Marcel Koller gilt normalerweise als besonnener Mensch.
Kritische Wörter kommen dem Schweizer nur selten über die Lippen.
Umso überraschender lässt der Teamchef nun mit seinen Aussagen zur Leistung des U19-Nationalteams aufhorchen.
Respekt gegenüber Deutschland war zu groß
Eine Woche nach der 0:4-Niederlage gegen Deutschland im EM-Semifinale meldet sich Koller zur Performance der ÖFB-Youngsters zu Wort.
"Sie haben gesagt, sie laufen um ihr Leben. Wenn man sich das Spiel ansieht: Wenn ich um mein Leben laufe, hat das für mich eine andere Bedeutung", kritisiert der 53-Jährige im Interview mit "Sky Sport News HD".
Man habe gesehen, dass der Respekt gegenüber den DFB-Fohlen vielleicht zu groß war, fügt Koller hinzu.
"Du musst auf dem Platz Gas geben"
„Die Konsequenz in den Zweikämpfen – wer sich dann schlussendlich durchsetzt, das waren die Deutschen. Nun kann man sagen, die meisten waren ein oder zwei Köpfe größer. Aber wenn Du kleiner bist, hast Du andere Qualitäten. […] Du brauchst mehr Kraft, du brauchst mehr Bewusstsein und auch keine Angst", erklärt der höchstrangige Trainer Österreichs.
Der fehlende Glaube an sich selbst war ihm ganz besonders ein Dorn im Auge: "Du musst auf dem Platz Gas geben und alles reinwerfen. Dann hast Du vielleicht als Nicht-Favorit deine Möglichkeiten."
Koller-Kritik im Einklang mit Einschätzungen der U19
Als Gruppenzweiter musste das von Andreas Heraf trainierte U19-Team bei der EM in Ungarn im Halbfinale gegen Deutschland antreten.
Die dort erlittene 0:4-Niederlage hatte auch bei den Jung-Nationalspielern selbst für kritische Töne gesorgt.
"Wir haben zu viel Respekt gezeigt, waren immer einen Schritt zu spät", analysierte Kapitän und Abwehr-Chef Francesco Lovric gegenüber LAOLA1. Auch Trainer Heraf meinte: "Wir sind von der ersten Minute an in Ehrfurcht erstarrt."
Mit dem Einzug ins Semifinale gelang dem ÖFB-U19-Team immerhin die Qualifikation für die U20-WM im nächsten Jahr in Neuseeland.