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"Man sieht, wie viel Respekt Schweden vor uns hat"

„Man hat gemerkt, dass keiner so richtig zufrieden war, weder wir noch das Publikum“, fasste Martin Harnik die Stimmungslage nach dem 1:1 gegen Schweden zum Auftakt in die EM-Qualifikation zusammen.

Österreich gilt als Heimmacht. Dass man auch auswärts konstant punkten kann, gilt es erst zu beweisen. Von dem her könnten dies zwei verlorene Punkte gewesen sein. Vor allem, weil man aus einem überlegen geführten Spiel zu wenig mitgenommen hat.

„Wir waren 80 Minuten lang die bessere Mannschaft. Wir haben sehr gut gespielt, haben nur die Tore nicht gemacht. Und im Fußball zählen die Tore, nicht das Schönspielen“, betonte Marko Arnautovic.

Dabei erwischte die Elf von Marcel Koller einen Traumstart. In Minute 7 verwertete David Alaba einen Hand-Elfmeter zur frühen Führung.

„Hätten das zweite Tor machen müssen“

Doch anstatt konzentriert nachzulegen, kassierte man nur fünf Minuten später in Folge eines Freistoßes den Ausgleich. Schwedens Superstar Zlatan Ibrahimovic konnte per Kopf auf den schlecht gedeckten Torschützen Erkan Zengin ablegen.

Eine typische Szene für das Spiel der Skandinavier, wie Zlatko Junuzovic fand: „Die Schweden sind tief gestanden, haben unattraktiv hohe und lange Bälle auf Ibrahimovic gespielt, der geschaut hat, was er machen kann. So ist auch das Gegentor entstanden – ein wenig zu billig, aber solche Situationen kommen im Spiel vor. Wir hätten trotzdem das zweite Tor machen können und müssen.“

Die Möglichkeiten dazu gab es. Vor allem in Halbzeit eins. Doch die ÖFB-Elf scheiterte – nicht zum ersten Mal – an ihrem Unvermögen vor dem gegnerischen Tor.

„Dass wir unsere Chancen nur zu einem verschwindend kleinen Prozentteil genutzt haben, kann man uns ankreiden. Daran müssen wir arbeiten, wobei keine Tausendprozentige dabei war. Es waren alles Chancen, die man machen kann, aber nicht machen muss“, rekapitulierte Marc Janko.

„Zu früh die Geduld verloren“

Der Australien-Legionär hätte zu Beginn der zweiten Hälfte per Kopf erhöhen können, schloss jedoch zu überhastet ab. Die beste Einschussmöglichkeit abseits der beiden Tore blieb letztlich der Lattenschuss von Zengin nur wenige Minuten nach seinem Ausgleich.

Je länger die Partie dauerte, desto weniger machten die Schweden für das Spiel und desto weniger fiel Österreich ein, wie man diesen Riegel knacken könnte. Weshalb sich die ganz große Gelegenheit zu einem Matchball nicht mehr ergab.

Janko: „Sie haben sich entschlossen, wie eine Handball-Mannschaft zu verteidigen und dann ist es eben schwer, vorne drinnen Räume zu finden. Das haben sie clever gemacht.“

Laut Meinung von Harnik habe man mit Fortdauer des Spiels das falsche strategische Mittel gewählt: „Wir haben in der zweiten Halbzeit zu früh die Geduld verloren únd zu viele lange Bälle gespielt. Das hat Schweden in die Karten gespielt.“

Keine Gefahr bei Standards

Mit zunehmender Reife sollte auch mehr Ruhe und Geduld vorhanden sein. Dies fehlte Österreich in dieser Phase. Junuzovic vermisste zudem die Gefahrenmomente bei ruhenden Bällen – und davon hatte man einige:

„Bei den Standardsituationen hätten wir mehr herausholen müssen. Da müssen wir entschlossener zum Ball gehen, damit wir das Tor machen. Gerade in solchen Spielen, wo der Gegner tief steht und die Räume eng macht, muss man aus Standards das entscheidende Tor machen. Das ist heutzutage im Fußball einfach so.“

Darauf, das allerletzte Risiko zu nehmen, verzichtete das ÖFB-Team, wohl um zumindest den einen Punkt mitzunehmen. „Es war schwierig, diese zwei Wände zu durchbrechen. Da muss man aufpassen, dass man nicht auch noch in einen Konter läuft und das Gegentor bekommt“, verdeutlichte Koller.

Während der Plan der Schweden aufging, mit einer schnörkellosen Defensivleistung zumindest einen Punkt aus Wien mitzunehmen, nahm man es im österreichischen Lager auch irgendwie als eine Art Kompliment, dass ein Gegner wie Schweden derart vorsichtig zu Werke ging.

„Daran sieht man, wie viel Respekt sie vor uns haben“

„Daran, dass sie sich so tief hinten reinstellen, sieht man, wie viel Respekt sie vor uns haben. Dann weiß man, wie spät es ist“, meinte Arnautovic.

„Sie haben nicht die bedingungslose Offensive gesucht, weil sie genau gewusst haben, wie gefährlich wir im Angriffsspiel sein können“, vermutete Janko, „das steht ihnen auch zu. Jeder kann so spielen, wie er will.“

Für den erhofften idealen Start auf der ersten Etappe in Richtung Frankreich 2016 hat es also nicht gereicht. Die ÖFB-Kicker waren jedoch bemüht, verbale Schadensbegrenzung zu betreiben.

„Wir dürfen nicht wieder anfangen, alles von der negativen Seite zu betrachten, weil noch einige Spiele vor uns liegen. Wenn wir so spielen wie heute, werden wir noch einige Punkte machen. Ich möchte nicht, dass wieder eine Stimmung von wegen zwei verlorener Punkte entsteht“, forderte Florian Klein.

„Es kann jetzt wieder jeder draufhauen“

„Wir können uns darauf einigen, dass wir die bessere Mannschaft waren. Wo wir uns auch einig sein können, ist, dass wir die Tore nicht gemacht haben. Wir haben nicht verloren. Der Start war also nicht überragend, aber auch nicht schlecht“, meinte Arnautovic und warnte mit eindringlichen Worten vor Schwarzmalerei:

„Wir können jetzt wieder erzählen, dass wir alles vergessen können. Es kann jetzt wieder jeder draufhauen und sagen, wie scheiße wir nicht sind. Die sind die Nummer 29 der Welt, wir die Nummer 40, aber wir haben das Spiel gemacht, 80 Minuten lang dominiert und auf ein Tor gespielt. Wir haben eben die Tore nicht gemacht. Da kann ich auch von mir sprechen, die Chance in der ersten Halbzeit hätte ich machen müssen. Aber trotzdem kann man nicht auf der Mannschaft herumhacken.“

Aber auch Unzufriedenheit kann bekanntlich ein Antrieb sein. Und man kann sogar aus dieser Gefühlslage etwas Positives herausziehen, wie mit Harnik ein jahrelanger Teamspieler, der auch schon schwierigere Nationalteam-Phasen miterlebte, demonstrierte:

„Wir sind natürlich enttäuscht, weil wir uns einen Traumstart mit drei Punkten gewünscht hatten, aber ich bin auch ein bisschen stolz, dass der Anspruch bei uns und bei den Zuschauern mit den Jahren gewachsen ist. Das ist auch eine Folge unserer guten Leistungen.“

Dem Stuttgart-Legionär ist jedoch auch bewusst, dass man sich nicht allzu viele solcher Punkteverluste erlauben darf, will man besagtem Anspruch gerecht werden: „Wir müssen halt schon eine perfekte Quali spielen, um uns am Ende auch zu qualifizieren.“


Peter Altmann/Alexander Karper/Martin Wechtl/Jakob Faber

Ein Urteil, dem sich Julian Baumgartlinger anschloss: „Mit der Art und Weise, wie wir gespielt haben, können wir zufrieden sein. Es war ein Auftritt, der gut war, aber besser hätte sein können. An der Effizienz müssen wir arbeiten, das wissen wir. Wir hätten uns einfach belohnen müssen.“

Auch Alaba forderte, dass man „den Kopf oben lassen und nach vorne schauen“ müsse, um zu versuchen, die nächsten Spiele erfolgreicher zu gestalten.

„Ibrahimovic hätte auf jeden Fall fliegen müssen“

Neben seinem Treffer war der Bayern-Legionär an einer weiteren markanten Szene dieses Spiels beteiligt, als er nämlich nach einem Ellbogen-Check von Ibrahimovic zu Boden ging.

„Wie war’s aus Ihrer Sicht?“, konterte er nach Schlusspfiff die Journalisten-Frage nach dem  Aussetzer des Superstars. Die Antwort, dass es eine klare Rote Karte gewesen sei, kommentierte er mit einem schlichten „Passt!“

Weitere Wortspenden dazu ersparte sich Alaba. Seine Kollegen wurden da schon deutlicher. „Er hätte auf jeden Fall fliegen müssen“, war sich Junuzovic sicher und stellte dem tschechischen Referee Pavel Kralovec für seinen Umgang mit dieser Unsportlichkeit kein gutes Zeugnis aus:

„Der Schiedsrichter hat gemeint, er hat das genau gesehen. Von dem her glaube ich, dass ein gewisser Bonus da war, dass er ohne Karte davon gekommen ist. Das tut natürlich weh, denn es wären noch 60 Minuten zu spielen gewesen, das hätte uns auf jeden Fall Vorteile verschafft.“

Ähnlich sah es Aleksandar Dragovic: „Meiner Meinung nach hätte er Rot bekommen müssen, aber der Schiedsrichter hat Angst gehabt. Wir brauchen uns jedoch nicht auf den Schiedsrichter ausreden, sondern müssen die Gründe bei uns suchen. Wir hatten unsere Torchancen. Wenn wir sie gemacht hätten, spricht darüber keiner mehr.“

"Ein Unentschieden mit ein bisschen Bauchweh"

So bleibt das Gefühl zurück, nicht das Optimum herausgeholt zu haben. Oder wie es Janko ausdrückte: „Ein Unentschieden mit ein bisschen Bauchweh.“