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"Wichtig, nicht zu lange in Ehrfurcht zu erstarren"

Das nennt man wohl einen vollen Terminkalender.

Am Mittwoch führt Marc Janko das österreichische Nationalteam im freundschaftlichen Länderspiel gegen Finnland als Kapitän auf das Feld.

Bereits am Freitag erfolgt der nächste Auftritt mit Neo-Arbeitgeber und Tabellenführer FC Porto – und zwar nicht irgendeiner. In Lissabon steigt das Spiel aller Spiele in Portugal, der Gipfel gegen den punktegleichen Erzrivalen Benfica.

„Natürlich sind es sehr intensive Tage für mich, aber ich beklage mich nicht, ich freue mich auf jede einzelne Aufgabe. Für Porto ist es ein meisterschaftsentscheidendes Spiel, aber das ändert nichts daran, dass ich Vollgas für das Nationalteam gebe, deswegen bin ich hier. Wenn ich mich schonen wollen würde, wäre ich nicht angereist. Ich nehme diese Strapazen sehr gerne auf mich, weil ich stolz bin, für Österreich spielen zu können“, nimmt der 28-Jährige den Stress gelassen.

Ebenso wie den Umstand, dass er wegen eines Fluglotsenstreiks in Frankfurt mit zusätzlicher Verspätung im Camp in Pörtschach eintraf und deswegen nur das Abschlusstraining absolvieren konnte: „Ich kenne die Mannschaft, deswegen ist es nicht so ein Problem.“

An mangelndem Selbstvertrauen leidet der Goalgetter aktuell ohnehin nicht. Einerseits wegen seines Transfers zu einer Top-Adresse im europäischen Fußball, andererseits wegen seines gelungenen Einstands mit jeweils einem Treffer in den ersten beiden Partien.

Im LAOLA1-Interview erklärt Janko, warum er in Porto nicht vor Ehrfurcht erstarrt, wie wichtig die richtige Selbstwahrnehmung ist, warum man sich keine Grenzen setzen darf und warum das Nationalteam in Zukunft bessere Ergebnisse liefern muss.

LAOLA1: Marc, du hast bei Porto von Anfang an Tore für dich sprechen lassen. Wie wichtig war es, mit diesem guten Eindruck zu starten?

Janko: Es ist auf jeden Fall nicht von Nachteil, auch für das Standing im Verein und bei den Fans. Ich bin nach den ersten Spielen nicht gerade in Ungnade gefallen bei den Anhängern, die mich irgendwo schon in ihr Herz geschlossen und auch schon Vergleiche mit anderen Größen, die beim Verein spielten, angestellt haben. Das ist natürlich etwas, was mich sehr ehrt und auch schmeichelt. Ich denke, es war ein guter Anfang – nicht mehr und nicht weniger. Ich werde natürlich probieren, weiterhin gute Leistungen zu bringen und für das Team wichtig zu sein.

LAOLA1: In Österreich kann man sich vielleicht nicht richtig vorstellen, wie sehr der FC Porto für seine Fans Religion ist. Kannst du schildern, wie sehr der Fußball dort gelebt wird?

Janko: Um das wirklich einschätzen zu können, muss man es wirklich erleben und sich mit dem Thema befassen. Nur aus den Zeitungen bekommt man zu wenig mit, wie groß der Unterschied wirklich ist und wie heißblütig sich die Fans dort präsentieren. Es ist auf jeden Fall ein absoluter Top-Klub - in den letzten zehn Jahren eine der erfolgreichsten Vereinsmannschaften in ganz Europa. Das sagt schon einiges aus über die Qualität, die dort herrscht, über die Art und Weise, wie dort gearbeitet wird. Dass ich tagtäglich dieses Flair eines Großklubs inhalieren kann und auch ein wichtiger Bestandteil dieser Mannschaft bin, ist schon etwas Besonderes. Ich musste mich in den letzten Wochen schon ab und zu mal zwicken, um das wirklich realisieren zu können.

LAOLA1: Die Marktwerte deiner Kollegen sind teilweise beeindruckend…

Janko: Ja, aber es ist wichtig, nicht zu lange in Ehrfurcht zu erstarren, sondern sich wirklich als Teil des Teams zu sehen. Ich denke, das habe ich innerhalb kürzester Zeit ganz gut geschafft. Bei mir war diese Ehrfurcht in dem Moment weggeflogen, als ich das erste Mal mit ihnen trainiert habe. Seit diesem Zeitpunkt und nach einem kleinen Ritual, dem ich noch zustimmen musste, war ich Teil dieser Mannschaft. Jetzt ist es komplett entspannt und ich bin Spieler des FC Porto.

LAOLA1: Welches Ritual?

Janko: Es war so eine Art Spalier, den sie gebildet haben, und ich musste da durchsprinten und alle schlagen dir auf den Rücken, und dann bist du halt aufgenommen.

LAOLA1: Du hast in einem Interview gemeint, dieser Transfer sei eine Bestätigung deiner Selbstwahrnehmung. Wie darf man das verstehen? Dass du dich von außen nicht richtig wahrgenommen gefühlt hast?

Janko: Nein, das hat nichts mit der Wahrnehmung von außen zu tun. Als Sportler ist es immer wichtig, dass man probiert, sich selbst einzuschätzen, welche Qualitäten man hat, wo man hinkommen möchte und hinkommen kann. Das ist eine Sache der Selbsteinschätzung. Ich habe immer daran geglaubt, dass ich einmal bei solch einem Verein spielen kann. Dass meine Karriereplanung so gut aufgegangen ist, freut mich sehr. Einige Leute haben das vielleicht nicht erwartet.

LAOLA1: Portugiesisch ist nicht die einfachste Sprache. Wie wichtig ist es für dich, sich mit Dingen abseits des Platzes zu beschäftigen, neue Sprachen kennenzulernen?

Janko: Wir haben sehr viele Südamerikaner in der Mannschaft, und die haben in ihrer Vergangenheit nicht so viel Wert darauf gelegt, Englisch zu lernen, deswegen lerne ich jetzt Portugiesisch. Wenn ich vom Nationalteam zurückkomme, habe ich schon organisiert, dass ich drei Mal die Woche einen Lehrer bekomme, der mir zwei Stunden pro Einheit die Sprache näher bringt. Ich möchte das so schnell wie möglich verinnerlichen, damit ich mit den Kollegen intensiver kommunizieren kann als die Basics am Platz und ich nicht ständig Activity spielen muss. Portugiesisch ist nicht die einfachste Sprache, aber es ist auf jeden Fall eine super Basis für weitere Sprachen. Wenn man Sprachen beherrscht, ist es immer eine Sache, die einen weiterbringt, die horizonterweiternd ist. Wenn man Portugiesisch kann, kann man schnell einmal Spanisch und Italienisch. Dann kann man sich schon auf vielen Orten der Welt verständigen.

LAOLA1: Das heißt, das Länderspiel-Motto für 2012 lautet, dass gute Leistungen nicht mehr reichen, sondern auch bei den Ergebnissen eine spürbare Besserung her soll?

Janko: Fußball ist nun einmal sehr ergebnisorientiert. Es bringt niemandem etwas, wenn man schön spielt, aber trotzdem verliert. Deswegen ist das Ergebnis das Wichtigste und Ausschlaggebendste. Es sollte eine gute Mischung aus beidem sein: Sowohl gute Leistung als auch ergebnisorientiert, weil ich schon denke, dass man in Österreich nicht so zufrieden wäre, wenn man 1:0 gewinnt, aber das Spiel eine Katastrophe ist. Dann gibt es genug, die dann auch wieder herumraunzen.

LAOLA1: Teamchef Koller fordert, dass mehr Betrieb im gegnerischen Strafraum herrscht. Das müsste dir entgegen kommen…

Janko: Ich kenne mich dort zumindest sehr gut aus im Strafraum. Man muss immer den Spagat zwischen kontrollierter und bedingungsloser Offensive schaffen. Es gilt aufzupassen, dass man nicht in gefährliche Konter läuft und zu viele Leute vor dem Ball stehen bleiben. Das ist sehr wichtig. Aber ich glaube, dass wir das innerhalb der Mannschaft sehr gut eintrainiert haben, um diese Struktur und dieses Verhalten zu verinnerlichen.

Das Gespräch führte Peter Altmann

LAOLA1: Wenn dein Vertrag 2015 ausläuft, bist du 32. Ist Porto vom Level her der Höhepunkt oder hast du noch Höheres im Sinn?

Janko: Als Sportler und als Mensch sollte man sich nie Grenzen setzen. Ich habe einen Vertrag, der ab Sommer noch drei Jahre läuft – also schon noch eine Zeit lang. Ich beschäftige mich jetzt nicht mit weiteren Schritten. Viel mehr wird dann eh nicht mehr drinnen sein, es gibt nicht mehr viele Vereine, die über diesen gehen. Ich probiere jetzt wirklich dort Vollgas zu geben, das komplett auszunutzen und zu inhalieren, und so viele Titel wie möglich zu sammeln. Ich möchte nach meiner Karriere mit Stolz auf diese Zeit zurückblicken.

LAOLA1: Kommen wir zum Nationalteam. Man spürt: Jeder Spieler will endlich Ergebnisse liefern. Normalerweise wird der Druck auf euch von außen erzeugt. Wie viel Druck macht ihr euch gerade von innen?

Janko: Ich würde nicht sagen Druck. Da sind wir wieder bei der Selbstwahrnehmung. Jeder hat irgendwo realisiert, dass wir einfach sehr viel Qualität in der Mannschaft haben, und diese Qualität auch auf den Platz bringen können. Wir zeigen es ja Woche für Woche in unseren Mannschaften, ob es jetzt in Österreich oder im Ausland ist. Jeder ist Sportler genug, dass er einfach so ehrgeizig ist, das in Form von Ergebnissen auf dem Platz zeigen zu wollen. Ich denke, dass wir das auch schaffen werden.