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"Würde lieber mit einem dreckigen Sieg dastehen"

Das Ergebnis passt nicht, aber die Leistung hat gestimmt, der Weg ist der richtige, blablabla – Martin Harnik kann es nicht mehr hören und will es noch viel weniger sagen.

„Das haben wir jetzt schon so häufig gesagt nach Niederlagen. Diese Phrasen kann man langsam mal wegwerfen. Resultate zählen, und die müssen wir liefern.“

Nachsatz: „Ich würde lieber mit einem dreckigen Sieg dastehen.“

Unter Strich stand das ÖFB-Team beim Einstand von Teamchef Marcel Koller nach couragierter Leistung mit einer unglücklichen 1:2-Niederlage in der Ukraine da.

„Man braucht sich nicht in die eigene Tasche zu lügen“

Marko Devic verhinderte mit seinem Last-Minute-Treffer in der 92. Minute, dass der rot-weiß-rote Tross zumindest mit einem Remis die Heimreise antreten hätte können.

„Es war eines unserer besseren Spiele, eine gute Leistung“, fand auch Harnik, „aber das Resultat ist halt eine Katastrophe.“

„Man braucht ja nicht jedes Mal dasselbe sagen. Wir haben jetzt einen neuen Trainer, dann ist die Euphorie wieder riesig, jetzt haben wir wieder gut gespielt, aber das Resultat stimmte nicht – das alles hatten wir auch schon in der Qualifikation häufig. Deswegen braucht man nicht um den heißen Brei rumreden oder sich irgendwie in die eigene Tasche lügen, sondern man muss Klartext sprechen“, meinte der Stuttgart-Legionär gefrustet.

Klartext im selbstkritischen Sinne sprach Harnik, der auf der rechten Mittelfeldseite kaum ins Spiel fand, auch bezüglich seiner eigenen Leistung: „Ich hatte einen schlechten Tag, mir ist wenig gelungen. Ich bin natürlich unzufrieden.“

„Müssen mehr Killer-Mentalität entwickeln“

Die Kollegen des 24-Jährigen teilten naturgemäß dessen Unzufriedenheit mit dem Ausgang des Spiels. „Über das Ergebnis müssen wir sauer sein“, ärgerte sich Sebastian Prödl, der sich ebenfalls mit einem Déjà-vu konfrontiert sah:

„Das Ergebnis spiegelt die Leistung nicht wider, das ist leider immer wieder das Gleiche. Das ist meiner Meinung nach eine Kopfsache, dass wir nicht genug an den Sieg glauben. Wir müssen mehr Killer-Mentalität entwickeln.“

Ansätze einer „Koller-Mentalität“, sprich der Handschrift des neuen Teamchefs, waren auf dem Feld durchaus zu erkennen, auch wenn freilich beileibe noch nicht alles wie gewünscht funktionierte.

Positives wie Negatives

„Die positiven Aspekte waren, dass weit vorne viele Ballgewinne hatten, wir uns nur in seltenen Phasen weit nach hinten drängen ließen, uns ist es immer wieder gut gelungen, nach vorne zu verteidigen. Wenn wir den Ball hatten, hatten wir auch viele Phasen, wo wir ihn gut laufen gelassen haben“, erklärte Emanuel Pogatetz, der die Kehrseite wiefolgt beschrieb:

„Das Negative war sicher, dass wir oft zu leichte Ballverluste hatten, und dass wir in unserer Chancenverwertung – ob es jetzt klare Chancen waren oder letzte Pässe – nicht gut genug waren. Da war die Ukraine besser.“

„Dass man zwei Mal eigentlich aus einer gleichen Situation ein Tor bekommt, ist sehr ärgerlich und darf natürlich nicht passieren“, stimmte Janko zu.

„Wir müssen selbstkritisch bleiben“

Dennoch ist dieser Test trotz des negativen Ergebnisses wohl nicht als Rückschritt einzuordnen. Das fand auch der Kapitän: „So blöd es auch klingt: Obwohl wir verloren haben, ist es ein Match, auf dem man aufbauen kann.“

„Aufbauen können wir auf diese Leistung, wir müssen aber wissen, dass wir uns darauf auf keinen Fall ausruhen können. Wir müssen selbstkritisch bleiben. Fakt ist, dass wir verloren haben, und im Fußball geht es um das Ergebnis. Vielleicht müssen wir demnächst ergebnisorientierter spielen“, gab Prödl zu bedenken.

Oder wie Pogatetz als Devise ausgab: „Wir müssen daran arbeiten, dass wir gute Leistungen auch mal in Resultate ummünzen.“

Kein schlechter Vorsatz für das Länderspiel-Jahr 2012…

Peter Altmann

„Wir hatten in der Ukraine bei einem hochklassigen Gegner so viele Chancen, wie wir sie auswärts nicht einmal in Aserbaidschan oder Kasachstan gehabt haben“, verdeutlichte Prödl, dem bei allem Ärger gefiel, wie die ÖFB-Elf auftrat:

„Mit Selbstbewusstsein, mit breiter Brust, wir haben den Ball gut laufen gelassen, keine Zweikämpfe gescheut, hatten eine sehr gute Raumaufteilung und auch eine super Spieleröffnung.“

Aber der Killerinstinkt, die Kaltschnäuzigkeit, die Effizienz, wie auch immer man es nennen will, fehlte.

„Beide Tore sind identisch gefallen“

Die Raumaufteilung war dafür in der Tat besser als in vielen Länderspielen zuvor. Rot-Weiß-Rot griff als Kollektiv an und verteidigte als selbiges. Dies führte zu einer optischen Überlegenheit – begünstigt dadurch, dass die Hausherren nicht unbedingt große Ambitionen zeigten, das Spiel zu machen.

„Die Ukraine hat sich eigentlich das ganze Spiel über nur aufs Kontern verlagert, wir haben die größeren Spielanteile gehabt. Wenn wir unsere Chancen mit größerer Konsequenz nutzen, nutzen ihnen die Konter auch nichts mehr“, meinte Marc Janko.

Die Art und Weise, wie die Osteuropäer zu ihren Treffern kamen, verringerte den Ärger im österreichischen Lager nicht – im Gegenteil. „Beide Tore sind identisch gefallen – einmal auf der linken, einmal auf der rechten Seite. So ein Tor haben sie auch schon gegen Deutschland erzielt. Wir wussten schon, dass sie da gerne hinterlaufen“, monierte Harnik.