der Strecke hingegen schien es, als hätte Mansell leichte Vorteile. Tatsächlich war er einen Tick schneller, zugleich aber auch unkonstanter und unvorsichtiger. 1986 war er auf Titelkurs, doch die nervenaufreibende Teamproblematik kostete ihn diesen.

Ausgerechnet im letzten Rennen hatte der Brite einen Reifenplatzer - Alain Prost nutzte die Gunst der Stunde und triumphierte. Auch im Jahr darauf musste Mansell mit Platz zwei vorlieb nehmen - diesmal hinter Piquet, dem die Schadenfreude ins Gesicht geschrieben war. Erst viele Jahre später versöhnten sich die beiden.

 

Henriette Werner/Christoph Nister

 

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