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"Wir warten nicht, bis der Gegner einen Fehler macht"

Im dritten Spiel der Teamchef-Ära von Marcel Koller trifft Österreich zum zweiten Mal auf die Ukraine.

Im Innsbrucker Tivoli-Stadion soll nicht nur die 1:2-Niederlage aus dem vergangenen November korrigiert, sondern auch die Theorie des bisherigen Lehrgangs in die Praxis umgesetzt werden.

Seit gut einer Woche hat der Schweizer seine Schützlinge in Seefeld versammelt und mit ihnen vor allem intensiv an Fortschritten im Defensiv-Verhalten gefeilt.

So gesehen ist das drittletzte Vorbereitungsmatch im Hinblick auf die WM-Qualifikation eine wichtige Etappe am Weg zu selbiger. Auch wenn Koller bewusst ist, dass in einer Quali-Begegnung "noch einmal eine andere Power dahinter" ist, erwartet er sich wichtige Erkenntnisse für den Ernstfall: "Freundschaftsspiele gibt es eigentlich keine mehr."

LAOLA1 nennt vor dem Ankick die wichtigsten Brennpunkte der Partie:

AUSGANGSPOSITION: Österreich ist in der "Festung" Innsbruck noch ungeschlagen, die Bilanz darf mit sechs Siegen und einem Remis sogar als beeindruckend bezeichnet werden. Die Ausgangslage der beiden Mannschaften könnte vor diesem Duell unterschiedlicher nicht sein. Während der Fokus für die ÖFB-Elf auf der Vorbereitung im Hinblick auf die WM-Qualifikation liegt, sollte sich die Ukraine eine Woche vor dem Beginn ihrer EURO ihrer Topform nähern. "Die Ukraine hat ein Ziel vor sich, will bei der Heim-EM gut abschneiden, wie das auch bei uns vor vier Jahren der Fall war. Sie werden alles für eine gute Stimmung in ihrer Heimat tun", ist György Garics überzeugt. Der Bologna-Legionär ist übrigens neben Andreas Ivanschitz und Sebastian Prödl eines von nur drei Mitgliedern des ÖFB-Kaders der EURO 2008, das auch diesmal dabei ist. Andere Kandidaten wie Christian Fuchs, Martin Harnik, Emanuel Pogatetz oder Christoph Leitgeb fehlen dem ersatzgeschwächten, rot-weiß-roten Aufgebot verletzungsbedingt. "Es ist sicher so, dass die Ukraine für die Endrunde zu Hause topmotiviert ist, wir sind aber auch topmotiviert", verspricht Koller, der sich vorstellen kann, dass auf Seiten des Gegners nicht jeder "voll dazwischenhaut". Beim Testspiel der Ukraine am Montag in Kufstein hat Gegner Estland laut Meinung des Schweizers die Zweikämpfe nicht gerade gesucht, diesbezüglich soll Österreich anders auftreten: "Das ist nicht mein Ding! Wir werden die Jungs schon so einstellen, dass sie in die Zweikämpfe kommen. Im November gab es ja auch richtig Feuer. Ich denke nicht, dass sie sich groß zurückhalten."

PERSONAL: Koller macht aus der Aufstellung wie gewohnt ein Geheimnis. Allzu viele Experimente sind jedoch nicht zu erwarten, schließlich legt der Teamchef großen Wert auf das Ergebnis. "Es geht schlussendlich darum, zu versuchen, eine positive Stimmung zu kreieren. Da geht es auf der einen Seite um das Auftreten, auf der anderen um das Ergebnis. Der Fan hat ja nichts davon, wenn man immer nur gut spielt und verliert", betont Koller und spielt damit wohl auf die unglückliche 1:2-Niederlage bei seinem Debüt in der Ukraine an. Wer bei der "Revanche" das Tor hütet, ist offen – Favorit dürfte mit Christian Gratzei jedoch der Erfahrenste der drei Anwärter sein. Rechts in der Abwehr könnte sich Koller diesmal Florian Klein anschauen, Garics wäre die bewährte Alternative. Links sollte Markus Suttner als Ersatz des verletzten Fuchs zu seinem zweiten Länderspiel kommen. In der Innenverteidigung rittern Sebastian Prödl, Paul Scharner und Aleksandar Dragovic um die Plätze – möglich, dass der Teamchef erstmals in seiner Amtszeit Scharner in Aktion sehen möchte und dafür Dragovic diesmal pausiert. Im zentralen Mittelfeld hat sich das Tandem aus David Alaba und Julian Baumgartlinger etabliert. Beim Offensiv-Quartett dürfte alles beim Alten bleiben, einzig Zlatko Junuzovic den Ausfall von Martin Harnik kompensieren. Am Dienstag gegen Rumänien könnte es dann das eine oder andere Experiment geben.

 

TAKTIK: Koller möchte dem ÖFB-Team eine eigene Identität verleihen, und das Schritt für Schritt. Im bisherigen Lehrgang stand bekanntlich das Defensiv-Verhalten an erster Stelle. Gegen die Ukraine sollen diesbezüglich die nächsten Fortschritte zu erkennen sein, die Marschroute dürfte also jener aus dem Hinspiel ähneln: Hohes Verteidigen, aggressives Pressing, schnelles Umschalten nach Balleroberung. Koller: "Wir wollen agieren! Das ist grundsätzlich meine Einstellung. Wir wollen in der Defensive nicht nur zuschauen und warten, bis der Gegner einen Fehler macht und hoffen, dass der Ball vielleicht einmal zu uns kommt, sondern wir wollen aktiv sein, den Gegner unter Druck setzen, sodass er Fehler macht, immer Richtung Ball marschieren. Das ist auch ein Grundprinzip. Ich hoffe, dass die Jungs das schon so weit verinnerlicht haben und man das am Platz sehen kann." Estland wurde am Montag für den Fehler, sich nur hinten reinzustellen, bitter bestraft und von der Ukraine 4:0 abgeschossen – der Kantersieg hätte ob zahlreicher vergebener Topchancen sogar noch wesentlich höher ausfallen müssen.

DIE UKRAINE: Die Elf von Teamchef Oleg Blochin verfügt über eine gute Mischung aus gestandenen Routiniers und aufstrebenden Spielern. Von den Youngsters streicht auch Koller Andriy Yarmolenko und Evgen Konoplyanka als Schlüsselspieler hervor. Von den Oldies hat nach wie vor der inzwischen 35-jährige Andrej Shevchenko den klingendsten Namen. "Sheva" kommt zwar inzwischen meist als Joker, ist als solcher laut Koller jedoch immens wertvoll: "Ein hervorragender Fußballer. Wie er das vierte Tor gegen Estland vorbereitet hat, zeigt, dass er mit dem Ball per du ist, da ist alles sehr leichtfüßig. Dementsprechend denke ich, dass es natürlich eine Waffe sein kann, wenn er kurz vor dem Ende ins Spiel kommt und seine Klasse einbringen kann."

SONSTIGES: Österreich wird nicht in den gewohnten roten Heimdressen spielen, sondern die neuen Auswärtstrikots präsentieren, also in Weiß-Schwarz auf den Rasen im Tivoli-Stadion laufen. Die Kulisse wird ansprechend sein, bis Donnerstagabend waren bereits 11.000 Tickets verkauft. Unter den Zuschauern werden sich auch zahlreiche Scouts von internationalen Topvereinen befinden – unter anderem haben Manchester United, der Hamburger SV, Wolfsburg, Stuttgart und Twente Enschede Tickets für einen "Spion" reserviert.

Peter Altmann