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"Die Umstellung war schwer"

Während Dominik Wydra im Flugzeug nach Österreich saß, wurde sein Trainer bei Paderborn beurlaubt. Nur sieben Punkte aus zehn Spielen – der Saisonstart in die zweite Liga war enttäuschend.

Die andere Seite der Medaille: Der 21-Jährige hat bei seinem neuen Klub schon sechs Pflichtspiele in der Startelf absolviert, war insgesamt neun Mal im Einsatz. „Ich bin zufrieden, wie es für mich persönlich gelaufen ist“, sagt der Wiener im LAOLA1-Interview.

Wenn es um den Vergleich zu Österreich geht, sagt der Mittelfeldspieler: „Ich würde gar nicht sagen, dass die fußballerische Klasse in der zweiten deutschen Liga höher ist, technisch sind die Spieler in Österreich vielleicht sogar besser.“

Der Deutschland-Legionär spricht außerdem über seine Rolle als rechte Hand von U21-Teamchef Werner Gregoritsch, über die Umstellung auf das Leben in einer Kleinstadt und seine Chancen auf die EURO 2016.

LAOLA1: Wie ist die Stimmung im U21-Team nach dem guten EM-Quali-Start mit zwei Siegen?

Dominik Wydra: Sehr gut! Wir haben drei neue Spieler dabei, die sich auch schon gut integriert haben. Wir stehen auch abseits der Länderspiele ständig in Kontakt – jeder freut sich auf diese Lehrgänge.

LAOLA1: Ihr habt euren nächsten Gegner Aserbaidschan (Freitag, 17:30 Uhr, St. Pölten) auswärts mit 2:0 geschlagen. Ist das Heimspiel ein Pflichtsieg?

Wydra: Wenn wir weiterkommen wollen, ist es das. Wir unterschätzen den Gegner aber keinesfalls. Wenn wir ihnen Räume lassen, können sie spielen. Wenn wir aber so spielen wie in der ersten Hälfte gegen Russland, werden wir gewinnen. Ich will keine großen Sprüche klopfen, aber wir wissen um die Qualität unserer Mannschaft. Wir können gegen jeden Gegner ein Tor schießen.

LAOLA1: Was erwartest du von den Zusehern. Der Besuch in St. Pölten gegen Russland war mit 1.000 Fans ziemlich enttäuschend.

Wydra: Wir sind das schon gewohnt. Viel mehr Fans kommen zur U21 ja nie. Ich finde es schade, weil wir einen sehr guten Fußball spielen und es den Leuten sicher Spaß machen würde, sich das Spiel anzusehen.

"Ich bin die rechte Hand des Teamchefs"

LAOLA1: Was bedeutet es dir, Kapitän der ÖFB-U21 zu sein?

Wydra: Das ist eine große Ehre. Ich bin die rechte Hand des Teamchefs und versuche, die Mannschaft nach seinen Vorstellungen zu führen. Wir haben im letzten Jahr einen sehr guten Draht zueinander aufgebaut. Es gehört zum Job des Kapitäns, die Ansprache in der Kabine zu machen und auch, wenn wir vor dem Spiel im Kreis stehen, das Wort zu ergreifen. Andererseits spielen die meisten von uns in Top-Ligen, da weiß jeder, wie er sich motiviert. Weder der Trainer, noch ich müssen große Reden halten. Ich bin eher dafür da, mal am Tisch zu hauen, wenn im Training etwas nicht passt. In diesem Jahrgang  kommt das aber nicht oft vor – da weiß jeder, worum es geht.

LAOLA1: Du bist auch am Platz derjenige, der lautstark Anweisungen gibt. Das ist eine Rolle, die man als junger Spieler im Verein für gewöhnlich nicht innehat. Wie geht es dir damit?

Wydra: Ich mache das gerne. Ich war im Nachwuchs immer schon derjenige, der korrigiert hat, wenn etwas nicht gepasst hat. Als Zentrumsspieler wird man von der Jugend auf dazu gedrillt, Verantwortung zu übernehmen und am Feld zu coachen. Das hängt nicht mit der Kapitänsrolle zusammen, sondern ist einfach Aufgabe eines Spielers im Zentrum. Wenn man, so wie ich bei Rapid, in die Kampfmannschaft kommt, ist es klar, dass man nicht der Lauteste am Platz ist. Mit der Zeit bekommt man aber auch dort die Chance, sich in dieser Rolle zu beweisen.

LAOLA1: Markus Gellhaus ist als Trainer von deinem Klub Paderborn am Dienstag beurlaubt werden. Wie und wann hast du davon erfahren?

Wydra: Das ist während meiner Anreise zur U21 passiert. Als ich aus dem Flieger gestiegen bin und mein Handy wieder aufgedreht habe, hatte ich schon einige Nachrichten von meinen Mannschaftskollegen. Rene Müller, der interimistisch übernommen hat, kenne ich nicht persönlich, ich habe von jenen Mitspielern, die schon unter ihm gearbeitet haben, aber Positives gehört.

"Ich habe konditionell ordentlich zugelegt"

LAOLA1: Wo hast du dich eingereiht?

Wydra: Ich habe die ersten vier Spiele von Beginn an gemacht, dann war ich beim U21-Team, währenddessen ist mit Oliver Kirch ein neuer Spieler gekommen. Ich habe drei Spiele lang nicht gespielt und bin jetzt wieder zwei Mal in der Startelf gestanden. Ich gehe davon aus, dass ich unter den ersten 11, 12, 13 Spielern bin. Ich hoffe, das wird unter dem neuen Trainer auch so sein.

LAOLA1: Wie bist du mit deinen Leistungen zufrieden?

Wydra: Die Trainer waren im Großen und Ganzen zufrieden mit meinen Leistungen. Ein paar Mal war ich auch zufrieden, aber ich kann natürlich besser spielen. Ich brauche noch ein bisschen Eingewöhnungszeit. Das Tempo in der Liga ist schon ein anderes. Ich gehe davon aus, auf einem guten Weg zu sein. Insofern bin ich zufrieden, wie die ersten zehn Spiele für mich persönlich gelaufen sind. Als gesamte Mannschaft war es ein schlechter Start.

LAOLA1: Welche Rolle spielst du in Paderborn?

Wydra: Wir spielen 4-2-3-1. Vor mir spielt Kevin Stöger, mit dem ich mich auf und abseits des Platzes super verstehe, ich spiele neben unserem Kapitän Marvin Bakalorz auf der Acht – bin also der Pendelspieler. Hinten muss ich die Zweikämpfe gewinnen, vorne meine Pässe spielen und zu Abschlüssen kommen. Es ist eigentlich dasselbe wie bei Rapid. Meine Torgefährlichkeit muss ich noch verbessern, ich will auch mehr Torschussvorlagen liefern.

LAOLA1: Wie wird man torgefährlicher?

Wydra: Man muss sich Training für Training vornehmen, einfach mit nach vorne zu gehen, um das zu automatisieren. Vor gewissen Spielformen nehme ich mir gezielt vor, bei Angriffen schon früher mit nach vorne zu gehen und es anstatt quer zu spielen auch früher mit Distanzschüssen zu versuchen.

LAOLA1: Du hast das höhere Tempo schon angesprochen. Was fällt dir im Vergleich zweite deutsche und erste österreichische Liga noch auf?

Wydra: Es geht viel mehr hin und her – das ist mit Österreich nicht vergleichbar. Ich würde gar nicht sagen, dass die fußballerische Klasse höher ist, technisch sind die Spieler in Österreich vielleicht sogar besser. Aber es gibt eben vom Tempo her kein Ausruhen. Da kann man nicht zwei, drei Minuten einfach mal hinten hin und her spielen. Alle Vereine rücken sofort raus. Deswegen waren die ersten Spiele für mich auch sehr intensiv. Ich merke jedoch, dass im Training viel weitergeht, ich habe konditionell ordentlich zugelegt.

LAOLA1: Was ist zum Saisonstart schiefgelaufen?

Wydra: Wir haben zum Auftakt gegen Bochum sehr unglücklich 0:1 verloren, Düsseldorf 2:1 besiegt, und das 0:6 gegen Sandhausen hat uns dann so richtig aus der Bahn geworfen. Uns hat das Selbstvertrauen gefehlt, wir haben vorne zu wenige Chancen erarbeitet und sind hinten schlecht gestanden. Es hat also von hinten bis vorne nicht funktioniert. Es ist schwer zu erklären. Vielleicht sind ein paar Spieler mit dem Kopf ja noch in der ersten Liga. Aber egal, wir müssen da alle gemeinsam wieder rauskommen.

LAOLA1: Einer der ersten Medienberichte nach deiner Verpflichtung hatte den Titel „Der Stratege aus Wien“. Hast du einen gewissen Druck gespürt?

Wydra: Wenn man mit Druck Fußball spielt, kommt nichts Gutes dabei raus. Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht, was der Trainer und die Mannschaft von mir erwarten, was ich im Training zeigen muss. Aber besonderen Druck mache ich mir keinen. Ich bin 21 Jahre alt und denke, dass mir der Klub die nötige Zeit gibt, um mich so zu entwickeln, wie wir uns das alle vorstellen.

LAOLA1: Bei Rapid bist du aus dem eigenen Nachwuchs gekommen, hast dich in der Hierarchie zunächst also ganz unten eingereiht. Wie war es diesmal, als Neuzugang für den Ablöse bezahlt wurde, in eine Mannschaft zu kommen?

Wydra: Es war ein neues Gefühl. Die Umstellung in den ersten Wochen war schwer – das erste Mal weg von daheim, das erste Mal alleine sein. Mir haben die anderen jungen Spieler aber gut geholfen. Und mit der Zeit habe ich gemerkt, wo ich mich einreihe. Man muss zuerst Leistung bringen, ehe man etwas in der Mannschaft einfordern kann und in der Hierarchie steigt. Ich denke, die Mannschaft respektiert mich und ich respektiere meine Mitspieler. Das Klima innerhalb der Truppe ist super, da will keiner etwas Besonders sein.

LAOLA1: Du bist von der Millionenstadt Wien ins kleine Paderborn mit nicht ganz 150.000 Einwohnern übersiedelt.

Wydra: Da liegen wirklich Welten dazwischen. Paderborn ist eine kleine Stadt mit einem netten Zentrum und einer kleinen Einkaufsstraße. Ich habe eine schöne Wohnung in der Nähe des Zentrums gefunden. Es ist ruhig und man kann sich super auf den Fußball konzentrieren. Mir tut das ruhige Umfeld gut. Es sind rundherum ein paar größere Städte, die man besuchen kann, wenn man frei hat – Hamburg, Düsseldorf und Köln.

LAOLA1: Du hast mittlerweile schon in Düsseldorf und Kaiserslautern gespielt. Das ist von den Zuschauern her doch noch einmal etwas ganz anderes als in Österreich.

Wydra: Wenn man in Düsseldorf von der Autobahn abfährt, steht da auf einmal ein Riesending mit 50.000 Plätzen. Das ist schon sehr motivierend. Da bräuchte man sich gar nicht mehr aufzuwärmen, ist von der ersten Minute an sehr fokussiert. Bei so einer Atmosphäre kann man gar nicht demotiviert sein. Es ist einfach geil, vor so vielen Leuten zu spielen. Am Platz kann ich das Rundherum aber gut ausblenden, da haben mir die Spiele im vollen Hanappi-Stadion schon geholfen.

LAOLA1: Haben dich die ersten paar Wochen im Ausland irgendwie verändert?

Wydra: Nein. Die Leute, die mich kennen, sagen auch, dass ich genauso bin wie davor. Vielleicht habe ich meine Sprache ein bisschen geändert. Wenn ich in Deutschland bin, versteht mich nicht jeder, wenn ich Wienerisch spreche. Es passiert oft, dass mich meine Mitspieler nicht so gut verstehen, wenn ich Dialekt spreche. Aber sie haben sich schön langsam daran gewöhnt und hören genauer hin.

LAOLA1: Kommen wir noch einmal zum ÖFB zurück. In ein paar Monaten findet die EURO 2016 mit Österreich statt. Machst du dir als U21-Teamkapitän Hoffnungen auf eine Teilnahme?

Wydra: Natürlich mache ich mir Hoffnungen, ich verschwende aber keine Gedanken daran. Wenn der Teamchef anrufen würde, würde ich mich wie ein kleines Kind freuen – auch wenn der erste Anruf erst kurz vor der EM kommt und ich davor noch nicht dabei war. (lacht) Aber da liegen noch so viele wichtige Spiele dazwischen… Ich mache mir diesbezüglich keinen Druck, das bringt auch nichts.

LAOLA1: Vor allem ist es auf deiner Position nicht gerade einfach, ins A-Team zu kommen.

Wydra: Wenn David Alaba und Julian Baumgartlinger ihre normalen Leistungen bringen, kommt keiner an ihnen vorbei. Das sind in Österreich sicher die beiden besten Spieler auf dieser Position. Und davor spielt ein überragender Zlatko Junuzovic. Diese drei Positionen sind also fix vergeben. Es stimmt, dass meine Position vor allem für junge Spieler schwierig ist. Alaba ist da eine Ausnahme, der ist etwas Besonderes.

LAOLA1: Du hast drei Namen aufgezählt, die in Deutschland mittlerweile große Nummern sind. Wird man als Österreicher noch belächelt?

Wydra: Auf gar keinen Fall! Man merkt, dass ein sehr großer Respekt vor Österreich da ist. Vor fünf Jahren war das sicher noch anders. Aber so ist es im Fußball eben: Ob als neuer Spieler, Verein oder Nation – durch gute Leistungen verschafft man sich Respekt.

Das Gespräch führte Harald Prantl