MENTALITÄT II:

Die Tendenz, dass das Nationalteam unter Koller Rückschläge besser verkraften und zurückschlagen kann, fällt zumindest auf. Dies ist zu einem guten Teil sicherlich der gestiegenen Qualität des Spielermaterials geschuldet. Da Sport aber zu einem großen Teil Kopfsache ist, könnte Koller auch hier an den richtigen Schrauben drehen. Sein Spagat: Während er die Öffentlichkeit bisweilen bremsen muss, fordert er von seinen Schützlingen Selbstbewusstsein, Mut, Überzeugung, die nötige Portion Frechheit – kurzum eine Gewinner-Mentalität. So auch vor dem Irland-Spiel, als es nur vier Tage nach dem Rückschlag von München einen Pflichtsieg einzufahren galt. „Ich habe den Spielern vor der Partie gesagt: Wenn du in einem Finale bist und weißt, du musst gewinnen, bringt es nichts, wenn du nachher ‘hätte, wenn und aber‘ sagst. Das ist nicht das, was wir gebrauchen können und das, was Sieger ausmacht. Sieger gehen raus, hauen sich rein, versuchen alles abzurufen. Dann musst du nachher keine Ausreden suchen.“ Auch für den Tag X in Stockholm gibt Koller, wohlwissend um die Höhe der Hürde namens Schweden, das Motto vor: „Final-Spiele sind dazu da, um sie zu gewinnen.“ (siehe Kollers Analyse)

AUFHOLBEDARF:

Nur weil am Ende die so wichtigen drei Punkte herausschauten, wäre es falsch, die Leistung gegen Irland schön zu reden. Vor allem spielerisch war dies über weite Strecken viel zu wenig. Mit einem Fehlverhalten wie gegen die Insel-Kicker wird es in Schweden schwierig zu reüssieren, wie auch die LAOLA1-Taktik-Analyse herausarbeitet. Dessen ist man sich im ÖFB-Lager bei aller Euphorie bewusst. „Es gibt einige Baustellen, an denen wir noch arbeiten müssen. Ich glaube, man hat gesehen, dass es nicht so war, wie wir uns das vorgestellt haben“, betonte Sebastian Prödl. Der Bremen-Legionär sprach nach Schlusspfiff von einem „dreckigen 1:0-Sieg“ und traf damit den Nagel auf den Kopf. Andererseits ist es positiv zu vermerken, dass die Mannschaft kühlen Kopf bewahrte und sich wehrte, auch wenn der eine oder andere Akteur derzeit nicht in Topform agiert beziehungsweise die geplanten spielerischen Mittel lange Zeit nicht wirkten. Prödl: „Man darf nicht vergessen, die Iren haben um ihre letzte Chance gekämpft, haben körperlich extrem dagegengehalten, haben in der Offensive alles über weite Bälle versucht, waren aufs Zerstören aus, wollten nicht unbedingt mitspielen. Von dem her ist es auch einmal gut, wenn wir lernen, körperlich robuster zu spielen.“ Diesen Eindruck hatte auch Martin Harnik, der immerhin aus der deutschen Bundesliga gestählt ist: „Es war ein unglaublicher Fight. Ich habe selten einen Gegner gesehen, der sich so leidenschaftlich in jeden Zweikampf wirft.“

EFFIZIENZ:

Das größte Manko, darüber besteht weitestgehend Einigkeit, lag einmal mehr in der Chancenverwertung. Dass Österreich vor dem gegnerischen Tor nicht eiskalt genug ist, zieht sich wie ein roter Faden durch diese WM-Qualifikation und kostete an deren Anfang beim 1:2 gegen Deutschland und beim 0:0 in Kasachstan auch drei wichtige Zähler, die der ÖFB-Elf in der Tabelle gut zu Gesicht stehen würden. Auch gegen Irland machte man es lange unnötig spannend. „Wenn man Chancen vergibt, denkt man, vielleicht ist es nicht unser Tag. Aber wir haben immer daran geglaubt, weitergekämpft und sind belohnt worden“, erklärte Andreas Weimann, der sein erstes Tor im A-Team bereits herbeisehnt. Die Erleichterung, dass man durch Qualifikations-Goalgetter David Alaba (fünf Treffer) wenigstens eine Möglichkeit nutzte, war förmlich greifbar. „Wenn wir trotz dieser Chancen nicht gewonnen hätten, könnte ich nicht mit einem Lächeln hier stehen“, meinte Harnik.