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"Mit ihm wäre Bochum nicht abgestiegen"

„Wir haben uns bisher noch jedes Jahr gegenseitig zum Geburtstag gratuliert. Der Kontakt ist also bestehen geblieben.“

In Zukunft wird Christian Fuchs den Kontakt zu Marcel Koller wieder intensivieren können.

Zum Geburtstag kann er diesmal sogar persönlich gratulieren. Der Schweizer wird am 11. November 51 Jahre alt – vier Tage vor seinem Einstand als ÖFB-Teamchef beim Testspiel in der Ukraine.

Fußball-Österreich fachsimpelt aktuell über die Richtigkeit der Entscheidung, Koller als neuen Nationaltrainer zu installieren.

„Er hat mir Bochum schmackhaft gemacht“

Diskussionen, wie sie im Fußball dazu gehören. Wirklich beurteilen kann die Arbeitsweise des gebürtigen Zürichers hierzulande jedoch kaum jemand.

Mit wenigen Ausnahmen. Eine ist der nunmehrige Kapfenberger Marc Sand (LAOLA1 berichtete), die andere eben Fuchs, der 2008 von Koller zu Bochum gelotst wurde.

„Damals hat es natürlich auch mit dem Trainer persönliche Gespräche gegeben, er hat mir Bochum schon sehr schmackhaft gemacht. Es hat dann in diesem Jahr sehr viel Spaß gemacht, mit ihm zu arbeiten.“

Genau gesagt war Koller eine Saison und sechs Spieltage lang der Coach des Linksverteidigers, ehe er nach einer 2:3-Heimniederlage gegen Mainz nach über vier Jahren als Trainer des VfL seinen Hut nehmen musste. Ein Trainerwechsel, der sich nicht wirklich bezahlt gemacht hat – Bochum stieg am Saisonende ab.

„Vorgaben immer souverän erfüllt“

„Es hat sich damals jeder gewundert“, erinnert sich Fuchs, der diese Personalentscheidung im Rückblick als folgenschweren Fehler einordnet: „Ich traue mich zu behaupten, dass Bochum mit ihm nicht abgestiegen wäre.“

Die Umstände seien jedoch durch Proteste der Fans nicht einfach gewesen. „Man muss aber sagen, dass Marcel Koller die Vorgaben, die er vom Verein gekriegt hat, immer souverän erfüllt hat. Wir haben damals mit Bochum gegen den Abstieg gespielt. Die Vorgabe war der Klassenerhalt, den hat er geschafft.“

„Auf alle Fälle. Wir brauchen jemanden, der uns den Fußball vorlebt, der uns ständig mitreißen kann, der uns neu motiviert.“

Der besonnene Koller könne nämlich durchaus auch weniger leise Töne anschlagen: „Er verkörpert, was jetzt im ÖFB sehr wichtig ist – Ehrlichkeit und die richtige Einstellung zum Beruf und zur Arbeit. Er kann am Platz auch laut werden, aber nicht negativ emotional, sondern er sagt den Spielern eben, was man verbessern kann. Das muss man von einem Trainer auch verlangen können.“

„Der Weg des ÖFB lässt hoffen“

Als One-Man-Show wird Koller das Ruder kaum herumreißen können. Deshalb sollen auch die Strukturen rund um das Team adaptiert werden. Ein Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist, wobei man davon ausgehen kann, dass Sportdirektor Willi Ruttensteiner mehr Einfluss auf das Nationalteam bekommen wird.

Fuchs würde es begrüßen, wenn der aktuelle Interims-Teamchef, der schon gegen die Türkei als Assistent von Didi Constantini fungierte, mehr eingebunden wird: „Ruttensteiner hat bisher gut gearbeitet, also wäre es sicher nicht schlecht, wenn er auch dabei wäre.“

Bis die neuen Strukturen greifen, würde es zwar Zeit brauchen, dennoch glaubt der 25-Jährige: „Der ÖFB hat einen Weg eingeschlagen, der hoffen lässt.“

Erweist sich Koller als Glücksgriff, könnte dieser Weg sogar zur WM 2014 in Brasilien führen. Dann hätte sich der Überraschungseffekt seines Engagements definitiv bezahlt gemacht.

Denn gerechnet hätte nicht einmal Fuchs mit einem so baldigen Wiedersehen: „Als am Montagabend das Gerücht umgegangen ist, war es schon eine Überraschung, damit hätte niemand gerechnet. Ich glaube aber, dass es eine gute Entscheidung ist, und wir sicher etwas erreichen können.“

Peter Altmann

Nachdem die „Graue Maus“ unter Koller 2006 als Zweitliga-Meister aufstieg, wurde die darauffolgende Saison sogar auf dem achten Platz beendet.

Nach zwei Jahren Auszeit vom Trainer-Job soll der 50-Jährige nun Österreich international konkurrenzfähiger machen. Wie Bochum gilt auch die ÖFB-Elf in vielen Spielen als Außenseiter.

„Er legt sehr viel Wert auf Taktik und Videoanalysen“

Fuchs war am Tag der Präsentation natürlich ein begehrter Gesprächspartner und fand naturgemäß nur positive Worte für seinen zukünftigen Chef. Dieser sei ein besonnener Mensch, könne gut mit jungen Spielern umgehen, könne Inhalte gut vermitteln, sei ein akribischer Arbeiter.

„Er lässt auf alle Fälle offensiv spielen, will aber natürlich eine kontrollierte Defensive. Er legt sehr viel Wert auf Taktik und Videoanalysen. Er ist ein Trainer, der sehr viel Ahnung hat und viel Erfahrung mitbringt“, berichtet der Schalke-Legionär.

Ob denn das Nationalteam am aktuellen Entwicklungsstand genau diesen Trainer-Typus, sprich akribischer Arbeiter, brauchen würde?