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"Beinahe eine kleine Therapie"

Ein Pfeifkonzert der Fans, ein Führungsspieler, der von einer „frustrierenden und schwierigen Situation“ spricht.

Solcherlei Dinge kennt man, sie sind im Fußball nichts Außergewöhnliches. Nur geschehen sie normalerweise eher im März und nicht schon Ende August, kurz nachdem die Meisterschaft begonnen hat.

Doch manchmal kippt die Stimmung eben schon kurz nach einem Saisonstart, in dem einige Neuzugänge und ein neuer Trainer eigentlich für einen Neustart sorgen hätten sollen – frag nach bei der Wiener Austria.

Beim Neustart die alte Leier

Beim VfB Stuttgart läuft es derzeit jedenfalls alles andere als rund. 0:2 im Pokal gegen Bochum, 1:1 in Mönchengladbach, 0:2 gegen Aufsteiger Köln – das ergibt einen Punkt und den drittletzten Tabellenplatz.

Das wäre freilich alles nur halb so wild, wären die Schwaben in der Vorsaison dem Abstieg nicht nur knapp entkommen, hätten sie nicht mit Armin Veh nach Huub Stevens, Thomas Schneider und Bruno Labbadia innerhalb eines Jahres den vierten Trainer und würden sie nicht seit mittlerweile 137 Tagen auf einen Pflichtspiel-Sieg warten.

Kurzum, es ist aktuell ein wenig ungemütlich, was den Kick in Benz-Town angeht. Da ist man schon mal froh, wenn man die Länderspielpause woanders verbringen darf.

„Das kennt man nur aus einer Kneipenmannschaft“

Rund 700 Kilometer weiter östlich etwa, wie es bei Florian Klein und Martin Harnik der Fall ist. „Die Stimmung hier ist immer gut, für uns Legionäre ist es beinahe eine kleine Therapie“, sagt Harnik, wenn er über das ÖFB-Team spricht.

Vor allem in Phasen, in denen es auf Klub-Ebene nicht so gut läuft, lernen die Nationalteamspieler erst die gute Laune, die unter Marcel Kollers Ägide herrscht, zu schätzen.

Harnik: „Hier trainiert man ausschließlich mit Freunden. Das ist wirklich etwas Besonderes, das kennt man normalerweise nur aus einer Kneipenmannschaft. Wir haben einen unglaublichen Teamgeist. Im Profi-Fußball ist das nicht selbstverständlich.“

Da liegt es auf der Hand, dass der 27-Jährige über die Lage beim VfB gar nicht allzu ausführlich sprechen möchte. „Es ist sehr angespannt. Aufgrund der letzten Saison, wegen des Starts im Cup und wegen der ersten beiden Meisterschaftsspiele“, sagt der Offensivspieler und hat das Thema damit auch schon wieder abgehandelt.

Es sei schön, „hierher zu kommen und mit der EM-Quali quasi bei Null“ zu starten.

Lob für Schneider

Wobei es dann doch noch einmal um Stuttgart geht. Aber in einem anderen Zusammenhang. Immerhin wird mit Thomas Schneider ab Oktober der vorvorletzte VfB-Coach – klingt, als ob es ewig lange her wäre, doch Anfang März 2014 war er noch im Amt – Assistenztrainer der deutschen Nationalmannschaft.

„Eine sehr gute Wahl! Er ist sehr kompetent und arbeitet sehr akribisch. Bei uns hatte er ein schwieriges halbes Jahr, aber das lag nicht nur an ihm. Er ist prädestiniert für seinen neuen Job, der ein richtiger Schritt in seiner Karriere ist. Er ergänzt sich gut mit Jogi Löw“, fallen Harnik nur positive Sätze ein.

„Fast nebensächlich, wer spielt“

Dass es beim ÖFB-Team zwar richtig nett, aber natürlich kein Wunschkonzert ist, weiß Harnik freilich. Immerhin hat er schon 42 Länderspiele bestritten. Deswegen gibt er sich routiniert diplomatisch, wenn es darum geht, ob er und Stuttgart-Kollege Florian Klein die rechte Seite besetzen sollten, weil sie doch eingespielt wären.

„Sicher ist es ein Vorteil, weil ich seit einigen Wochen mit ihm trainiere und spiele. Aber ich habe mit György Garics ja auch schon einige Spiele gemacht. Hier im Team kennt jeder die Stärken und Schwächen seines Mitspielers, da ist es fast nebensächlich, wen der Teamchef aufstellt“, meint der gebürtige Hamburger.

Marcel Koller lässt sich diesbezüglich nicht in die Karten blicken: „Wenn man jeden Tag miteinander spielt, ist es sicher kein Nachteil. Das hat aber in dem Sinn nicht Priorität. Wenn’s passt, dann passt’s.“

Und wenn’s grad eher nicht passt… Was dann ist, weiß Harnik als Stuttgart-Kicker derzeit nur zu gut.

Harald Prantl