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Sturm-Auftakt unter der Lupe

Ein Remis in der ersten Runde ist kein Beinbruch, ein Fehlstart in schwarz-weiß droht trotzdem.


Ein bisschen blöd aus der Wäsche haben in Graz am Samstag schon alle geschaut, als es am Ende nur ein 1:1 gegen die Admira geworden ist. Einerseits hatte man sich von Sturm schlicht mehr erwartet und andererseits war die Admira einfach ein Hauseck besser, als ihr im Vorfeld zugetraut worden ist. Lange nichts zugelassen und im ersten Durchgang außerdem mit den bei weitem zwingenderen Chancen. Besser gesagt: Mit den einzigen Chancen, die Grazer hatten nämlich gar keine. Sturm hat alles versucht und in der zweiten Halbzeit auch eine ordentliche Leistung abgeliefert. Am Ende gewinnt Ballbesitz aber keine Spiele, es wurden einfach zu wenige klare Gelegenheiten herausgearbeitet.

Das lag auch am einen oder anderen Dauerbrenner unter den Problemstellungen im Sturm-Spiel der letzten Jahre. Zum Beispiel sind seit einer gefühlten Ewigkeit Schüsse von außerhalb des Sechzehnmeterraums Mangelware. Bezeichnenderweise hatte der erst in der Schlussphase eingewechselte Marc Schmerböck mit drei Versuchen die beste Quote von allen Akteuren in schwarz-weiß. In der ersten Halbzeit konnte der SK Sturm überhaupt nur zwei Versuche auf einen Abschluss verzeichnen. Gerade gegen einen so massiert stehenden Gegner wie die Admira in dieser Auftaktrunde wäre das ein probates Mittel, um vielleicht den Riegel zu knacken.

Außerdem war die Umstellung auf ein flaches 4-4-2 bei diesem Spielverlauf nicht nachvollziehbar. Eine alte Sturm-Krankheit, unter der Darko Milanic chronisch gelitten hat und auch Franco Foda ab und zu noch immer ein bisschen laboriert. Der Gegner war nur noch zu zehnt und hat mit zwei Viererketten dicht gemacht. Sturm lief derweil Kreise um den Strafraum und versuchte in die dicht besetzte Mitte zu flanken, weil das eigene Zentrum nicht besetzt war, wo man sicher effektiver durchbrechen hätte können. Erst als Sascha Horvath in der Schlussphase diese Lücke gefüllt hat, kam man wieder zu wirklichen Gelegenheiten. Ich werde die Affinität zu diesem System nie verstehen.

Lichtblicke gab es, vor allem in Hälfte zwei, aber durchaus. Marvin Potzmann auf der rechten Außenbahn war sehr aktiv, verzeichnete viele gute Hereingaben und ist in jedem Fall eine Verstärkung. Simon Piesinger hat sich zu einem richtig soliden, ballsicheren und umsichtigen Sechser entwickelt. Und die Dreierreihe in der 4-2-3-1-Ausgangsformation mit Donis Avdijaj, Kristijan Dobras und Thorsten Schick ist sehr variabel und könnte das Herzstück dieser Mannschaft werden. Auch wenn vor allem Dobras und Avdijaj am Wochenende weit unter den Erwartungen blieben. Das Potenzial ist sichtbar und die eine oder andere Leistungsschwankung ist bei Kickern in diesem Alter normal.

Eine interessante Angelegenheit könnte auch die Stamminnenverteidigung werden. Wilson Kamavuaka war der beste Blacky auf dem Feld. Hält er diese Form, wird es ein spannendes Duell mit Lukas Spendlhofer um den Platz neben Michael Madl, der wohl gesetzt sein dürfte. So oder so ist es sehr positiv zu vermerken, welchen Sprung der Deutsch-Kongolese über den Sommer gemacht hat. Sehr fit, zweikampfstark und auch im Spielaufbau konnte er Akzente setzen. Es soll Franco Foda nichts Schlimmeres passieren, als hier diese Qual der Wahl zu haben.

Nichtsdestotrotz, dieser magere Start am Samstag könnte für die Grazer ein bisschen problematisch werden. Es folgt die Europa League-Partie gegen Rubin Kazan am Donnerstag, wo die Favoritenrolle eher nicht beim österreichischen Vertreter liegen dürfte. Außerdem wird sich der Support von den Rängen in Grenzen halten. Die vermeintliche Unattraktivität des Gegners, die vielen Heimspiele nacheinander und die Urlaubszeit lassen den Kartenverkauf äußerst schleppend laufen – trotz Gratiseintritt für Abonnenten. Das Publikum in der Murstadt ist und bleibt, trotz aller Vorfeldeuphorie, ein Stadionmuffel – außer es geht gegen Rapid oder andere klingende Namen. Wie selten in Liebenau bei einem Verein mit dieser Fanbasis das Schild ausverkauft hängt, ist wirklich ein Ärgernis. Umso wichtiger wäre ein sehr baldiger Fortschritt in der Causa Stadionadaptierung.

Am Sonntag wartet die nächste Heimpartie gegen den SV Grödig. Der nächste Pflichtsieg, würde man meinen. Aber die Salzburger kommen mit einem Erfolgserlebnis, haben die ganze Woche zur Regeneration und außerdem nichts zu verlieren. Sturm hingegen muss die Doppelbelastung wegstecken und, vor allem sollte man gegen Kazan verlieren, braucht schon ein Erfolgserlebnis in der Meisterschaft. Sonst kann man bereits nach einer Woche von einem klassischen Fehlstart sprechen.


 

Jürgen Pucher war Gründungsmitglied der Plattform „sturm12.at“ und hat dort über Jahre hinweg mit seiner Kolumne „12 Meter“ die Diskussionen rund um den Grazer Verein und den österreichischen Fußball extrem bereichert. Ab sofort wird er in regelmäßigen Abständen bei LAOLA1 Gastkommentare zum Geschehen im heimischen Kick verfassen.