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"Das ist keine Zusage für die nächsten zehn Jahre"

Mangels wirklich neuer Gesichter im Aufgebot für das richtungsweisende WM-Qualifikations-Spiel gegen Schweden stand bei der Kaderbekanntgabe der übliche ÖFB-Dauerbrenner im Mittelpunkt.

Dieser hört auf den Namen Marko Arnautovic und fiel bei seinem Arbeitgeber Werder Bremen zuletzt aufgrund einer nächtlichen Polizeikontrolle in Ungnade.

Teamchef Marcel Koller schenkt dem 24-Jährigen dennoch weiterhin sein Vertrauen. Eine Entscheidung, die durchaus polarisiert.

Die beiden Hauptargumente des Schweizers sind, dass sich Arnautovic erstens im Kreise des Nationalteams noch nichts zu Schulden kommen ließ und zweitens aufgrund seiner Fähigkeiten benötigt werde.

Auf Bewährung

„In Bremen ist er ja bestraft worden“, betont Koller, „wir haben überlegt: Wollen wir auf seine fußballerischen Qualitäten verzichten? Wir haben ein extrem wichtiges Spiel gegen Schweden vor uns. Dafür brauchen wir die besten Spieler.“

Einen Freifahrtschein für Arnautovic würde dies jedoch nicht bedeuten. Vielmehr hat sich der 52-Jährige seinen extravaganten Schützling durchaus bereits zur Brust genommen und wird dies wohl auch im Rahmen des am kommenden Dienstag startenden Trainingslagers in Stegersbach tun.

„Das ist keine Zusage für die nächsten zehn Jahre“, stellt Koller klar, „das gilt ohnehin für alle: Es ist immer auf Bewährung – auf und außerhalb des Platzes. Es sind jedoch auch junge Menschen, denen man die Möglichkeit geben muss, darüber zu sprechen. Ich habe das mit Bremen und mit ihm selbst geklärt.“

Die Wahrheit über besagten Vorfall sei ohnehin schwer herauszufinden: „In jeder Zeitung stand etwas anderes. Was wirklich passiert ist, wissen wohl nur diejenigen, die dabei gewesen sind.“

„Sie sollen nicht hinten rum Stimmung machen“

Der Zeitpunkt, weit nach Mitternacht zwei Tage vor einem Bundesliga-Spiel, gehe jedoch nicht. „Wenn bei uns etwas vorfällt, das nicht passt oder nicht gut für uns ist, müssen wir eingreifen. Das hat er bei uns noch nicht gemacht. Daher haben wir im Trainer-Team keinen Grund gesehen, etwas zu ändern.“

Den Hinweis, dass der eine oder andere Teamspieler Arnautovic kritisch gegenüberstehen würde, lässt Koller nicht gelten:

„Für mich ist grundsätzlich wichtig, wenn einer das Gefühl hat, der eine oder andere passt nicht hinein, soll er das mit mir besprechen. Sie sollen nicht mit den Journalisten sprechen und hinten rum Stimmung machen. Da gibt es eine ganz klare Anweisung, das direkt bei mir anzubringen. Dann kann man darüber sprechen.“

Arnautovic habe in Bremen während seiner Suspendierung zuletzt mit einem Individualtrainer gearbeitet und zwei Mal die Gelegenheit gehabt, mit den Werder-Amateuren ein Mannschaftstraining zu absolvieren.

Fitness von Arnautovic und Janko wird in Stegersbach überprüft

„Es ist nicht so, dass er nur die Füße hochgelegt hat“, erklärt Koller, betont jedoch gleichzeitig, dass man sich erst in Stegersbach selbst ein genaues Bild vom Fitnesszustand der Offensivkraft machen könne.

Ähnliches gilt für Marc Janko, der bei Trabzonspor auf dem Abstellgleis gelandet ist und sich in den vergangenen Wochen ebenfalls mit einem Individualtrainer fitgehalten hat. Zusätzlich habe ihm der ÖFB einen eigenen Trainingsplan zukommen lassen.

„Den hat er sehr intensiv verfolgt, er war sehr engagiert. Ob es passt, müssen wir in Stegersbach abklären“, meint der Teamchef.

Arnautovic und Janko sind die offenkundigsten Beispiele, jedoch nicht die einzigen Kadermitglieder mit wenig bis gar keiner Spielpraxis. Dass Koller seiner Personalpolitik treu bleibt und gerade vor diesem vorentscheidenden Kräftemessen sein Aufgebot nicht massiv ändert, kommt jedoch wenig überraschend.

„Für uns ist die Qualität der Spieler wichtig“

„Diese Diskussion haben wir praktisch bei jedem Lehrgang“, erklärt der Eidgenosse ein wenig genervt und verdeutlicht einmal mehr, dass seine Schützlinge das Fußballspielen nicht verlernt hätten und vor allem bereits mit seinen Ideen vertraut seien.

„Für uns ist die Qualität der Spieler wichtig. Wir denken, das sind für unsere Ideen im Moment die Besten. Gerade in so einem Spiel wie gegen Schweden, die sehr viel Erfahrung in der Truppe haben, ist es für uns wichtig, Spieler dabei zu haben, die diese Ideen kennen, weil man dann eine gewisse Sicherheit hat. Wenn du das erste Mal dabei bist, ist alles neu, dazu findet das Spiel in einem vollen Stadion statt, die Aufmerksamkeit ist riesig – das sind alles Dinge, die du erst verarbeiten musst. Wenn du das schon ein paar Mal erlebt hast, kann das ein riesiger Vorteil sein, weil du mehr Ruhe hast und weißt, was auf dich zukommt.“

Soll heißen: Es gibt kaum ungünstigere Gelegenheiten für Experimente als das Schweden-Spiel. Überschaubar günstig könnte auch die einsetzende Diskussion über die Zukunft des Teamchefs sein.

Gespräche mit Young Boys Bern

Bei der Kaderbekanntgabe bestätigte Koller, dass es bereits Gespräche mit Young Boys Bern gegeben habe. Dies könnte natürlich ein Mittel sein, um den Druck auf den ÖFB in Sachen Vertragsgespräche zu erhöhen.

Während der Vorbereitung auf die Schweden-Partie seien diese jedoch auf Eis gelegt: „Ich bin gerne in Österreich, es ist eine interessante Aufgabe. Es ist aber so, dass mein Vertrag im Dezember ausläuft und man auch wissen will und muss, was danach passiert. Das Schweden-Spiel ist jedoch ein sehr wichtiges Spiel und solche Gespräche lenken einen ab. Daher möchte ich vor diesem Länderspiel keine Diskussionen führen.

Peter Altmann