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Der Fall Ritzing: Spieler erheben schwere Vorwürfe

Der Fall Ritzing: Spieler erheben schwere Vorwürfe

Die Insolvenz des burgenländischen Regionalligisten SC Ritzing beschäftigt dieser Tage nicht nur die Finanzbehörden.

Fünf ehemalige Spieler äußerten am Dienstag teils schwere Vorwürfe gegen den mit großen Aufstiegsambitionen ausgestatteten Ostligisten.

Von fehlenden Gehältern und undurchsichtigen Anstellungen bei Scheinfirmen ist die Rede. Die Fälle liegen bei der Arbeiterkammer.

Als Hilfskraft bei Firma angestellt

Der ehemalige Kapitän Horst Freiberger ist einer der Akteure. Im Jänner 2013 wechselte der Angreifer von Schwechat zum Liga-Rivalen aus dem Mittelburgenland. Ritzing lag damals abgeschlagen auf einem Abstiegsrang, holte aber zahlreiche Spieler aus höheren Ligen. Angemeldet wurden diese jedoch - nach eigenen Angaben und der APA vorliegendem Lohnzettel - nicht im Verein, sondern bei der "Intrepid GmbH" - als Arbeits- bzw. Hilfskraft, wie in den Verträgen steht.

Die Firma steht in Besitz von Club-Obmann Harald Reiszner, der SC Ritzing ist mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter. Eingetragen ist "Intrepid" - zu deutsch: "furchtlos" - als Dienstleistungsunternehmen. In die Firma ist auch der Profibetrieb des Vereins ausgelagert. Dies sei laut Meinung der Beteiligten aber nur eine Farce. Die Vereinigung der Fußballer (VdF) sieht im Umfeld des Vereins ohnedies seit längerem Ungereimtheiten.

Kein Geld erhalten

"Erstmals kamen im Sommer 2012 Klagen von Spielern, dass sie ihr Geld nicht erhalten haben. Spieler haben ihre Verträge damals mit slowakischen Firmen ausgemacht. Da ist klar geworden, dass es sich um Scheinarbeitsverträge handelt", meinte VdF-Geschäftsführer Rudolf Novotny am Dienstag. Seither gebe es bei der Vereinigung "laufend Beschwerden" von Spielern, die den Club verlassen. Für Novotny ist klar: "Da wird mit Schicksalen gespielt."

Die Spieler selbst berichten von zurückgehaltenen Löhnen, Prämien seinen nicht ausbezahlt worden. Freiberger fordert nun über die AK laut eigenen Angaben 20.000 Euro vom Verein. Er hat inzwischen seine Wohnung verloren, das Geld in von Intrepid ausgestellten Lohnzetteln sei nie überwiesen worden, wie seine Bank ihm mehrmals bestätigt habe. Klub-Obmann Reiszner sei praktisch nicht greifbar, als Ansprechpartner im Verein fällt immer der Name Robert Hochstaffl.

"Hochstaffl macht alles"

Der Tiroler, einst Manager des FC Tirol, bekleidet im Verein keine offizielle Funktion in der Klubführung, sondern nur die des sportlichen Leiters. Wie Reiszner Ende Juli schriftlich gegenüber der APA erklärte, ist "unser sportl. Leiter ... ausschließlich für die Kaderentwicklung und Kaderplanung sowie die sportl. Belange der 1. Mannschaft des SC Ritzing verantwortlich und in keinster Weise für die Klubführung oder die wirtschaftlichen Agenden des Klubs zuständig".

"Hochstaffl macht alles. Er ist es auch, der vor die Mannschaft tritt", erklärte dagegen Freiberger. Hochstaffl habe die Spieler bei fehlenden Gehältern mehrmals vertröstet. So sei Franz Grad, einst starker Mann beim FC Pasching, immer wieder als möglicher Sponsor genannt worden, der Unternehmer hat allerdings offiziell nichts investiert.

Schlechter Ruf schon seit Jahren

Der Ruf des Vereins sei in Spielerkreisen bereits bekannt. Dass viele trotzdem den Weg ins Burgenland gehen, hat laut Michael Stanislaw auch ein wenig mit Gutgläubigkeit zu tun. "Neue Spieler werden immer beschwichtigt. Das war einmal, heißt es dann. Bis März wurde auch geglaubt, dass der Aufstieg (in die Erste Liga, Anm.) gelingen kann", meinte der im Frühjahr für Ritzing spielende Mittelfeldmann.

Stanislaw ist derzeit vereinslos, nachdem sein ursprünglich bis 2016 laufender Vertrag gekündigt wurde. "Einvernehmlich" steht auf dem Dokument, das der 27-Jährige nach Ende der Übertrittszeit Mitte Juli in seinem Postfach gefunden hat. Dabei hat der Vierte der U20-WM 2007 dies mit dem Verein eigenen Angaben zufolge nicht ausgemacht. Der SC schulde ihm noch einige tausend Euro, da über Monate weniger Gehalt überwiesen worden sei, als im Vertrag stehen würde. Der Verein habe dies auf einen "Tippfehler der Bank" geschoben.

Gehälter werden eingeklagt

Die fehlenden Gehälter werden inzwischen über einen Anwalt der AK Burgenland eingeklagt. Auf diesbezügliche Schreiben gibt es vom Verein jedoch noch keine Reaktion. Der SC Ritzing steckt derzeit in einem Insolvenzverfahren. Passiva in der Höhe von 571.234 Euro wurden angehäuft, wie der Alpenländische Kreditorenverband Ende Juli bekannt gab. Allein die Gebietskrankenkasse fordert wegen "Auffassungsunterschieden" hinsichtlich der rechtlichen Komponente bei der Sozialversicherung 245.000 Euro.

Den neun betroffenen Gläubigern wird ein Sanierungsplan mit einer Quote von 30 Prozent, zahlbar binnen zwei Jahren, angeboten. Abgestimmt wird am 20. Oktober. Das Unternehmen und der Spielbetrieb kann indes vorerst fortgeführt werden - da letzterer bekanntlich ausgelagert ist. Intrepid erzielt laut Obmann Reiszner "ein ordentliches Ergebnis".

Klub-Chef nach außen hin gelassen

"Dieses Sanierungsverfahren dient ausschließlich dazu, Altlasten zu bereinigen, um die positive Weiterentwicklung des SC Ritzing für die Zukunft sicherzustellen", schrieb Reiszner auf der Klubhomepage. Der Unternehmer hat erst ein Sanierungsverfahren seiner Firma I&T hinter sich. Diese besitzt dieselbe Anschrift wie Intrepid.

Anschuldigungen von Ex-Spielern steht Reiszner gelassen gegenüber. "Es wird behauptet, dass es Spieler gibt, die in den letzten 20 Jahren des SC Ritzing ihr Geld nicht bekommen haben. Darauf freue ich mich besonders, wenn die alle aus ihren Löchern kriechen und uns erklären, wer sein Geld nicht bekommen hat. Das Spiel heißt dann: Karten auf den Tisch", meinte der Vereinsboss in der Vorwoche gegenüber der "BVZ". Gegenüber der APA wollte Reiszner am Dienstag keinen Kommentar abgeben: "Das interessiert mich überhaupt nicht."

Aufstieg weiter das Ziel

Reiszner plant mit Ritzing ungeachtet der aktuellen finanziellen Probleme weiter mit dem Aufstieg. Dazu wurden im Sommer namhafte Kräfte wie Torhüter Szabolcs Safar geholt. Die Lizenz war dem Verein in der Vorsaison vonseiten der Bundesliga verweigert worden, auf einen Einspruch wurde damals verzichtet. Dass die Bundesliga im Fall Ritzing aktuell nicht zuständig ist, ist auch Novotny bekannt.

Der VdF-Funktionär sah hingegen die Aufsichtsfunktion des burgenländischen Landesverbandes nicht erfüllt. "Uns stellt sich die Frage, welche Funktion er dabei hat. Wenn im Jänner 2013 ein fast schon als Absteiger fest stehender Verein zum Profibetrieb wird, müsste man das wohl hinterfragen."