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"Wir wollten die Ritzinger Nutznießer sein"

Wie dramatisch und erbarmungslos das Format der Relegation sein kann, wurde wohl spätestens diese Woche durch den Hamburger SV bewiesen, der sich erst in der Verlängerung in Karlsruhe den Klassenerhalt sicherte.

Der SC-ESV Parndorf konnte bereits davor ein Lied davon singen. In den letzten elf Jahren traten die Burgenländer fünfmal in der Relegation um den Aufstieg bzw. Verbleib in der Ersten Liga an und zogen dabei viermal den Kürzeren.

Am Freitag (19 Uhr, Rückspiel am Dienstag, 19:20) folgt nun die nächste Chance, wenn die Elf von Richard Slezak gegen den Meister der Regionalliga Mitte, Austria Klagenfurt, antritt.

Für Spannung wäre also bereits in Übermaß gesorgt, doch dem nicht genug, erlebten die Burgenländer im letzten Monat einen weiteren Nervenkitzel der besonderen Art: Bis Montag wusste der Zweite der Regionalliga Ost nicht einmal, ob er überhaupt an der Relegation teilnehmen darf.

Kapitän Roman Kummerer fällt es daher im Gespräch mit LAOLA1 nicht schwer, die Stimmungslage der vergangenen 30 Tage auf den Punkt zu bringen: „Die letzten Wochen waren auf jeden Fall nervenaufreibend.“

Das große Fragezeichen Ritzing

Mitte April träumte in Parndorf noch niemand von der Relegation.

Die Burgenländer lagen auf Rang zwei der Regionalliga Ost. Der Meistertitel wurde bereits im Herbst verspielt („Da hatten wir leider eine Serie von mehreren Spielen, in denen wir eher wenig Punkte gemacht haben“), Tabellenführer SC Ritzing hatte neun Punkte Vorsprung, die Relegation schien damit außer Reichweite. Dann kam der 30. April.

An diesem Tag wurde Ritzing, das Ende 2014 ein Sanierungsverfahren abgeschlossen hatte, die Lizenz in erster Instanz verweigert. Womit Parndorf wieder im Spiel war, denn im Falle der fehlenden Lizenz des Meisters würde der Zweite in die Relegation nachrücken.

Ritzing kämpfte also um die Lizenz, Parndorf um Platz zwei.

Das Nervenspielchen für Kummerer und Co. startete: „Diese Ungewissheit, wie schaut es aus mit der Ritzinger Lizenz? Dürfen wir spielen, dürfen wir nicht spielen? Immer mit dem Hintergrund, den zweiten Platz gegenüber der Vienna und Amstetten absichern zu müssen, war nervenaufreibend.“

Ritzinger Instanzenzug

Trotz ungewissen Ausgangs fiel dabei die Konzentration auf die eigene sportliche Leistung nicht schwer: „Im Endeffekt will jeder Spieler jedes Spiel gewinnen, Lizenz und Relegationsplatz hin oder her.“

Das Rezept ging voll auf.  Mit der „Moralinjektion“ eines Sieges auf der Hohen Warte bei der Vienna, als Grundstein, fixierte Parndorf schließlich mit einem 4:3-Erfolg in Neuberg Rang zwei.

Das sportliche Soll wurde somit erfüllt und doch hieß es weiter warten, als Ritzing auch noch beim Ständig Neutralen Schiedsgericht Protest einlegte.

Die Entscheidung fiel erst vergangenen Montag.

Kurze Vorbereitung lang genug

Nachdem Ritzing den Protest zurückzog, war der Weg für Parndorf frei. Vier Tage vor dem Hinspiel gegen Klagenfurt.

Der 28-jährige Jusits stimmt seinem Kapitän zu und geht sogar noch eine Stufe weiter. „Viele von unserer Mannschaft wissen, wie das Ganze abläuft, welche Emotionen im Spiel sind. Dass wir schon einige Spieler mit Relegations-Erfahrung haben, könnte sicherlich ein kleiner Vorteil für uns sein.“

Kritik am Format

Kummerer, der am Freitag in seine vierte Relegation geht, hält das Format der Relegation aber generell für fehl am Platz: „Wir haben jetzt als Zweiter die Chance erhalten, aber ich bin der Meinung, wenn man Meister wird und sportlich sowie lizenzauflagentechnisch Leistung bringt und trotzdem erst in direkten Relegations-Duellen entschieden wird, ob man aufsteigen darf oder nicht, ist das System hinterfragungswürdig.“

Natürlich müsste dann auch am Format der Ersten Liga gearbeitet werden: „Um den Direktaufstieg des Regionalligameister zu ermöglichen, müsste die Erste Liga um ein paar Vereine aufgestockt werden. Das liegt aber natürlich nicht in unserer Hand, das müssen andere Leute entscheiden.“

Dass nächstes Jahr der Ostliga-Meister ein Fixticket für die Erste Liga bucht, so wie dieses Jahr Westliga-Meister Austria Salzburg, interessiert den 30-Jährigen nur bedingt: „Die Realität heißt jetzt Klagenfurt.“

Thonhofer-Abgang

Eine „kompakte Mannschaftsleistung“, darin sind sich beide Akteure einig, soll den Erfolg gegen offensivstarke Kärntner bringen. „Wir haben jetzt keinen Superstar in der Mannschaft, aber wir sind lauter gute Fußballer“, so Jusits.

Dass dadurch die Vorbereitung auf den Gegner Austria Klagenfurt zu kurz kam, glaubt Thomas Jusits, Verteidigerkollege, nicht: „Der Trainer hat sich die Mannschaft vorher angeschaut. Wir haben vor und nach dem Training Videoanalysen gemacht und viel gesprochen. Wir werden sicher gut vorbereitet sein.“

Zumal die eigene sportliche Wettbewerbsfähigkeit viel wichtiger erscheint. Parndorf wurde mit 31 Punkten aus 15 Spielen bestes Rückrunden-Team. Für Kummerer soll es in dieser Tonart weitergehen: „Da haben wir Selbstvertrauen tanken können, dementsprechend positiv gehen wir in die Relegation.“

In der Favoritenrolle sieht sich der Kapitän aber nicht: „Die Chancen stehen 50:50. Wir sind Mannschaften auf derselben Leistungsstufe, die beide ihre Leistungen gebracht haben.“

Relegations-Fluch

Und doch hat man in gewisser Wiese das Gefühl, dass die Relegation gegen die Burgenländer spricht. Zumindest ihre Statistik.

Zwischen 2004-2014 trat Parndorf fünfmal in diesem Format an. Einzig 2013 gegen BW Linz ging man als Sieger hervor. 2004 gegen Gratkorn, 2010 gegen den WAC, 2011 gegen die Vienna und letztes Jahr gegen den LASK folgten Niederlagen.

Diese überschaubare Siegesquote von 20 Prozent verbreitet aber im Lager der Burgenländer keine Panik: „Lassen wir Bilanz Bilanz sein. Es ist eine neue Chance und wir konzentrieren uns auf die zwei Spiele.“

Thomas Jusits will mit Parndorf in die Erste Liga zurück

Der wohl bekannteste davon sorgte unter der Woche jedoch für Unruhe. Christian Thonhofer, 203-facher Bundesliga-Spieler (Admira, Rapid, Wr. Neustadt, WAC), löste am Dienstag einvernehmlich seinen Vertrag bei den Burgenländern auf.

Diesem mehr als ungünstigen Zeitpunkt nicht genug, bildete sein neuer Verein noch das Sahnehäubchen: Ausgerechnet Relegationsgegner Austria Klagenfurt.

„Natürlich war das nicht positiv für die Vorbereitung, wenn man plötzlich erfährt, dass ein Leistungsträger in den Relegationsspielen fehlen wird. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir diesen Ausfall im Kollektiv kompensieren können.“

Böses Blut sei dadurch keines entstanden. Im Gegenteil, die nunmehr Ex-Kollegen zeigen durchaus Verständnis, wie Jusits kundgibt: „Wir haben intern schon länger gewusst, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass Christian den Verein verlassen wird. Wenn er ein besseres Angebot vom Gegner erhält, ist das natürlich bitter, aber es ist für einen Spieler legitim, dass er wechselt.“

Aber natürlich bleibt auch für den Kapitän klar: „Der Zeitpunkt war ein bisserl ungünstig.“

Denn nervenaufreibend sind die Relegation und der Weg dorthin schon mehr als genug.

 

Andreas Gstaltmeyr

Jahr Format Team 1 Team 2 Ergebnisse
2004 Erste Liga-RL Ost Gratkorn Parndorf 1:1, 0:0
2010 RL Mitte-RL Ost WAC Parndorf 0:1, 4:1
2011 RL Ost- EL Parndorf Vienna 0:3, 1:2
2013 EL-RL Ost BW Linz Parndorf 1:2, 0:1
2014 EL-RL Mitte Parndorf LASK 0:1, 1:1
2015 RL Ost- RL Mitte Parndorf Austria Klagenfurt ?