news


Der symptomatische Cup

Der Fußball in Österreich gibt derzeit ein absolut zweigeteiltes Bild ab.

Da ist einerseits das im Höhenflug Richtung Frankreich 2016 befindliche Nationalteam und andererseits die vor sich hin dümpelnde Klubszene. Sehr viele Probleme der Profivereine hierzulande verdichten sich in jenem Bewerb, dessen Viertelfinalspiele diese Woche über uns hereingebrochen sind – dem ÖFB-Cup. Dass dieser Wettbewerb, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, bei uns prinzipiell nicht funktioniert, ist die eine Sache.

Trotz kleiner Fortschritte in den letzten Jahren – verbesserte TV-Präsenz, eine garantierte Summe für das Auswärtsteam, einheitlicherer Gesamtauftritt oder immer gleicher Finalspielort – ist und bleibt der Pokal eine Randerscheinung. Es sei denn, einer der wenigen noch verbliebenen Großklubs löst in einer frühen Runde ein Volksfest bei einem Provinzverein aus.

Schaut man sich die Gastgeber der Viertelfinalspiele an, dann sieht der Betrachter schonungslos, dass diese Provinz nun leider mehrheitlich auch die Profiklubs stellt. Wolfsberg, Altach oder Grödig spielen allesamt in der Bundesliga. Ausschauen tut die Geschichte allerdings wie Kreisliga in Deutschland. Hinsichtlich Infrastruktur und Zuschauerzahlen.

Da kann der WAC gegen Rapid ein noch so ansehnliches Spiel hinlegen und absolut verdient aufsteigen. Fußball in der Lavanttal-Arena sieht einfach immer furchtbar aus. Im Fernsehen einerseits, und wer schon einmal das Vergnügen gehabt hat, ein Spiel aus dem Auswärtssektor zu verfolgen, dem brauche ich ohnehin nichts erzählen. Das Feld nahe dem Untersberg, auf dem am Dienstag auch gespielt wurde, ist optisch kaum reizvoller. Das Schnabelholz auch nicht. Alle drei sind Bundesliga-Stadien und alle drei werden wir ziemlich sicher nächste Saison wieder im Programm haben.

Insgesamt verirrten sich nicht einmal 6.500 Zuschauer zu den drei Cup-Matches am Dienstag. Wäre nicht Rapid zu Gast in Kärnten gewesen, könnte man wahrscheinlich noch einmal 2.000 Leute abziehen. Warum der K.o.-Bewerb in Österreich so gar nicht funktioniert, ist wahrscheinlich auf sein Stiefkinddasein von jeher zurückzuführen. Bei Bedarf – sprich Heim-EM – wurde auch schon einmal ein Jahr überhaupt ausgesetzt.

Und nicht nur auf den Fußballplätzen der Provinz mit schlechter Infrastruktur bleiben die Zuschauer aus. Selbst die Publikumsmagneten Rapid oder Sturm haben bei Pokalspielen signifikant weniger Besuch als in der Meisterschaft. Bis die Verbesserungsmaßnahmen der letzten Zeit greifen, werden – sollten sie überhaupt je wirken – noch Jahre vergehen.

Nicht zuletzt ist der Cup ein Stück weit symptomatisch für Fußball in Österreich abseits der Nationalmannschaft. Ein Produkt mit viel Potenzial wird nicht angenommen. Das gilt in ein wenig abgeschwächter Form genauso für die Bundesliga. Der Stadionbesuch ist rückläufig, die Sponsorensuche für die Liga und die Vereine wird zunehmend schwieriger und die Reputation leidet insgesamt. Vorne weg spielen die im eigenen Umfeld nur Eventpublikum und Glory-Hunter ansprechenden Mateschitz-Jünger. Im Tabellenkeller matchen sich die grauen Mäuse mit verheerendem Zuschauerschnitt und desolaten Spielstätten gegen den Abstieg.

Außer dem Wiener Derby, Rapid gegen Sturm Graz oder einer dieser drei zu Hause gegen Red Bull sind Schlagerspiele, die diesen Begriff auch hinsichtlich des Umfeldes verdienen, in der Bundesliga nicht mehr vorhanden. Sportlich durchaus vorhandenes Potenzial und spannende Tabellensituationen gehen im Mix aus Infrastrukturproblemen, damit verbundenem Zuschauerschwund und medial-breitenwirksamer Belanglosigkeit unter. So lange sich unter den zehn Bundesligisten zumindest fünf mit desolaten Spielstätten oder fehlender Fanbasis befinden, wird sich daran wohl auch wenig ändern.


 

Jürgen Pucher war Gründungsmitglied der Plattform „sturm12.at“ und hat dort über Jahre hinweg mit seiner Kolumne „12 Meter“ die Diskussionen rund um den Grazer Verein und den österreichischen Fußball extrem bereichert. Ab sofort wird er in regelmäßigen Abständen bei LAOLA1 Gastkommentare zum Geschehen im heimischen Kick verfassen.