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"Schmähbruder" Koller macht bisher alles richtig

Welche Schulnote er denn Martin Harnik geben würde, sollte Marcel Koller bei der Pressekonferenz nach dem 1:0-Sieg gegen die Russen beantworten. Der Schweizer erklärte mit einem Schmunzeln, dass er die Noten für die Spielerbewertung sofort abschaffen würde. "Ich würde in der Redaktion anrufen und sagen, Noten gibt es ab sofort nicht mehr. Die machen keinen Sinn. Die werden ja ohnehin bereits nach 45 Minuten vergeben, um nach Seitenwechsel Zeit zu haben, den Spielbericht zu verfassen."

Nachfrage: "Wie würden sie Harniks Leistung, die durchaus Licht und Schatten zeigte, dann verbal beurteilen?" Der ÖFB-Teamchef konterte schlagfertig: "Soll ich ihnen jetzt wirklich die ganze Arbeit abnehmen. Wenn ich das mache, dann haben sie ja gar nichts mehr zu tun!"

Der überaus sachliche und eher schmähbefreite Eidgenosse hatte auch bei der Analyse des EM-Quali-Sieges die Lacher auf seiner Seite. Marcel Koller wird lockerer. Er beginnt die ersten Früchte seiner Arbeit zu ernten und vergisst auch nicht, ständig und zu Recht auf die Euphoriebremse zu steigen.

Wer Österreichs Auswärtsbilanz (erfreulicherweise hält der ÖFB aktuell bei drei Erfolgen in Serie) in den letzten 15 Jahren kennt, der weiß, dass die Tabellenführung eine tolle Momentaufnahme, aber durchaus trügerisch ist.

Dennoch: Marcel Koller hat vieles richtig gemacht. Er hält seit Beginn seiner Ära an einem großen Stamm von Spielern fest und diese danken es ihm mit zum Teil besseren Leistungen als bei ihren Vereinen.

Koller hasst Länderspiele in den Bundesländern. Er plante von Beginn weg das Ernst-Happel-Oval zur Festung aufzubauen. Inzwischen darf er auf seinen "12. Mann" vertrauen. Der Heimvorteil ist offensichtlich und ein wichtiger Faktor im Erfolgslauf der ÖFB-Truppe.

Dank des einen oder anderen gelungenen Werbespots versucht sich Koller neuerdings auch im Wiener Schmäh. Der steht ihm gut, wobei sein wahres Erfolgsgeheimnis weiter seine unaufgeregte, sachliche Schweizer Art bleibt.