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"Blinder" Hamilton und Ferrari-Ärger über ein Billigteil

Lewis Hamilton, Nico Rosberg, Kimi Räikkönen.

Ein Podium, einer lächelt, zwei ärgern sich.

Einer, weil er mit seinen Reifen nicht zurechtkam und der andere, weil er es immer tut, wenn er nicht Erster ist.

Willkommen in Montreal 2015, wo sich Hamilton wieder einmal über die Pole Position freuen durfte.

Alles lief perfekt auf dem Weg zur Startaustellung für den Weltmeister:

Zunächst verabschiedete sich mit Sebastian Vettel ein Konkurrent im Ferrari in Q1 aufgrund technischer Probleme, dann kam auch noch Teamkollege Rosberg in Q3 nicht an die Fabelzeit des Briten heran.

Hamilton ging "blind" ins Qualifying

Doch eigentlich begann der Tag von Hamilton alles andere als gut.

"Ich kam gerade einmal auf neun Runden im dritten Training und das ist sehr wichtig auf einer Brems-Strecke wie hier", erklärte er bei "Sky Sports F1".

Während andere Fahrer nach dem Abschlusstraining noch einmal an ihrem Setup schrauben konnten, verzichtete Hamilton darauf. Aus einem guten Grund:

"Nico wusste, wie sein Auto läuft, aber ich sagte zu meinen Ingenieuren, dass ich keine Infos für sie habe. Also haben wir nichts geändert."

Diese "Blindheit", wie Hamilton es nannte, hat ihm aber keineswegs geschadet. Wahrscheinlich auch, weil er immer mit guten Gefühlen nach Montreal reist.

Rosberg: "Im Qualifying alles verloren"

"Es ist ein bisschen wie ein Go-Kart-Track hier. Da fühle ich mich an meine Kindheit zurückerinnert. So bin ich aufgewachsen", sagte der Weltmeister, der am Circuit Gilles-Villeneuve auch ein ganz besonderes Rennen erlebt hat:

"2007 habe ich hier mein erstes Rennen gewonnen und jetzt hole ich die 44. Pole - und meine Nummer ist die 44. Das ist schon außergewöhnlich."

So schnell kann es gehen. Vor zwei Wochen war Hamilton der traurigste Mensch der Welt, weil ihm sein Team den Sieg in Monaco gekostet hat. Diesmal hatte Rosberg das Nachsehen. Zumindest am Samstag.

"Das Qualifying war Mist", analysierte der Wiesbadener kurz und knackig und rang daraufhin mit den Worten: "Eigentlich ist alles ganz gut gelaufen - aber nur bis zu Q3. Dort habe ich alles verloren. Ich hatte auf den Hinterreifen keinen Grip mehr. Ich weiß, es klingt nur nach Entschuldigungen, aber es ist schwer zu erklären."

Arrivabene und das Ferrari-Billigteil

Noch ist das letzte Wort aber nicht gesprochen. "Es gibt interessante Strategien am Sonntag. Noch weiß keiner, was morgen passieren wird. Außerdem gibt es hier Stellen, um zu überholen", kündigte der Vize-Weltmeister eine Revanche an.

Nur zu gerne würde auch Vettel in diesen Kampf eingreifen. Er muss sich aber zuvor durch das gesamte Feld pflügen. Dabei scheint Ferrari in Kanada den Silberpfeilen - zumindest theoretisch - wirklich gefährlich werden zu können.

 

Kimi Raikkonen. P3.

Posted by WTF1 on Saturday, June 6, 2015

 

 

Andreas Terler

Seit Samstagabend ist aber klar: Jedes Formel-1-Auto ist nur so stark, wie sein billigstes Bauteil.

"Wir hatten ein Problem mit der Elektronik. Das war ein Transistor, der vielleicht zehn Euro kostet. Und wegen so einem Teil schmeißen wir ein Qualifying weg. Es ist eine Schande, dass wir dieses Problem hatten", war Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene enttäuschter als sein Schützling selbst.

Der hat schon früh geahnt, dass irgendetwas an seinem Boliden nicht stimmte: "Ich habe es direkt gemerkt, als ich aus der Box rausfuhr. Ich habe versucht, das Problem zu lösen, aber es war nichts zu machen. Wir hatten einfach keinen Bums, keine Power", schüttelte Vettel den Kopf.

Wolff hat nur Angst vorm Feind im eigenen Bett

Das Sahne-Häubchen auf seinen Horror-Tag folgte schließlich nach dem Qualifying, als die Stewards dem Heppenheimer noch eine Strafversetzung um fünf Startplätze aufbrummten. Grund: Er hatte im dritten Training unter Roter Flagge Roberto Mehris Manor überholt.

Für Mercedes-Teamchef Toto Wolff sind das natürlich erleichternde Nachrichten. Er hatte schon am Freitag vor der Longrun-Power der Roten gewarnt: "Sie haben sehr gut ausgesehen, aber bei Sebastian wird es nicht mehr für ganz vorne reichen."

Wovor muss man sich bei den Silbernen überhaupt fürchten? "Dem Feind im eigenen Bett!", lächelt Wolff und ergänzt: "Nico hat mehr Runden gedreht, aber Lewis hat die Pole. Da werden uns vielleicht noch ein paar graue Haare wachsen."

Und dann ist da noch Kimi

Vielleicht mischt sich ja ausgerechnet der leiseste aller Formel-1-Piloten noch vorne ein: Kimi Räikkönen.

Der Finne hat - als letzter Fahrer im Feld - in dieser Saison erstmals seinen Teamkollegen im Qualifying besiegt und außerdem seinen besten Startplatz seit dem Grand Prix von China 2013 erreicht.

Was ihm das bedeutet? Nicht viel. "Das ist nicht ideal, weil wir ganz vorne sein wollen. Freitag ist Freitag und das Rennen ist das Rennen. Das Qualifying war ganz okay, aber wir sind eben nur Dritter", sagte der Routinier.

Weil er so etwas immer sagt, wenn er nicht Erster ist.