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Heraf; „Sind in der Lage, Deutschland zu schlagen“

Heraf; „Sind in der Lage, Deutschland zu schlagen“

"Es ist Fakt, dass einige Mannschaften in Europa mehr Klasse haben als wir."

U19-Teamchef Andreas Heraf und seine Schützlinge haben diese auf ihrem Weg ins EM-Halbfinale trotzdem fast alle hinter sich gelassen.

Neben dem ÖFB-Nachwuchs mischen lediglich noch Serbien, Portugal und Semifinal-Gegner Deutschland (Montag, 18 Uhr) um den begehrten Titel mit.

"Ich weiß, dass wir in der Lage sind, Deutschland zu schlagen", wittert Heraf im Interview mit LAOLA1 die Chance, einen weiteren "Großen" auszuschalten.

Und das mit den "einfachsten" Mitteln.

LAOLA1: Gratulation zum Einzug ins Semifinale! Fußball-Spiele gegen den „Lieblingsnachbarn“ haben für Österreich immer eine besondere Bedeutung. Auch für Sie?

Andreas Heraf: Als Trainer ist es mir relativ egal, gegen wen wir spielen. Das Besondere daran ist, dass es ein EM-Semifinale ist. Aber Duelle mit dem Nachbarland haben aufgrund der Vergangenheit immer eine besondere Brisanz. Von Cordoba bis Gijon und was es nicht alles gegeben hat, ist Fußball gegen Deutschland etwas Besonderes.

LAOLA1: Das Mindestziel, die WM-Quali für Neuseeland, haben Sie längst in der Tasche. Verspüren Sie und Ihre Mannschaft überhaupt noch Druck?

Heraf: Nein. Der liegt ohne jeden Zweifel bei den Deutschen. Wer verliert schon gerne gegen ein kleines Fußball-Land wie Österreich? Niemand! Und schon gar nicht die Deutschen.

LAOLA1: Gegen den Favoriten wird es vor allem auf die Defensive ankommen. Stamm-Innenverteidiger Gugganig war zuletzt angeschlagen. Können Sie wieder aus dem Vollen schöpfen?

Heraf: Diesbezüglich schaut es sehr gut aus. Gugganig wird einsatzfähig sein, somit sind alle 18 Spieler an Board.

Jubelt Österreich auch gegen Deutschland?

LAOLA1: Diese ist mitunter ein Grund für den Erfolgslauf. 2004 gewann Griechenland den EM-Titel bei den „Großen“. Eine Parallele?

Heraf: Ich bin kein Defensiv-Apostel, wir wollen Fußball spielen und greifen hin und wieder auf die „Festung“ zurück, um Kräfte zu sparen. Die Griechen haben sich damals mit Mann und Maus eingeigelt und haben rein gar nichts fürs Spiel getan. Das kann man bei uns nicht sagen. Wir schießen extrem viele Tore und sind auch in der Offensive präsent. Die Defensive ist, wie bei jedem anderen Team, nur ein kleiner Teil unserer Philosophie, der bei uns eben zurzeit gut funktioniert.

LAOLA1: Ein anderer Teil ist die Offensive. Was ist der Grund für die Effizienz vor dem Tor? „Kaltschnäuzigkeit“ lässt sich ja bekanntlich nur schwer trainieren.

Heraf: Es gab in der Vergangenheit durchaus Phasen, in denen wir viele Chancen liegen haben lassen. Die Qualität Tore vorzubereiten und Tore zu machen ist im Kader vorhanden. Momentan ist die notwendige Lockerheit und auch die Sicherheit da, den Treffer zu machen.

LAOLA1: Die Mannschaft wirkt trotz kurzer Vorbereitungszeit enorm eingespielt. Auch die Rochaden gegen Portugal taten dem Spiel keinen Abbruch. Was ist das Geheimnis?

Heraf: Wir haben unser Spiel auf ganz wenige Elemente reduziert, damit es nicht zu komplex ist. Es kommen schließlich immer wieder neue Spieler in den Kader dazu und in den wenigen Tagen der Zusammenarbeit darf es nicht zu kompliziert sein. Auf diese wenigen Dinge konzentrieren wir uns in der Trainingsarbeit und in den Gesprächen. Somit ist alles sehr einfach gestrickt und jeder Spieler weiß, was er zu tun hat. Nur so haben wir die Möglichkeit große Nationen zu schlagen.

LAOLA1: Sie werden nicht müde zu betonen, dass es vor allem auf die Regeneration ankomme. Haben Sie die Spieler bereits wieder dort, wo Sie sie haben wollen?

Heraf: Wir haben in den vergangenen Tagen den jüngsten Belastungen entsprechend regeneriert, erst am Sonntagabend wieder trainiert und sind auf dem besten Wege uns bis zum Spiel vollständig erholt zu haben. Wir sind auf Kurs!

LAOLA1: Neben dem körperlichen Zustand ist auch die mentale Komponente entscheidend. Hat die erstmalige Niederlage gegen Portugal der Mannschaft einen Knacks gegeben?

Heraf: Fakt ist, dass wir in der Lage gewesen wären, das Spiel zu gewinnen. Unabhängig vom Resultat weiß die Mannschaft, dass sie gegen eine Top-Mannschaft eine sehr gute Leistung geboten hat. Die Niederlage war zudem ohne große Bedeutung und hat mental somit gar nichts ausgelöst, das Portugal-Spiel ist abgehakt!

LAOLA1: Sie haben zuletzt anklingen lassen, dass die Spannung nach dem vorentscheidenden Sieg gegen Israel etwas abgefallen ist. Wie angespannt ist die Mannschaft vor dem Semifinale?

Heraf: Schon während der Regenerationsphase war festzustellen, dass die Spannung im Vergleich zur Vorwoche wieder deutlich gestiegen ist.

LAOLA1: Wie macht sich das bemerkbar?

Heraf: Die Aufmerksamkeit in den Besprechungen ist noch einmal gestiegen. Auch der Schmäh wurde um einen Tick weniger, die Konzentration ist spürbar. Die Spieler haben die Regeneration auch wieder ernster genommen, das lässt sich an den Werten ablesen. Jeder brennt auf das Spiel.

LAOLA1: Welche Stärken haben Sie bei den Deutschen ausgemacht und wie wollen Sie dagegen ankommen?

Heraf: Deutschland ist eine Top-Mannschaft. Sie sind technisch beschlagen, laufstark und gut organisiert. Aber ich weiß, dass wir gut drauf sind und wenn wir taktisch wieder so spielen, haben wir eine Chance.

LAOLA1: Das heißt, man wird erneut nicht den Fehler machen, mit dem Gegner mitzuspielen, baut hinten auf Stabilität und vorne auf Effizienz?

Heraf: Es bleibt Fakt und dazu stehe ich, dass einige Mannschaften in Europa, so auch die deutsche, mehr Klasse haben als wir. Es hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt, dass wir nicht viele Spiele gewinnen, wenn wir meinen, mit dem Gegner mitspielen zu können. Also haben wir Dinge ausgeschlossen, die uns nicht gut tun und forciert, was uns gut tut, wie zum Beispiel die „Festung“.

LAOLA1: ... wie Deutschland am Montag?

Heraf: Ich weiß, dass wir in der Lage sind, Deutschland zu schlagen. Ich sage es noch einmal. Wir sind gut drauf und haben eine Riesenchance.

LAOLA1: Ist der EM-Titel drin?

Heraf: Wenn du zwei Spiele davor stehst, ist der Titel möglich. Aber im Semifinale ist die Luft noch einmal dünner als in der Gruppen-Phase. Gewinnst du einmal, hast du noch ein zweites Spiel auf noch höherem Niveau. Die Aufgabe ist verdammt schwer. Wir haben unser Haupt-Ziel, die Qualifikation für die WM in Neuseeland erreicht und wollen jetzt unser „erstes Finale“ gewinnen.

LAOLA1: Alles Gute dafür. Danke für das Gespräch.

 

Das Interview führte Kevin Bell