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Was von 2014 übrig bleibt

Was von 2014 übrig bleibt

Die Formel-1-Saison 2014 sorgte für einige Überraschungen: Wer hätte beispielsweise geglaubt, dass Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel kein einziges Rennen gewinnt?

Oder, dass Mercedes eine derartige Überlegenheit mit 16 Rennsiegen an den Tag legt?

Die umstrittene doppelte Punkteregelung beim Finale änderte glücklicherweise nichts am Ausgang der Weltmeisterschaft, dennoch sorgten die Regeländerungen für einige Aufreger.

Österreich feierte ein fulminantes Comeback im Rennkalender und leider wurde die Saison auch von einem schweren Unfall überschattet.

LAOLA1 mit den HIGHLIGHTS und LOWLIGHTS des Formel-1-Jahres:

DIE HIGHLIGHTS

DER WM-KAMPF

Das Finale hätte zwar durchaus mehr Spannung vertragen, aber zwischendurch war das Titel-Duell zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg nicht von schlechten Eltern. Natürlich wäre es im Sinne des Sports schöner gewesen, wenn mehrere Teams um den Titel gerittert hätten, aber was die beiden ziemlich unterschiedlichen Fahrer aus der Saison gemacht haben, verdient Respekt und Anerkennung. Hamilton und Rosberg brachten die Verantwortlichen des Öfteren ins Schwitzen. In Bahrain lieferte man sich ein Duell auf Biegen und Brechen, dann folgte die Eiszeit aufgrund des umstrittenen Quali-Manövers des Deutschen in Monaco. Schließlich eskalierte die Situation beim Crash in Spa. Danach entschuldigte sich Rosberg und fand erst beim Saisonende wieder zu alter Stärke zurück. Da war es aber zu spät. Allles in allem handelte es sich phasenweise um Top-Unterhaltung aus dem Hause Mercedes. Hoffentlich mischen sich nächstes Jahr auch wieder andere Teams in den Kampf um die Krone ein.

DAS SPIELBERG-COMEBACK

Der Grand Prix von Österreich setzte einen angenehmen Kontrapunkt in die viel zu künstliche Welt der Formel 1. Was sich in der Naturarena in Spielberg zutrug, war perfekt geplante Unterhaltung - so, wie man es zumeist aus dem Hause Red Bull gewohnt ist. Knapp 100.000 Fans schwenkten am Rennsonntag ihre Fahnen, erlebten aber nicht den - vorsichtig formuliert - allerspannendsten Grand Prix. Überhaupt lässt das Strecken-Layout, das seit 2003 unverändert ist, wohl nicht die packendste Rennaction zu. Dafür ist die Piste von allen Zuschauer-Plätzen gut einsehbar. Was bleibt, sind sehr zufriedene Veranstalter, Fans und Teams. F1-Boss Bernie Ecclestone sprach vom "charmantesten Rennen im Kalender", was auch am sehr traditionell gestalteten Wochenende lag. Es wurde wirklich nichts ausgelassen - von den in Trachten gekleideten Formula Unas bis hin zur von Schlager-Barden Andreas Gabalier bewusst nach altem Stil interpretierten Bundeshyme. Das alles war bestimmt nicht jedermanns Sache, kam bei der breiten Masse aber sehr gut an.

DANIEL RICCIARDO

Der Australier ist DIE Entdeckung des Jahres: Wer hätte vor der Saison gedacht, dass Ricciardo seinen Teamkollegen und vierfachen Weltmeister Sebastian Vettel derart überflügeln würde? Drei Siege – in Kanada, Ungarn und Belgien – hat der 25-Jährige nach dieser Saison auf dem Konto, insgesamt acht Mal durfte er das Podest erklimmen. "Es war eine ziemlich perfekte Saison - so perfekt sie eben ohne einen Weltmeistertitel sein kann, deshalb gibt es keine wirklichen Beschwerden", sagte Ricciardo, der in seinem ersten Jahr bei Red Bull als einziger Fahrer neben dem Mercedes-Duo Erfolge feiern konnte. Nur in drei Rennen konnte er nicht punkten – einmal wurde er disqualifiziert (zum Auftakt bei seinem Heimrennen in Australien), zweimal schied er aus. "Wir haben die Saison stark begonnen, ungeachtet dessen, dass wir in Melbourne aus dem Klassement geworfen wurden, wir waren vor und nach der Sommerpause stark und haben das Jahr gut abgeschlossen. Ich könnte mir nicht mehr wünschen – vor allem nicht, wenn ich daran denke, wo wir während der Wintertests waren", fasst er die Saison zufrieden zusammen. "Ohne jetzt eingebildet klingen zu wollen: Ich glaube, ich darf sagen, dass ich mit meinen Leistungen in den Abschlusstrainings und in den Rennen wirklich zufrieden bin. Ich bin auch froh darüber, wie sich Red Bull Racing aus den Problemen im Winter herausgehangelt hat, das gibt Mut für die Zukunft." In dieser wird er gemeinsam mit Daniil Kvyat für Red Bull racen. "Es wird etwas seltsam sein, im kommenden Jahr schon der alte Mann im Team zu sein! Ich weiß, Daniil ist jung, ehrgeizig und sauschnell, aber das bin ich selber auch. Ich freue mich auf die Arbeit mit ihm."

VALTTERI BOTTAS

Der Finne geht ebenfalls als großer Aufsteiger aus der vergangenen Formel-1-Saison: Als WM-Vierter sammelte er 186 Punkte, schaffte viermal den Sprung aufs Podest und fuhr ganze 17 Mal in die Top Ten. Nur in Singapur schlitterte er als Elfter ganz knapp an einem WM-Zähler vorbei, zudem schied er in Monaco aus. "Ich wurde von euch allen in diesem Jahr extrem gut unterstützt, das war sehr wichtig und ich möchte euch dafür danken", weiß er seine Fans auf Twitter und Instagram zu schätzen. Für das nächste Jahr hat sich der Fahrer mit der Nummer 77 bereits viel vorgenommen: "Es war ein großartiges Jahr für uns bei Williams. Ich liebe es, ein Teil davon gewesen zu sein. Im nächsten Jahr will ich noch besser sein - ich freue mich schon darauf", twittert der Finne, der mit seinen starken Leistungen einige Top-Teams auf sich aufmerksam gemacht hat. Unter anderem soll Ferrari Interesse daran haben, den 25-Jährigen ab 2016 als Teamkollegen für Sebastian Vettel zu verpflichten. "Ich weiß, dass einige Teams ein Auge auf Valtteri geworfen haben", so die stellvertretende Teamchefin Claire Williams. "Ich habe kein Interesse, mich mit anderen Teams über Valtteri zu unterhalten. Er ist ein Williams-Fahrer, und er wird es bleiben. Er hat sieht seine Zukunft bei uns und nirgends sonst. Wir verhandeln nicht mit Ferrari. Die wissen wahrscheinlich sowieso, dass er nicht wechseln würde. Wir würden ihn nicht hergeben, er ist für uns dermaßen wichtig", stellte sie klar.

DIE LOWLIGHTS

SEBASTIAN VETTEL

Pleiten, Pech und Pannen. Der vierfache Weltmeister ist DER Verlierer der Formel-1-Saison: Zum ersten Mal seit 1998, also seit 16 Jahren, blieb ein amtierender Weltmeister ohne einen einzigen Erfolg. Gerade einmal drei dritte Ränge sowie einen zweiten Platz konnte der Deutsche 2014 herausfahren. Am Ende reichten 167 Zähler für WM-Rang fünf - viel zu wenig für Vettels Ansprüche, den die Schwächen seines RB10 zu schaffen machten. "Mit Sicherheit war es ein schwieriges Jahr, weil ungefähr alles schiefging, was schiefgehen konnte", so Vettel beim Saisonfinale in Abu Dhabi. Folgerichtig verabschiedet er sich nun von Red Bull Racing. "Vier WM-Titel, 38 Grand-Prix-Siege, vier Konstrukteurs-Weltmeisterschaften und 44 Pole Positions: Er war ein fantastisches Team-Mitglied, ein unglaublicher Wettkämpfer. Es war eine Ehre und ein Vergnügen, mit ihm zu arbeiten", twitterte Teamchef Christian Horner. Der Deutsche erfüllte sich mit dem Wechsel zu Ferrari einen Kindheitstraum. "Die nächste Stufe in meiner Formel-1-Karriere heißt nun Scuderia Ferrari. Für mich geht damit ein langer Kindheitstraum in Erfüllung. Schon als kleiner Junge war Michael Schumacher in seinem roten Auto mein größtes Idol, und dass ich eines Tages einmal die Chance habe im Ferrari fahren dürfen, ist eine unglaublich große Ehre." Zudem freut er sich auf die Zusammenarbeit mit seinem Freund Kimi Räikkönen: "Die Zusammenarbeit mit ihm wird sehr leicht sein. Er ist der unkomplizierteste Fahrer von allen im Fahrerfeld."

SAUBER

Das Schweizer Team stellt in dieser Saison einen Negativrekord auf und erlebt das schlechteste Jahr in der Geschichte des Rennstalls: Die beiden Piloten, der Mexikaner Esteban Gutierrez sowie der Deutsche Adrian Sutil, konnten im C33 keinen einzigen WM-Punkt einfahren. Bisheriger Tiefpunkt waren fünf Punkte aus dem Jahr 1999, allerdings gab es damals nur für die ersten sechs Fahrer eines Rennens Punkte. "Gründe dafür, dass wir ohne Punkte dastehen, gibt es viele", so die österreichische Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn, deren Team den vorletzten Platz in der Konstrukteurswertung belegte. "Unser Blick ist nach vorne gerichtet. Wir werden alle unsere Energie dafür einsetzen, dass das Team wieder dort hinkommt, wo es in der Vergangenheit war - und wo es auch hingehört." Dazu wird das Team komplett umstrukturiert: Der Schwede Marcus Ericsson sowie der Brasilianer Felipe Nasr stehen bereits als neue Fahrerpaarung für 2015 fest. Doch nicht nur den Stammpiloten wurde gekündigt, auch Freitagsfahrer Giedo Van der Garde, Testpilot Sergey Sirotkin und Simona de Silvestro müssen sich einen neuen Arbeitgeber suchen

DIE FINANZEN

Die finanzielle Situation in der Formel 1 spitzt sich zu: Mit Marussia und Caterham mussten zwei Teams Insolvenz anmelden, die Zukunft dieser Rennställe ist weiter unklar. Zwar räumte F1-Boss Bernie Ecclestone zwischenzeitlich eigene Fehler ein, doch letzendlich empfand er die Absenz der beiden Teams nicht wirklich als Verlust. "Keiner wird diese beiden Teams vermissen, weil es keine Spitzenteams sind", zählt für den Briten vor allem eins: Finanzkraft. Dies machte er auch in seiner Geringschätzung für junge Formel-1-Fans deutlich. "Es macht keinen Sinn, diese Kids zu erreichen, weil sie keines der hier beworbenen Produkte kaufen werden", so der 84-Jährige. Force India, Sauber und Lotus fordern eine ausgeglichenere Verteilung der Einnahmen. Dieser will Ecclestone aber nicht nachkommen. "Fangt einfach an, ein Unternehmen wie ein Unternehmen zu führen", meinte er lapidar. Nun mischt sich sogar die Europäische Union ein, die am Wettbewerbsrecht der Königsklasse zweifelt. Man muss zum Wohle des Sports hoffen, dass möglichst bald eine Einigung getroffen werden kann. Sonst trägt das ohnehin schon angkeratzte Image der Formel 1 weiteren Schaden davon.

FERRARI

Wenn die stolze italienische Scuderia es nicht zustande bringt, nicht einmal einen Rennsieg in der Saison einzufahren, dann ist Feuer am Dach. Der Rennstall aus Maranello erlebte eine der schlechtesten Saisonen in der jüngeren Vergangenheit, die in der vorzeitigen Scheidung der Ehe mit Fernando Alonso gipfelte. Der Spanier war es, der mit den Plätzen drei in China und zwei in Ungarn die besten Ergebnisse des Jahres einfuhr. Die Rückhol-Aktion von Kimi Räikkönen - dem letzten Ferrari-Weltmeister - erwies sich 2014 als Flop. Ein vierter Platz steht beim "Iceman" als bestes Ergebnis zu Buche. Das ist zu wenig. Deshalb kam Ferrari auch nie zur Ruhe. Erst wurde Stefano Domenicali entlassen und durch den Marketing-Fachmann Marco Mattiacci ersetzt, dann musste auch noch Präsident Luca di Montezemolo seinen Sessel räumen. Einen Tag nach der Saison ist Mattiacci Geschichte. Nun soll Maurizio Arrivabene das Team zurück in die Erfolgsspur bringen. Gelingen soll das unter anderem mit Hilfe des vierfachen Weltmeisters Sebastian Vettel. Es ist ein Neubeginn fällig, das signalisiert auch FIAT-Boss Sergio Marchionne in einem Brief an alle Ferrari-Mitarbeiter: "Es ist überlebenswichtig für uns, dass wir unser wahres Potenzial wieder zeigen und tun, wofür wir erschaffen wurden: die Besten zu sein." Alles Gute dabei.

DAS REGEL-CHAOS

Die Formel 1 soll unterhalten, nicht verwirren. 2014 war oft Zweiteres der Fall. Schon die neue Motoreneinheit, oder Power-Unit, wie es nun korrekt heißt, ist ein Fall für sich. Um zu verstehen, wie sich der Antrieb aus kinetischer und thermischer Energie zusammensetzt, musste man sich schon eine Zeit lang einlesen. Auch der neue Sound der Turbos stieß auf sehr wenig Gegenliebe und die Frontflügel mancher Autos sorgten für reichlich Spott und Hohn. Im sportlichen Reglement wurden Strafpunkte eingeführt, außerdem gab es Konsequenzen, wenn eine Motoren-Komponente zum sechsten Mal ausgetauscht werden musste. Auch während der Saison besserte man im Regulativ nach und verwirrte die Teams mit einer Änderung hinsichtlich erlaubter und nicht erlaubter Funksprüche. Der Gipfel der Absurdidät waren aber die doppelten Punkte beim Finale in Abu Dhabi. Diese dürften aber 2015 wieder glücklicherweise abgeschafft werden.

DAS DRAMA UM JULES BIANCHI

Die Formel 1 fühlte sich sicher. Zu sicher. Fuhr Jules Bianchi in Monaco für Marussia noch sensationell die ersten Punkte in der Geschichte ein und jubelte über einen der glücklichsten Tage in seinem Leben, hatte er am 5. Oktober Pech. Unglaublich viel Pech. Als ein Bergungskran dabei war, den Sauber von Adrian Sutil von der Strecke zu räumen, kam der Franzose von der regennassen Piste ab, raste in das Fahrzeug und erlitt dabei sehr schwere Kopfverletzungen. Nach einer Not-Operation konnte der 25-Jährige in einen stabilen, aber kritischen Zustand gebracht werden. Über sieben Wochen danach atmet er wieder selbständig, ist aber weiterhin nicht bei Bewusstsein. In der Formel 1 hat dieser Unfall eine neue Sicherheitsdebatte ausgelöst. Die Rennverantwortlichen sahen sich mit einigen Vorwürfen konfrontiert. Unter anderem wurde ein früherer Abbruch des Rennens gefordert, da die Sicht bei Regen immer schlechter wurde. Man kann nur hoffen, dass man die richtigen Lehren daraus gezogen hat. Teams, Fahrer und Fans rückten aber auch ein wenig näher zusammen und wurden sich bewusst, mit welcher Sportart sie es zu tun haben. Gefährlich wird sie nämlich immer sein.

 

Andreas Terler/Henriette Werner