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"Ich muss realistisch sein, es sind viele Punkte"

Lewis Hamilton ist im Zenit seines Schaffens, Nico Rosberg in einer Sinnkrise. Bei Mercedes zeigen die Wege der beiden Formel-1-Piloten auseinander.

Rosberg muss jetzt aufpassen, dass er nicht endgültig zum Nebendarsteller wird. "Ich habe das Gefühl, dass es für mich ein Seuchenjahr ist", klagte der Deutsche, dem Ferrari-Star Sebastian Vettel sogar die Vize-Weltmeisterschaft entwenden könnte.

"Mathematisch hat er noch eine Chance"

Das greifbare Titel-Glück von Hamilton bricht Rosberg das Rennfahrer-Herz. Traurig quälte sich der Deutsche nach dem Pannenfrust von Sotschi am Montag zur Feier der Team-Weltmeisterschaft in die Formel-1-Fabriken von Mercedes - im festen Wissen, dass die nächste WM-Party schon in zwei Wochen für seinen britischen Teamkollegen steigen könnte.

"Mathematisch hat er noch eine Chance, aber dazu muss Lewis aufgeben und nach Hause fahren. Das wird er nicht tun", analysierte Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda.

"Ich bin sicher, dass er in den 2016er Modus umschaltet und dann zurückschlägt", klang Toto Wolffs Aussage auch nach einer vorzeitigen Entscheidung in der WM.

Vier Monate ohne Sieg

Rosberg selbst gab sich zunächst kämpferisch. "Es sind noch vier Rennen, und die möchte ich gewinnen. Darauf liegt jetzt der Fokus." Letztlich stellte er aber fest: "Ich muss realistisch sein. Es sind viele Punkte. Mit Blick darauf ist es natürlich enttäuschend, weil ich die Lücke zu Lewis schließen wollte."

Im Vorjahr musste sich Rosberg erst im Finale geschlagen geben. Spätestens seit der frustrierenden Russland-Reise weiß der 30-Jährige, dass er im nächsten Jahr wieder einen neuen Anlauf auf seinen ersten WM-Titel nehmen muss.

Seit fast vier Monaten schon wartet er auf einen Sieg, nie in der gemeinsamen Mercedes-Zeit war sein Rückstand auf Hamilton größer. 73 Punkte sind es jetzt, sieben fehlen ihm auf Vettel.

"Ich werde stark zurückkommen"

"Ich werde stark wieder zurückkommen. Ich werde die letzte Woche vergessen und daraus lernen", versprach Rosberg und wünschte sich doch ganz dringend heim zu Frau Vivian und Tochter Alaia: "Wenn ich die Familie sehe, bin ich wieder okay."

Es sind harte Zeiten für den 30-Jährigen, der schnell wieder die Motivation für die nächsten Angriffe auf Hamilton und Vettel finden muss, will er nicht demnächst ganz zum Nebendarsteller im Duell der Weltmeister werden.

"Nico ist jetzt in seiner Situation, in der er ruhig bleiben muss", mahnte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Er ist ein irrsinniger Kämpfer", betonte der Wiener. Wolff braucht ein starkes Duo Hamilton/Rosberg, denn für die kommende Saison rechnet der Branchenführer fest mit der Attacke von Ferrari.

"We Are The Champions"

"Ferrari ist das Team, mit dem man sich messen will. Wir erwarten, dass sie nächstes Jahr sehr stark sein werden", sagte Wolff.

In der heurigen Saison hat man die Italiener auf Distanz halten können. Seit Sonntag steht der Gewinn des zweiten Konstrukteurs-Weltmeistertitels vorzeitig fest. Nach der Straf-Entscheidung gegen Ferrari am grünen Tisch, die Kimi Räikkönen von Platz fünf auf acht zurückwarf, improvisierten die Mechaniker und Ingenieure in der Abreise-Hektik eine erste Party. Aus den Boxen dröhnte standesgemäß der Queen-Klassiker "We Are The Champions."

"Nach dem Sieg 2014 haben wir die Latte erneut höher gelegt. Das war auch notwendig, da uns unsere Rivalen einiges an Kopfzerbrechen bereitet haben", sagte Daimler-Boss Dieter Zetsche. Lauda verriet, dass er bereits eine Rede für die offiziellen Feierlichkeiten vorbereitet hatte. Am Sonntag kam er aber nicht mehr dazu, diese zu halten. Das soll demnächst nachgeholt werden.