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Konstrukteurs-WM zum "doofen Moment" für Rosberg

Konstrukteurs-WM zum

So ist sie, die Formel-1-Saison 2015. Am spannendsten, wenn nicht gefahren wird.

Seien es die Motorpartner-Verhandlungen oder die Reifendruck-Affäre in Monza. Auch beim Grand Prix von Russland war das leider nicht anders.

Obwohl es hinter Rennsieger und Bald-Weltmeister Lewis Hamilton teilweise ordentlich zur Sache ging, hieß es einmal mehr warten, bis das wichtigste Ergebnis feststand: Mercedes ist Konstrukteurs-Weltmeister!

Damit hat man wie im Vorjahr am Schwarzen Meer über den Titel des erfolgreichsten Rennstalls jubeln dürfen. Also vier Rennen vor dem Ende der Saison.

Schon in Austin kann Hamilton auch den Fahrertitel in trockene Tücher bringen. Derzeit liegt er 66 Punkte vor dem neuen Zweiten Sebastian Vettel - bei noch 100 maximal zu erreichenden Punkten für den Briten.

Silberne Dominanz

Schuld am verzögerten Titelgewinn war die Strafe gegen Kimi Räikkönen für das ungestümste Manöver des Rennens. Im Kampf um Platz drei kam der "Iceman" gegen Landsmann Valtteri Bottas klar zu spät und schob den Williams-Piloten damit von der Strecke. Während Räikkönen zunächst Platz fünf ins Ziel retten konnte, stand Bottas am Ende mit leeren Händen da.

Nach reiflicher Überlegung verhängten die Stewards eine 30-Sekunden-Strafe über Räikkönen, wodurch dieser auf die achte Position zurückfiel. Dadurch war der Vorsprung der Silbernen in der Team-Wertung groß genug, um die Korken knallen zu lassen.

Wie deutlich die Dominanz der Silberpfeile ist, zeigen diese Zahlen: 12 der 15 Rennen wurden gewonnen, acht Mal holte man einen Doppelsieg.

Lauda will so nicht gewinnen, Wolff ist es egal

Uneinigkeit herrschte nach dem Rennen in Sotschi über die Art des Sieges. "So will ich nicht gewinnen", hatte Aufsichtsratschef Niki Lauda gemeint, ohne die Entscheidung der Stewards zu kennen.

Motorsportchef Toto Wolff ahnte bereits Sanktionen gegen Räikkönen, hielt aber fest: "Ob wir den Titel mit einer Strafe gewinnen oder nicht, ist mir egal."

Auch Rennverlierer Rosberg kann zu diesem Zeitpunkt nicht viel mit dem Sieg anfangen: "Leider war das ein total doofer Moment, so im Nachhinein den Titel zu gewinnen. Das ist natürlich toll für alle. Aber das braucht jetzt erst mal ein bisschen, bis bei mir die Freude darüber kommt", so der Deutsche.

Dramatische Pedal-Probleme bei Rosberg

Wer mag ihm so eine Reaktion verdenken? Nicht zum ersten Mal in dieser Saison wird der Vizeweltmeister durch einen technischen Defekt gestoppt. Diesmal war der Gaspedaldämpfer schuld.

Genauer gesagt blieb das Pedal hängen. Erst kam es nicht richtig zurück, dann immer weiter entgegen. "Es ist alles auf meinen Körper angepasst, da spüre ich jeden Millimeter. Vor allem, wenn auf einmal das Pedal zwei Zentimeter weiter in meine Richtung kommt", erklärt der Wiesbadener.

Irgendwann musste er das Knie so stark anwinkeln, dass er nicht mehr richtig lenken konnte - daher schleppte er seinen Boliden mit Müh und Not an die Box und musste aufgeben.

Auch Hamilton war in Sotschi nicht vor Problemen gefeit. Der Heckflügel funktionierte am Ende des Rennens nicht mehr richtig. Am Sieg konnte dies aber nichts ändern.

Hamilton denkt noch nicht an Fahrer-Titel

Über seinen dritten Fahrer-WM-Titel will er noch nicht nachdenken. "Ich muss einfach meinen Job machen, will mich immer weiter verbessern. In puncto Zuverlässigkeit haben wir noch etwas zu tun", blieb der 30-Jährige bescheiden.

Insgeheim wird er vielleicht gewusst haben, dass sein Triumph in dieser Saison nie wirklich in Gefahr war. Die Konkurrenz ist seit Sonntag auch am WM-Tableu nicht mehr Rosberg sondern Vettel und Ferrari.

Das weiß man bei den Silberpfeilen auch. "Sie werden nächstes Jahr sehr stark sein", ist sich Wolff sicher. Gelingt den Roten ein ähnlicher Schritt wie in dieser Saison, könnte es tatsächlich einen echten Kampf um die WM geben.

1,8 Sekunden holte Ferrari auf

"Wir haben einen großen Schritt gemacht, aber das soll noch nicht alles gewesen sein. Vom letzten Jahr auf heuer haben wir etwa 1,8 Sekunden aufholen können. Das muss uns noch einmal gelingen", ist Technikdirektor James Allison gegenüber "SkySportsF1" guten Mutes.

Zuversichtlich stimmt da die aktuelle Form von Sebastian Vettel. In Russland holte der Heppenheimer sein 11. Saisonpodium - das sind mehr als 2010 und 2011, als er Weltmeister wurde.

Trotz Unterlegenheit des Autos holt Vettel das Maximum heraus - und kann sich auch der Unterstützung seines Teamkollegen sicher sein. Das gilt auch für diese Saison.

Räikkönen als Teamplayer

"Wenn es irgendwann dazu kommt, ist es eine normale Sache. Wir versuchen das Maximum für das Team zu erreichen und er (Vettel, Anm.) ist immer noch im Kampf, daher ist das kein Problem", gibt Räikkönen den Teamplayer.

Das sieht bei Mercedes anders aus. Angesprochen auf mögliche Schützenhilfe schüttelt Rosberg den Kopf: "Das ist eine komische Frage. Die möchte ich nicht beantworten."

Vielleicht ein roter Trumpf im nächsten Jahr - wenn die Formel 1 hoffentlich wieder spannender ist, wenn gefahren wird.

 

Andreas Terler