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"Bleibe zu 99 Prozent noch ein Jahr bei Salzburg"

Martin Hinteregger machte in der Saison 2011/12 zweifelsohne Schlagzeilen.

Zunächst im Dress von Red Bull Salzburg in der Bundesliga und der Europa League, dann auch abseits des Platzes durch einen unangebrachten Lokalbesuch.

"Jeder, der einmal 19 war, weiß, wie das ist", bittet der Youngster um Verständnis für eine alltägliche Tat.

Nicht jeder in diesem Alter kann jedoch von sich behaupten, Teil des Nationalteams zu sein.

Im LAOLA1-Talk spricht er über die besagte Nacht, seine Auslands-Pläne und die überraschende Einberufung trotz eines unzufriedenstellenden Frühjahrs.

 

LAOLA1: Du hast deine ersten Tage im Nationalteam hinter dir. Wie wurdest du aufgenommen?

Martin Hinteregger: Die ersten Eindrücke sind wirklich sehr gut. Man sieht, dass hier schon eine Mannschaft besteht. Meine Aufgabe ist es jetzt, in diese reinzuwachsen. Ich bin eher der ruhige Typ, deswegen brauche ich auch länger, um in die Mannschaft zu kommen. Aber im Großen und Ganzen komme ich auf und außerhalb des Platzes mit allen Spielern sehr gut aus. Mir taugt es hier.

LAOLA1: Wenn du sagst, du bist eher der ruhige Typ: Als junger Spieler will man sich vermutlich nicht gleich zu sehr in den Vordergrund drängen, andererseits muss man sich aufdrängen. Wie schwierig ist diese Balance?

Hinteregger: Auch wenn man als ruhiger Typ seine Leistungen zeigt, wird man mit der Zeit akzeptiert. Man wächst langsam als der Typ, der man ist, in die Mannschaft hinein. In jeder Mannschaft gibt es verschiedene Charaktere. Der eine möchte eher auffallen, der andere hält sich eher im Hintergrund auf.

LAOLA1: Aufgefallen sind deine Leistungen. Hast du deshalb schon mit einer Einberufung ins Nationalteam spekuliert?

Hinteregger: Ich glaube, sagen zu können, dass ich einen sehr guten Herbst gespielt habe. Auch im Frühjahr, als ich Kapitän war, habe ich die ersten sechs, sieben Spiele sehr gut gespielt. Ich hatte schon ein bisschen mit der Einberufung gegen Finnland spekuliert, da hat es jedoch noch nicht geklappt. Das hat mir aber nichts gemacht. Ich bin dann ein bisschen in ein Loch gefallen, habe länger nicht gespielt. Deshalb habe ich eigentlich überhaupt nicht damit gerechnet. Aber ich bin zum Glück nachberufen worden.

LAOLA1: Du bist in Salzburg auch wegen eines persönlichen Fehltritts in ein Loch gefallen. Wie lief diese Sache aus deiner Sicht ab?

Hinteregger: Ich bin nach der 0:1-Niederlage gegen Mattersburg fortgegangen. Eigentlich ist das ja kein Problem, ich bin um 3 Uhr heimgegangen. Das Problem war, dass der Zeitpunkt schlecht war. Wir sind in der Europa League ausgeschieden und haben auch noch zu Hause gegen Mattersburg verloren. Dass ich danach bis 3 Uhr in die Stadt gegangen bin, hat dem Trainer überhaupt nicht gepasst. Deswegen hat er mich eine Woche lang suspendiert. Aber ich denke, danach hat er eingesehen, dass die Strafe ein bisschen zu hart war. Darum hat er mich sofort wieder aufgenommen.

LAOLA1: Inwiefern muss man sich als Junger noch ein bisschen die Hörner abstoßen, beziehungsweise was hast du daraus gelernt?

Hinteregger: Jeder, der einmal 19 war, weiß, wie das ist. Sicher kann man sich das als Fußballer nicht erlauben, weil man in der Öffentlichkeit steht. Salzburg ist eben klein, und da weiß der Trainer natürlich sofort, wenn einer weggeht. Es ist blöd gelaufen, und wird hoffentlich nicht mehr passieren.

LAOLA1: Nicht ganz friktionsfrei war zeitweise deine Beziehung zu den Jugend-Nationalteams. Du hast vor einem Jahr auf die U20-WM verzichtet. Was waren die Hintergründe?

Hinteregger: Ich habe mich gegen die U20-WM und für Red Bull Salzburg entschieden. Das war im Nachhinein die absolut richtige Entscheidung. Ich habe im Verein einen Stammplatz erobert, eine super Europa League gespielt. Das hat mich einfach weiter gebracht als ein Monat Kolumbien, in dem ich die ganze Vorbereitung und ein, zwei Spiele verpasst hätte. Das hätte mich sicher weit zurückgeworfen.

LAOLA1: Mit der Einberufung ins Nationalteam ist die erste Etappe geschafft, aber das ist noch nicht alles. Ist das nächste Ziel, sich dauerhaft zu etablieren?

Hinteregger: Ich bin erst 19, ich freue mich über jede Einberufung und jede Spielminute. Ich hoffe, ich werde langsam aufgebaut. Langfristig ist das Ziel sicher, sich in der Nationalmannschaft zu etablieren, Stammspieler zu werden und einen Teil dazu beizutragen, dass wir vielleicht die WM in Brasilien oder die EM 2016 erreichen.

LAOLA1: Das ÖFB-Team verfügt über einige namhafte Spieler im Abwehrbereich. Was kann man sich abschauen? Imponiert dir einer besonders?

Hinteregger: Manche Mitspieler wie Jakob Jantscher vergleichen mich von der Art meines Spiels ein bisschen mit Aleksandar Dragovic. Ich habe im Training gesehen, dass er spielerisch von hinten heraus sehr gut ist. Ich denke, er ist mir sehr ähnlich. Viel abschauen kann man sich natürlich von Sebastian Prödl, der schon viel erreicht hat, und auch von Paul Scharner. Da kann man im Training einiges lernen – auch wie es international zur Sache geht. Für mich ist es ein nächster Lernprozess.

LAOLA1:Du hattest im Vorjahr ein Angebot von Fiorentina. Wie konkret ist bei dir das Thema Ausland?

Hinteregger: Fiorentina war letztes Jahr ein großes Thema, das war sehr konkret. Da war ich wirklich schon kurz vorm Sprung, aber ich habe mich dann doch für Salzburg entschieden, weil ich einfach auf die Entwicklung geschaut habe. Diesen Sommer gibt es wieder Angebote. Ich habe mir natürlich alles angehört. Noch bin ich unschlüssig, glaube aber, dass ich zu 99 Prozent noch ein Jahr bei Salzburg bleibe. Ich möchte mich hier noch weiterentwickeln.

LAOLA1: Das heißt, du verfolgst eher das Ziel, dich in Österreich zu etablieren und als gestandener Spieler Legionär zu werden, als dich über die Nachwuchsabteilung eines ausländischen Klubs hochzudienen?

Hinteregger: Ich habe schon bei Fiorentina gesagt, dass ich nicht als junger Spieler ins Ausland will, sondern als gestandener Erwachsener, den sie nicht aufbauen brauchen, sondern der kommt und seine Leistung bringt. So möchte ich ins Ausland gehen. Wenn ich mich bereit fühle, mache ich den Schritt. Vorher nicht. Derweil fühle ich mich in Salzburg wohl, hoffentlich schaffen wir den Sprung in die Gruppenphase der Champions League. Ich möchte heuer eine Saison als Stammspieler, so gut wie alle Spiele absolvieren, super Leistungen bringen und dann kommen sicher wieder ein paar Vereine. Dann steht mir die Tür ins Ausland offen.

LAOLA1: Gibt es international einen Spieler, den du als Vorbild bezeichnen würdest?

Hinteregger: Ich schaue mir Pique gerne an. Wenn ich Barcelona zuschaue, achte ich speziell auf ihn, wie er manche Situationen löst, wie er die Gegner mit Pässen nach vorne ausspielt. Da kann man viel lernen.

LAOLA1: Mit Thomas Graw hat der ÖFB einen Sportpsychologen engagiert. Welche Erfahrungen hast du bisher mit mentalem Training gemacht?

Hinteregger: Ich traue mich zu sagen, dass ich mental sehr stark bin. Ich lasse mich von wenig beeinflussen. Sicher ist es eine Hilfe, wenn dir einer zur Seite steht und Rat gibt, aber für mich ist es nicht so ein springender Punkt wie für manch andere, dass ich sage: „Ich brauche ihn, ich muss mit ihm reden, ich brauche Hilfe.“ Ich glaube, ich bin mental in der Verfassung, dass ich sagen kann, ich schaffe das alleine. Aber es ist trotzdem gut, wenn er dir zur Seite steht und dir in schwierigen Situationen, wenn du in einem Loch bist, hilft.

LAOLA1: Das Wort Psychologe ist ein wenig negativ behaftet, dabei ist es eine Hilfestellung. Hast du eine solche während der schwierigen Phase in Salzburg in Anspruch genommen?

Hinteregger: In der schwierigen Zeit habe ich jemanden vom Verein gehabt, mit dem ich gesprochen habe. Das pflegt man natürlich weiter, inzwischen ist eine Freundschaft daraus geworden. Zurzeit brauche ich es eigentlich nicht, aber die Zeit kommt sicher wieder, wo man Hilfe braucht. Je nach Bedarf.


Das Gespräch führte Peter Altmann