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"U21-Spieler müssen für das A-Team vorgeprägt sein"

Österreichs U21-Nationalmannschaft startet in eine neue Ära.

Nach dem überraschenden Abgang von Teamchef Andreas Herzog gen USA kurz vor Weihnachten schwingt ein neuer Trainer das Zepter.

Werner Gregoritsch ist offiziell seit 1. Februar im Amt und startet seine U21-Teamchef-Karriere mit einem Freundschaftsspiel gegen die Schweiz.

Dieses wird am Mittwoch um 19:30 Uhr weder hierzulande noch in unserem Nachbarland angepfiffen, sondern im spanischen Villarreal.

Vorab stellte sich der 53-Jährige den Fragen von LAOLA1, schildert dabei seine Herangehensweise und die Zusammenarbeit mit Teamchef Marcel Koller, dessen Bestellung er im vergangenen Jahr noch kritisiert hatte.

LAOLA1: Warum spielt eigentlich das U21-Team ein Freundschaftsspiel gegen die Schweiz in Villarreal?

Werner Gregoritsch: Es war eigentlich ein Spiel gegen Spanien terminisiert, das allerdings dann nicht zustande gekommen ist. Von der Organisation her war alles vorbereitet. Der Schweizer Verband hat in der Folge nach einem Testgegner gesucht und es hat sich dann so ergeben. Zudem kommt hinzu, dass das Klima hier optimal ist. Es konnte keiner wissen, ob in Österreich oder in der Schweiz zu dieser Zeit perfekte Bedingungen vorherrschen.

LAOLA1: Sie sind seit etwas mehr als einem Monat U21-Teamchef. Wie kam es überhaupt dazu?

Gregoritsch: Andreas Herzog hatte den ÖFB Richtung USA verlassen und ich war erstmals in 20 Jahren als Trainer im Winter ohne Job. Ich denke, der ÖFB ist dann an mich herangetreten, weil meine Erfolge und meine Leistungen in den vergangenen zehn, elf Jahren im österreichischen Fußball auch bemerkt worden sind. Zudem habe ich immer sehr viel mit jungen Spielern zu tun gehabt, eigentlich als Lehrer von der Pieke weg – von der Schülerliga bis in den Profi-Bereich habe ich alle Jugend-Stationen durchgemacht. Mir hat Arbeit mit der Jugend schon immer gefallen. Es freut mich sehr, dass die Wahl auf mich gefallen ist.

LAOLA1: Sportdirektor Willi Ruttensteiner meinte, Sie seien der „absolute Wunschkandidat“ gewesen. Warum hat es einen Monat gedauert, ehe Sie als verfügbarer Trainer das Amt offiziell angetreten haben?

Gregoritsch: Es war ja so, dass Andreas Herzog erst im Dezember bekanntgegeben hat, dass er aufhört und Dezember/Jänner ist sozusagen auch die Weihnachtspause im Fußball. Der ÖFB hat sich dann auch einige Dinge überlegt. Den Kontakt zwischen uns gab es schon im Dezember, nach der Ferienzeit wurde dann der nächste Termin wahrgenommen und man hat sich weiter unterhalten.

LAOLA1: Sie mussten wohl nicht lange überlegen.

Gregoritsch: Das musste ich nicht, weil mir der Job gefällt und ich gerne mit jungen Leuten arbeite. Zum zweiten auch, weil es nun eine andere Art von Trainer-Arbeit ist. Es gibt jetzt nicht jede Woche sozusagen den Stress und den Druck, du musst nun auch mehr im globalen Fußball arbeiten. Ich beobachte Spieler, bin auch mit ihnen sowie mit ihren Trainern in Kontakt. Diese Arbeit gefällt mir. Ich habe sie im Prinzip auch schon einmal gemacht, im regionalen Bereich, bei der steirischen Amateur-Auswahl. Da war ich nebenbei aber auch noch Trainer. Als Co-Trainer an der Seite von Paul Gludovatz bei der U16-EM in Irland habe ich gesehen, wie das ist. Inklusive der Herausforderung eines neuen Trainer-Jobs hat mir das schon sehr gefallen.

LAOLA1: Nach welchen Kriterien haben Sie Ihren ersten Kader zusammengestellt?

Gregoritsch: Zum einen hat Andi Herzog eine recht intakte Truppe gehabt. Ich kenne ja sehr viele Spieler, zumal sie in der Bundesliga spielen. Es ist dann eben so, dass du sehr viel im Büro arbeiten musst, dir Videos ansiehst und viel Hintergrund-Arbeit verrichtest. Ich habe natürlich auch die Videos der Spiele aus den letzten eineinhalb Jahren bekommen. Das ist vom ÖFB sehr professionell geführt. Die habe ich mir dann angeschaut, zudem Spieler zu Beginn der Frühjahrssaison beobachtet. Außerdem habe ich mit allen Bundesliga-Trainern Kontakt gehabt, auch mit einigen aus der zweiten Liga. So habe ich inklusive der Legionäre einen Grundkader von 40 bis 50 Spielern. Aus diesen habe ich dann ausgesucht.

LAOLA1: Mit Christopher Dibon ist der bisherige Kapitän verletzungsbedingt ausgeschieden. Haben Sie darauf reagiert?

Gregoritsch: Martin Hinteregger ist nachgerückt. Das freut mich auch, weil er in Salzburg sehr gute Partien abgeliefert hat. Auf der anderen Seite tut es mir für Christopher sehr leid und wir wünschen ihm von hier aus alles Gute, so dass er uns bei unseren kommenden Aufgaben wieder helfen kann.

Werner Gregoritsch macht auch sein neuer Job viel Spaß

LAOLA1: Warum war Hinteregger als Salzburger Stammspieler nicht von Beginn weg im Kader?

Gregoritsch: Das hatte ich mit seinem Trainer Ricardo Moniz besprochen. Wir haben einen größeren Kader, Martin hatte binnen zwei Wochen inklusive Europacup vier Spiele absolviert und es war dann angedacht, ihn auf Abruf zu nominieren. Sollte irgendwas passieren, dann würde ich ihn  dazuholen. Das ist jetzt geschehen. Man muss einfach auf gewisse Dinge Rücksicht nehmen. Jetzt ist er da und freut sich auf das Spiel. Er ist auch altersbedingt ein Thema für die nächste Qualifikation, besitzt hohe Qualität und da versuchen wir, flexibel zu sein und mit dem Trainer das zu besprechen.

LAOLA1: Ihr Sohnemann Michael hat es nicht in den Kader geschafft. Warum?

Gregoritsch: Zum einen hat er die Matura vor sich, weiters bei Kapfenberg zwei Trainingslager mehr oder minder nicht mitgemacht. Ab Juni ist er dann Profi in Hoffenheim und für mich hat er jetzt nicht die Qualifikation gehabt. Du musst im Verein etwas leisten, zumindest etwas zeigen. Das hat jetzt so nicht gepasst, dafür sind andere Spieler dabei. Ich freue mich, dass Stürmer wie Marco Djuricin, Andreas Weimann, Deni Alar oder Dario Tadic dabei sind. Sie haben eine gute Performance abliefern, deswegen sind sie dabei. Aber der Michi wird für mich sicher ein Thema sein, wenn er wieder spielt.

LAOLA1: Haben Sie sich hinsichtlich der Kadererstellung mit Andreas Herzog in Verbindung gesetzt oder war das nicht notwendig?

Gregoritsch: Ich habe mit ihm schon vor Wochen telefoniert, aber das hatte damit jetzt nichts zu tun. Ich werde mich aber sicherlich noch mit ihm zusammensetzen und auch über die Spieler reden. Aber ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bin jetzt wenige Zeit dabei, aber es macht mir riesigen Spaß. Ich bin positiv überrascht über die Konzentration und die Seriosität im Training – auch bei einfachen Technikübungen. Von der Einstellung her passt es einfach. Der österreichische Fußball hat sehr gute Junge, das muss durch Leistungen bestätigt werden. Wenn du mit ausländischen Funktionären sprichst, dann wird unsere Mentalität hinsichtlich Gemütlichkeit als Hindernis angesehen. Bei uns herrscht aber eine sehr gute Mentalität, denn unsere Spieler wollen zeigen, dass wir nicht nur aus einem Skifahrer-Land kommen, sondern auch Fußball spielen können.

LAOLA1: Wie haben Sie im Vorfeld Ihrer ersten Zusammenkunft mit der U21 mit Marcel Koller kommuniziert?

Gregoritsch: Ich habe mit ihm schon vor einigen Wochen gesprochen, nämlich wie er sich das Nationalteam vom Auftritt her vorstellt – auf und abseits des Platzes. Das ist natürlich die Leitlinie, die auch ich bei meiner Mannschaft durchzuführen versuche.

LAOLA1: Haben Sie hinsichtlich des Spielsystems gesprochen?

Gregoritsch: Ja, freilich, das ist ganz klar! Grundlinie ist einmal die Viererkette in der Abwehr, dann gibt es die Flexibilität vom 4-2-3-1-System. Wir werden natürlich auch versuchen, diess zu spielen. In der Folge kommt es eben darauf an: Man kann während eines Spiels auch auf 4-4-2 umschalten oder auf 4-1-4-1 oder 4-3-3. Grundsätzlich soll es aber schon so sein, dass wir ähnlich dem A-Team auftreten wollen. Denn wenn ein Spieler aufrückt, dann soll er vorgeprägt sein. Er soll auf der Position spielen können, wo ihn das Nationalteam auch braucht.

LAOLA1: Die gewünschte Durchgängigkeit, die von der ÖFB-Spitze bei der Koller-Bestellung ausgegeben wurde, wird also nun in die Tat umgesetzt.

Gregoritsch: Von mir auf alle Fälle. Ich habe ja auch sehr viele Hospitationen gemacht, mit Verbänden zu tun gehabt und ich glaube, es ist das Beste. Die Spanier zeigen das auch vor, was mit Durchgängigkeit samt notwendiger Flexibilität möglich ist. Es geht um die Spielphilosophie: Wie man gegen den Ball arbeitet, wo man Pressing betreibt, wie man im Ballbesitz eine gute Zirkulation herstellt sowie auch schnell umschaltet. Das sind Grundprinzipien, über die ich auch mit dem Teamchef gesprochen habe. Es war ein sehr gutes Gespräch und wir haben eine sehr idente Linie. Es ist auch mein Auftrag, diese Linie in meinem Jahrgang einzuhalten.

LAOLA1: Sie hatten damals die Teamchef-Entscheidung des ÖFB zugunsten Marcel Kollers kritisiert, weil kein Österreicher bestellt wurde. Schnee von gestern?

Gregoritsch: Ich habe auch damals erklärt, dass es mir nicht um die Person Marcel Koller gegangen ist. Ich kannte ihn aus früheren Duellen als GAK-Trainer gegen St. Gallen, in denen mir die Kompaktheit und die Qualität seiner Mannschaft aufgefallen ist und ich seinen Weg weiter verfolgt habe. Mir ist es darum gegangen, dass es Österreicher gibt, die sich das verdienen würden. Ich hatte diesen kollegialen Gedanken, nämlich, dass wir Österreicher auch gute Trainer haben. Das war meine Botschaft. Aber Sie wissen ja, wie es im Journalismus ist, das wird einem sofort im Mund umgedreht und ich wurde als Gegner Kollers dargestellt. Das war überhaupt nicht der Fall.

LAOLA1: Die Zusammenarbeit läuft ergo reibungslos ab.

Gregoritsch: Da gibt es überhaupt nichts, außer, dass wir uns momentan nicht so viel austauschen können, weil jeder mit seinem Team arbeitet. Aber durch den Sportdirektor in Person Willi Ruttensteiners gibt es ein Bindeglied und es funktioniert alles sehr gut.

LAOLA1: Sehr gut sind die Chancen auf die erfolgreiche EM-Quali nicht mehr. Wie sehen Sie es?

Gregoritsch: Wir haben natürlich nun auch schon Spieler dabei, die für die nächste Quali in Frage kommen. Das ist jetzt eine Mischung aus erfahrenen und jüngeren Spielern. Mir geht es einfach darum, aus der jetzigen Situation das Bestmögliche zu machen. Deswegen ist mir die Partie gegen die Schweiz sehr wichtig, weil sie eine der besten Nachwuchsmannschaften ist. Die Schweiz wurde U17-Weltmeister, war zuletzt im EM-Finale der U21 - da wird es viel Positives zu sehen geben, sowie wir auch sehen werden, wo wir stehen und wie weit wir von dieser Qualität entfernt sind. Aber ich bin mir sicher, dass wir viele gute Möglichkeiten vorfinden werden. Das gilt auch für die Qualifikation. Wir haben Luxemburg und Schottland noch zu Hause, Holland auswärts - es gibt uns keiner eine Chance, aber ich glaube an diese Mannschaft. Wenn sie das auch tut, können wir noch die eine oder andere Überraschung schaffen. Mir ist wichtig, diesen Glauben zu vermitteln.

LAOLA1: Sie haben die Spieler nur sehr selten, wie werden Sie sich zwischenzeitlich ein Bild machen?

Gregoritsch: Man muss sehr viel kommunizieren und Hintergrund-Informationen sammeln, was im Verein passiert. Man muss mit den Trainern sprechen, Spiele beobachten und einfach immer den Kontakt halten. Ich werde auch Trainings besuchen. Das Wichtigste ist dann, herauszufiltern, wie wichtig der Spieler für uns ist. Es gibt Situationen, in denen jemand nicht so viel spielt. Wie etwa Legionäre, Beispiel Daniel Royer. Die können dann hier zeigen, dass sie zu den besten Nachwuchsspielern Europas gehören.

LAOLA1: Letzte Frage: Sie haben Ihre ehemalige Mannschaft Kapfenberg bei der Austria siegen gesehen. Überrascht?

Gregoritsch: Ich habe durch meinen Sohn Informationen gehabt und bin auch so mit Kapfenberg immer wieder in Kontakt, etwa mit dem Präsidenten (Erwin Fuchs, Anm.). Sie haben durch Trainer Thomas von Heesen einen guten Zugang zu Spielern, haben für mich eine ausgezeichnete Transferpolitik betrieben. Sie haben vier, fünf Spieler, die in Österreich Top-Qualität besitzen, dadurch haben sich auch die jungen und andere Spieler gesteigert. Die halbe Mannschaft wurde ausgewechselt, es war eine komplett neue Situation. Die neuen Spieler sind total unbelastet und wie ich das bislang gehört habe, hinsichtlich Training und Stimmung, ist das eine ganz neue Mannschaft, die daran glaubt und jetzt ein Erfolgserlebnis einfahren konnte - auch wenn es weiter schwierig bleibt, weil auch Mattersburg punktet. Aber die Kapfenberger haben in der ersten Hälfte einen sehr guten Fußball gespielt. Von dieser Mannschaft kann man sich wirklich noch einiges erwarten. Jetzt haben sie eine sehr gute Mischung, ich war sehr positiv überrascht über das Zweikampfverhalten, das Pressing und Spielkultur. Man muss aber schon auch dazusagen, dass die Austria alles versucht und das Pech gehabt hat, die Tore nicht zu machen. Dahingehend muss ich auch festhalten, dass ich entgegen einer Meldung in der Zeitung nicht gesagt habe, die Austria würde nicht fit sein. Das war ein kompletter Blödsinn. Ich habe nur gesagt, dass die Austria auf das schnelle Passspiel hin etwas behäbig gewirkt hat beziehungsweise nicht so spritzig, weil sie eben auch überrascht waren, wie gut das Fußballspiel der Kapfenberger funktioniert hat.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler