news

"DTM ist ein Schritt auf die professionelle Schiene"

Österreich und die Formel 1 – eine Liebesgeschichte auf vielen Ebenen. Nur auf einen Fahrer wartet man hierzulande seit Christian Kliens Kurzauftritt Ende 2010 vergebens.

Noch ein Jahr länger ist es her, dass zuletzt ein heimischer Pilot in der Deutschen Tourenwagen Masters ins Lenkrad griff. Es war Mathias Lauda, der von 2006 bis 2009 in der Serie verkehrte.

Der größte Hoffnungsträger, erstgenannte Durststrecke zu beenden, vollzieht nun einen Richtungswechsel auf der Karriereleiter. Und tritt dabei ab dem kommenden Wochenende, wenn die DTM-Saison 2015 in Hockenheim startet, die Nachfolge von Lauda an.

Dabei fehlt Lucas Auer zwar der prominente Nachname, nicht jedoch der familiäre Background. Schließlich handelt es sich bei dem 20-jährigen Tiroler um den Neffen von Gerhard Berger.

Auer und sein bekannter Onkel

Fahren statt hinten anstellen

Nach zwei durchaus erfolgreichen Jahren in der Formel-3-Europameisterschaft kehrt der Jungspund den Open-Wheelern vorerst den Rücken. Drei Siege und Gesamtrang vier in der Saison 2014 brachten ihm einen Rookie-Test in einem DTM-Mercedes ein, der augenscheinlich erfolgreich verlief.

Auf dem Weg in die Königsklasse ein Umweg, aber keine Beerdigung der Ambitionen, wie sein Onkel im Rahmen des Red-Bull-Showruns in Wien erläuterte.

„Zu jeder Nation, die einen Grand Prix austrägt, gehört ein sehr guter Fahrer. Leider haben wir niemanden. Es gibt nur rund 20 Autos und viele Anwärter stehen in der Warteschlange. Da haben wir gesagt, bevor wir uns anstellen, machen wir den Sprung in die DTM. Die Hoffnung hat Lucas noch nicht aufgegeben, er wird weiter versuchen, einen Fuß in die F1 zu bekommen.“

Ein Schritt zur Professionalität

Auer selbst ist mit den Gedanken nur in der Gegenwart und freut sich auf sein neues Betätigungsfeld. „Es ist ein Schritt auf die professionelle Schiene und daher absolut richtig. Wenn man aus der Formel 3 kommt, kann man nur von einem Aufstieg reden“, lässt er im Gespräch mit LAOLA1 verlauten.

Die DTM sei zwar kein bewusstes Ziel gewesen, „aber sobald ich die Einladung zum Rookie-Test bekommen hatte, habe ich mir große Mühe gegeben, dass das hinhaut“.

Trotz des Dachs über dem Kopf hat die DTM schließlich eng verknüpfte Bande mit der Formel 1 vorzuweisen und kann durchaus zum Sprungbrett werden. Auers Mercedes-Markenkollege Pascal Wehrlein, nebenberuflich Testfahrer für die Silberpfeile, ist das beste und aktuellste Beispiel dafür.

Alter Haudegen als Kollege

Dazu kommt die erfahrene Konkurrenz, die zum Teil ebenfalls schon die Finger an einem F1-Lenkrad hatte. Auer bekommt mit Gary Paffett einen Vertreter dieser Zunft als Teamkollege bei ART Grand Prix zur Seite gestellt. Bis Ende des vergangenen Jahres war der Brite Testfahrer bei McLaren.

„Von dem kann man noch lernen, er ist auch schon einmal DTM-Champ geworden (2005, Anm.). Er bringt den richtigen Speed mit und zeigt mir gleich einmal, wo der Hammer hängt, daran kann ich mich orientieren“, freut sich der Tiroler auf die Zusammenarbeit mit dem 34-Jährigen.

Es werde nicht von Nachteil sein, auf dessen Erfahrung zurückgreifen zu können: „Im Moment kommen wir gut aus, es sind ja auch noch keine Rennen gewesen. Ich glaube, dass das beide pflegen und wir uns vor allem beim Auto-Setup austauschen werden.“

Verbindungen in die GP2

Die Truppe von ART Grand Prix steigt selbst erst mit 2015 ins DTM-Geschehen ein. Die Franzosen sind vor allem durch die Engagements in GP2 und GP3, die weiterhin verfolgt werden, bekannt.

„Es hat sich schon bei den Testfahrten widergespiegelt: Die machen so einen brutal guten Job und arbeiten auf hohem Niveau. Die Erfolge in den anderen Kategorien geben ihnen recht“, sieht Auer keinen Nachteil darin, dass auch sein Umfeld anfangs lernen muss.

Auers Renner mit auffälliger Farbgebung

Auf die Strecke geschickt wird er dabei in einem Mercedes C63, vom Sponsor „BWT“ in zartes Rosa gehüllt. „Endlich mal wieder ein Auto, das in der DTM auffällt“, weiß die Lackierung dem Fahrer durchaus zu gefallen.

Rein ins Lernjahr

Nur optisch aufzufallen, soll nicht das alleinige Ziel für die Premieren-Saison sein.

„Ich möchte schnell auf Speed kommen. Es ist irrsinnig hart, Fuß zu fassen. Also ist das erste Ziel einmal, alles in den Griff zu kriegen, um dann langsam die Leiter hochzuklettern“, ist sich Auer des notwendigen Lernprozesses bewusst, betont dabei aber, nicht bei null zu starten.

„Die DTM produziert so viel Abtrieb, da ist es kein Nachteil, von den Formel-Autos zu kommen. Da lernt man, mit der Aerodynamik umzugehen. Was anfangs mehr Schwierigkeiten macht, ist das Gewicht des Fahrzeugs und das spezielle Anbremsen der Kurven. Es dauert, bis man das richtige Gefühl gefunden hat.“

DTM als großes Schaufenster

Wie lange der 20-Jährige in der DTM seine Runden drehen will, ist offen. „Wenn man hier lange überleben kann, geht es dir gut und du hast einen super Arbeitgeber. Ich kann mir auch ein langfristiges Engagement vorstellen“, wäre Auer durchaus bereit, länger zu bleiben.

Das heißt aber noch lange nicht, dass andere Karrierepläne ad acta liegen. „Wenn du hier etwas schaffst und auf dich aufmerksam machst, schaut die ganze Welt auf dich“, will er die Chance nützen, sich einen Vorteil im Kampf gegen andere Nachwuchstalente zu verschaffen.

Die Gefahr, dass man bei Erfolglosigkeit auch in der Versenkung verschwinden könnte – wie es Mathias Lauda oder aktuell Vitaly Petrov passiert ist – sieht Auer nicht: „Das ist im Rennsport grundsätzlich so. Wenn du deine Leistung nicht bringst, wird es überall schwer und es ist schneller wieder vorbei, als du schauen kannst.“

Stern statt Bulle

Langfristige Karriereziele sind dem Rookie daher nicht zu entlocken: „Im Motorsport solltest du immer nur ein paar Monate nach vorne schauen und dir da Ziele setzen. Lucas Auer 2020? Dazu sage ich nichts. Lucas Auer 2015 ist in der DTM und gibt das Maximum, um am besten einen Vertrag für das nächste Jahr zu bekommen.“

Dennoch: Die Formel 1 bleibt der Traum. „Helmut denkt sehr stark darüber nach, wie er ihn da oder dort im Toro Rosso einsetzen könnte“, witzelte Gerhard Berger in Wien noch halbernst in Richtung von Red-Bull-Motorsportchef Marko, mit dem es einst Gespräche über Unterstützung gab. Letzten Endes wurde Auer aber nicht in den Nachwuchskader des Getränkeherstellers aufgenommen.

Für Österreichs weiterhin größte Zukunftshoffnung machte das jedoch keinen Unterschied. Und mit Mercedes hat Auer schon seit Beginn seines Formel-3-Engagements genau jenen Unterstützer, der nun in der Königsklasse den Ton angibt. Vielleicht fehlen zu den ersten Testkilometern in einem Weltmeister-Auto nur noch ein paar DTM-Erfolgserlebnisse.

„Am Ende des Tages zählen jedenfalls nur Resultate und dass man als korrekter Bursch auftritt“, benennt Auer die zwei Dinge, die es brauchen wird.

Für beide bringt er beste Voraussetzungen mit.

 

Johannes Bauer