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"Es lohnt sich, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen"

Müde, aber durchaus zufrieden präsentiert sich Teamchef Marcel Koller am Tag nach dem 2:2-Last-Minute-Remis im WM-Qualifikations-Spiel in Irland.

Der späte Ausgleich sei „ein Sieg für die Moral“ gewesen.

Überschwänglicher Jubel sei dennoch fehl am Platz.  "Ich freue mich, aber wir haben noch nichts erreicht. Es ist gut, dass in Österreich der Glauben an dieses Team da ist, doch es wird weiterhin ein sehr harter Weg“, meint der Schweizer in seiner gewohnt nüchternen Art und Weise.

Auch sonst hatte der 52-Jähriges einiges zu sagen. LAOLA1 hörte aufmerksam zu.

Teamchef Marcel Koller…

… über das 2:2 in Irland:

Zuerst möchte ich unseren Fans „Danke“ sagen. Trotz der Überzahl der Iren hat man unsere Anhänger gehört. Wie sie das Team unterstützt haben, war fantastisch. Genau das brauchen wir auch in den Heimspielen gegen Schweden und Irland. Wir würden uns freuen, wenn sie nach Deutschland, Schweden und die Färöer kommen. Das Team hat den Fans in Irland auch etwas zurückgegeben. Die Mannschaft hat gefightet und sich schlussendlich auch belohnt. Wir waren fußballerisch das bessere Team, haben uns über 90 Minuten aber mit Hochs und Tiefs beschäftigen müssen. Es war ein guter Start, dann kam die Verletzung von Junuzovic. Da waren einige etwas schockiert. Die Iren haben in dieser Situation ein Zeichen gesetzt. Bis zur Pause hatten wir Probleme. Das nutzten die Iren mit zwei Treffern aus. In der Pause haben wir gesagt, dass wir die Zweikämpfe noch mehr annehmen und noch leidenschaftlicher agieren müssen. Das ist uns nach 10, 15 Minuten in Hälfte zwei auch gut gelungen. Die Iren haben sich immer mehr zurückgezogen, konnten nicht mehr das Tempo von Beginn gehen. Sie haben ein sehr intensives Laufspiel betrieben. Wir haben den nötigen Druck entwickelt. Es hat zwar lange gedauert, aber umso schöner war dann das Gefühl beim Ausgleich. Es war ein „Sieg“ für die Moral. Das Team hat gesehen, dass es sich lohnt, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Sie haben sich selber belohnt. Der Punkt war wichtig, um weiter im Rennen zu bleiben.

… die Ausgangslage in der WM-Quali:

Schweden wird sich über das Remis genauso gefreut haben, wie wir über ihre Nullnummer gegen Irland. Sie kommen im Juni zu uns und werden überzeugt sein, dass sie in Wien etwas holen können. Es wird ein ganz anderes Spiel werden. Ich glaube, die Schweden werden nicht so aggressiv attackieren, wie die Iren. Dafür haben sie andere Stärken. Sie werden mehr Fußballspielen, den Ball flach halten und viel kombinieren. Schweden hat in Deutschland ein 4:4 geholt. Das ist eine Hausnummer. Ich bin aber überzeugt, dass wir ihnen Probleme bereiten können. Wir hoffen, dass die Spieler in der Zwischenzeit erfolgreich bei ihren Vereinen tätig sind und wir alle gesund im Mai begrüßen können.

… die Leistung von David Alaba:

Er hat sich mit seiner kämpferischen Leistung und dem späten Treffer noch eine gute Note geholt. Unmittelbar nach dem Foul an Junuzovic wurde auch er gefoult. Ich glaube, er hatte danach etwas Respekt, schließlich ist sein Mittelfußknochenbruch noch nicht so lange her. Ich hatte den Eindruck, dass er danach vorsichtig unterwegs war. Es war für alle schwierig, weil auch der Platz kein gepflegtes Fußballspiel zuließ. Es ist nicht so rund gelaufen, wie im Spiel gegen die Färöer.

… über die Kritik Marko Arnautovic:

Wir erwarten uns von allen Offensiv-Spielern spielentscheidende Aktionen. Wir wollen sehr variantenreich spielen, dass jeder nach vorne gehen kann. Marko ist ein hervorragender Fußballer. Wir wissen auch, dass er noch nicht das gezeigt hat, was man sich von ihm erhofft. Er ist aber nach wie vor ein Spieler, den wir brauchen. Bis Juni vergeht noch viel Zeit. Ich hoffe, dass er in Bremen bald wieder zum Spielen kommt und seinen Rhythmus findet.

… auf die Frage, warum Arnautovic durchgespielt hat:

Wir haben nur drei Möglichkeiten zu wechseln. Der Austausch musste nach der Verletzung von Junuzovic durchgeführt werden. Und dann wurde noch zwei Mal offensiv gewechselt. Wir sollten aber nicht auf Einzelne herumhaken, sondern positiv nach vorne schauen. Wir wissen, dass noch nicht alles so läuft, wie wir das gerne hätten. Wir drehen an dieser Schraube, aber es geht nicht von heute auf morgen.

…  über die Fehler von Pogatetz und Fuchs bei den Gegentoren:

Wir analysieren immer alles. Schauen uns die Tore und die Gegentore genau an. Gehen auch auf Dinge ein, wo wir der Meinung sind, dass wir uns taktisch weiterentwickeln müssen. Im Fußball passieren immer Fehler – je weniger du machst, umso weiter wirst du kommen. Pogatetz weiß, dass er in der Situation, die zum Elfer geführt hat, auch einfach stehen bleiben hätte können. Doch es sind Sekundenbruchteile, in denen du entscheiden musst. Wir haben gezielt daraufhin gearbeitet, dass wir als Team verteidigen. Da heißt es auch für die Offensiv-Spieler den inneren Schweinehund zu besiegen.

… über die Stimmung im Team:

Die Freude über den späten Ausgleich hat sich in die Kabine übertragen. Es war aber kein Jubel, Trubel, Heiterkeit. Man hat aber die Erleichterung über den Punkt mitbekommen. An der Rechnung, daheim zu gewinnen und auswärts zu punkten, um bei einem Großereignis dabei sein zu können, hat sich nichts geändert. Ich persönlich habe mich auch extrem über den Ausgleich gefreut. Es war aber wichtig, dass man nach einem Tor fokussiert bleibt. Es ist schon oft vorgekommen, dass unmittelbar nach einem Tor, die anderen gleich darauf getroffen haben. Die fünf Minuten nach einem Tor sind die wichtigsten. Diese Erfahrung habe ich weitergeben. Da darf man nicht locker lassen. Nach dem Schlusspfiff habe ich mich sehr gefreut. Ich bin aber keiner, der jetzt sagt: Es ist alles super gut. Wir haben noch nichts erreicht. Es ist gut fürs Auge, wenn man auf die Tabelle schaut. Es ist gut, dass wir weiter dabei sind. Aber es wird ein harter Weg bleiben.

auf die Frage, ob Heinz Lindner die Nummer eins bleibt:

Heinz hat uns mit seiner Parade vor dem 1:3 bewahrt. Es ist sein Job, Bälle zu halten. Das hat er sehr gut gemacht. Ob er die Nummer eins ist, ist zu früh zu sagen. Er hat die zwei Begegnungen jedenfalls sehr gut absolviert. Gegen die Färöer war es eine mentale Sache. Er ist jung, muss sich weiter entwickeln. Das tut er auch, denn er ist an seinen Fehlern, die er gemacht hat, nicht zerbrochen. Das ist eine gute Voraussetzung, um weiter nach oben zu kommen.

… auf die Frage, warum Weimann nur als Joker kam:

Wir haben mehr auf Tiefe, auf Schnelligkeit gesetzt. Das ist aufgegangen. Das hatte aber nichts mit Weimann zu tun. Bei ihm hat auch die Erfahrung mitgespielt. Und da hat Harnik schon mehr erlebt. Wir wussten, dass wenn Andi reinkommt, er gleich etwas bewegen kann. Das hat er auch gegen Irland gezeigt. Er hat für Druck gesorgt und sich gut bewegt.

… über die Vorbereitung auf das Schweden-Spiel am Ende einer langen Saison:

Wir sind fünf Tage im Burgenland und fünf Tage in Wien. Am Anfang wird die Regeneration im Vordergrund stehen. Die Meisterschaften gehen unterschiedlich zu Ende. Es kann sein, dass Alaba erst in Wien dazu stößt. Es ist dennoch wichtig, die Spieler zu haben. Wir werden analysieren, wer, wann, wo zu Ende ist, damit die Spieler abschalten, aber gleichzeitig auch die Spannung halten können. Es darf nicht sein, dass manche kommen und zwei, drei Wochen nichts gemacht haben und nach zwei Einheiten einen Muskelkater haben. Es muss jedem bewusst sein, dass die Schweden-Partie enorm wichtig ist.

… über eine Vertragsverlängerung beim ÖFB:

Mein Vertrag läuft bis zum Ende der WM-Qualifikation, sollten wir uns für die WM qualifizieren, rennt er noch bis zur Endrunde. Wenn der ÖFB mit meiner Arbeit zufrieden ist und weiter zusammenarbeiten will, werden sie kommen. Es ist nicht meine Aufgabe, irgendetwas zu fordern. Ich möchte meine Arbeit gut machen. Ich bekomme meinen Lohn bis November und werde bis dahin Vollgas geben.

Aufgezeichnet von Martin Wechtl

…  auf die Frage, ob sich Zlatko Junuzovic am besten weiterentwickelt hat:

Ich weiß nicht, ob er der Spieler ist, der sich bei mir am besten weiterentwickelt hat, weil ich ihn nicht tagtäglich im Training sehe. Er spielt bei Bremen auf einer anderen Position. Ich sehe ihn im Team im Zentrum in einer offensiven Rolle. Zlatko hat in seiner kurzen Zeit sehr gut die Vorgaben umgesetzt und stark gespielt. Er hat zweifelsohne einen großen Schritt gemacht. Das sieht man im Tempo und an seiner Intensität. Das Irland-Spiel war für alle eine Erfahrung. Wir haben gesehen, mit welcher Wucht Zweikämpfe geführt werden. Man hat keine Zeit, den Ball anzunehmen, einmal rundherum zu schauen und zu überlegen, wohin ich den Ball spiele. Es war immer Druck vorhanden. Man braucht eine Ballsicherheit, um sich davon lösen zu können. Nur mit Passspiel kommt man nicht vorbei, vor allem wenn eine Mannschaft – so wie die Iren - die Räume gut zustellt.

… über Philipp Hosiner:

Es ist etwas anderes gegen irische Innenverteidiger zu spielen, als gegen österreichische Verteidiger in der Bundesliga. Philipp passt sich aber gut an. Er hat mitbekommen, dass international ein anderer Wind weht. Er muss weiter zulegen. So wie es aussieht, wird die Austria nächste Saison international dabei sein. Da kann er weitere wichtige Erfahrungen sammeln.

… auf die Frage, was ihm nicht gefallen hat:

Wir haben dem Team versucht zu übermitteln, dass die Zweikämpfe und Luftduelle mit sehr viel Leidenschaft  von Seiten der Iren betrieben werden. Da gibt es keine Kompromisse. Doch die Realität ist noch einmal etwas anderes. Das festzustellen, ist eine gute Erfahrung. Man muss es nur richtig einordnen, damit wir gehen die Schweden genauso gute dagegenhalten können. Denn das müssen wir, wenn man zur WM fahren will. Wir dürfen nicht den Schlendrian reinbekommen, nur weil wir spielerisch gut sind. International brauchst du auch die Aggressivität. Man muss kompakt auftreten, den Gegner früh stören und die Räume eng machen. Und in der Offensive brauchst du die nötige Technik, denn sonst ist der Gegner gleich bei der dir, holt sich den Ball und fährt einen Konter. Dieses Bewusstsein muss aber beim Klub und nicht erst im Nationalteam vorhanden sein.