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"Meine Art und Weise, dem Land Danke zu sagen"

Als „Geisterfahrt“ bezeichnet György Garics seine Rückkehr ins Nationalteam.

Womit wohl gemerkt nicht die Umstände seiner Auszeit von der ÖFB-Elf  gemeint sind, sondern die abenteuerliche Anreise ins Camp nach Pörtschach.

Erst um 4:30 Uhr traf der Bologna-Legionär Montagmorgen im Teamquartier ein, obwohl die Wegstrecke nach dem sonntäglichen Gastspiel bei Udinese eine überschaubar weite gewesen wäre.

Ein Reifenschaden und ein in der Folge notwendiger Wechsel des Autos verzögerten jedoch das anstehende Kennenlernen mit Teamchef Marcel Koller, der den 27-Jährigen nach über zwei Jahren Pause zum rot-weiß-roten Comeback verhalf.

„Sehr korrekt, sehr seriös“

„Sehr korrekt, sehr seriös, ein tolles Gespräch“, schildert Garics seine Eindrücke aus jenem Telefonat, in dem die Rückkehr fixiert wurde.

Eine gemeinsame Wellenlänge, die er mit dem Vorgänger des Schweizers, Didi Constantini, bekanntlich nie wirklich fand.

Nach einem LAOLA1-Interview, das der Tiroler als zu kritisch auffasste, war die ÖFB-Karriere des Rechtsverteidigers somit nach 23 Länderspielen vorerst unterbrochen.

Garics wiederum steht auch mit gut zwei Jahren Abstand zu seinem damaligen Handeln, wie er im Gespräch mit LAOLA1 betont. Zudem spricht er über die Rückkehr nach seinem Kreuzbandriss, seine zweite Nationalteam-Karriere und die Situation bei Bologna.

LAOLA1: Hast du das Nationalteam während der vergangenen zwei Jahre vermisst, oder war die Thematik nicht so präsent?

György Garics: Es war teilweise meine Entscheidung, und teilweise eine Schicksals-Geschichte, weil ich mit dem Kreuzbandriss eine Verletzung hatte, die es mir sowieso nicht erlaubt hätte. Ich bin glücklich über meine Rückkehr, vor allem nach der Verletzung. Nach den guten Leistungen, die ich beim Verein gebracht habe, ist es eben auch ein kleines Geschenk, beim Team dabei sein zu können. Natürlich habe ich es vermisst, denn ich habe eigentlich nie gesagt, dass ich vom Nationalteam zurücktreten möchte. Die Frage war eben, dass ich mit diesem Menschen (Didi Constantini; Anm.d.Red.) nicht zusammenarbeiten möchte. Es war immer eine Ehre, für Österreich spielen zu können. Für mich ist es eine Art und Weise Danke zu sagen für alles, was mir dieses Land ermöglicht hat, obwohl ich kein gebürtiger Österreicher bin. Sowohl schulisch als auch sportlich – ich habe meine Ausbildung in Österreich absolviert, meine Fußball-Karriere ist hier losgegangen.

LAOLA1: Du hast immer betont, dass es dir ganz wichtig ist, dir selbst treu zu bleiben. Der Konflikt mit Didi Constantini war keine leichte Sache. Bist du trotzdem froh, dass du so gehandelt und dich nicht verstellt hast?

Garics: Sicher! Sonst hätte ich es ja nicht gemacht. Und ich würde es auch immer wieder machen. Es ist sehr schwer, allen gerecht werden zu können. Das Wichtigste im Leben ist, dass man sich selbst gerecht wird – das ist meine Ansichtsweise. Man muss sich in den Spiegel schauen können.

LAOLA1: Mit allen Konsequenzen?

Garics: Dafür muss man leider oft Entscheidungen treffen oder Dinge von sich geben, die hie und da anecken können. Aber man wird als Mann bezeichnet, wenn man auch die Konsequenzen dafür trägt, wenn man etwas tut, was vielleicht nicht einem jedem gefällt. In bestimmten Positionen ist es einfach so, dass man Entscheidungen treffen muss, die manchen gefallen können und manchen nicht. Wichtig ist, dass man auch nach einer gewissen Zeit sagen kann: Ich bin überzeugt von meiner Entscheidung und von dem, was ich getan habe. Ich habe sicherlich nichts bereut. Dass ich wieder da bin, bestätigt auch wieder, dass ich richtig gehandelt habe.

LAOLA1: Du hast bereits 23 Länderspiele für Österreich absolviert. Wo soll in deiner „zweiten“ Nationalteam-Karriere die Reise hingehen?

Garics: Diese 23 Spiele sind sehr schöne Spiele gewesen, aber es könnten natürlich auch mehr sein. Wichtig ist aber, dass es mehr werden. Es zählt, dass ich in Zukunft meine Leistung bringe, sowohl im Verein als auch beim Nationalteam, dann kann diese Zahl eigentlich immer nur wachsen. Und wachsen soll auch die Mannschaft. Wir müssen aus diesen guten Einzelspielern ein gutes Team zusammenbasteln. Denn Fußball ist ein Mannschaftssport, es zählt nicht die Leistung der einzelnen Spieler, sondern die Leistung, die die Mannschaft erbringt. Die ist bisher unter den Erwartungen der Fans geblieben – und auch unter unseren eigenen, weil wir ja selbst wissen, dass wir besser sind als das, was wir bisher geboten haben.

Mitte Februar gewann Garics mit Bologna bei Inter 3:0

LAOLA1: Du konntest 2011 nach deinem Kreuzbandriss fast neun Monate nicht in der Serie A auflaufen. Nach deinem Comeback hast du aber wieder gut Fuß gefasst, oder?

Garics: Gott sei Dank ist es bisher sehr gut gelaufen, ich bin nach der Verletzung sehr gut zurückgekommen. Vier Spiele habe ich noch Ende 2011 absolviert, im Jänner und Februar habe ich gute Leistungen gebracht, mit der Mannschaft wichtige Punkte geholt. Ich hätte gar nicht damit gerechnet, dass es so positiv läuft, denn es war doch eine sehr schwere Verletzung und eine lange Pause. Jetzt möchte ich die Saison natürlich so gut wie möglich beenden. Jene Partien, die ich spielen werde, möchte ich gut spielen. Nachdem wir so viele sind, zählt auch die Qualität und nicht nur die Quantität. Es ist eben nicht einfach, sich mit so vielen Konkurrenten zu messen, aber bisher habe ich es eigentlich immer geschafft, mich zu behaupten. Da mache ich mir auch für die Zukunft keine Sorgen.

LAOLA1: Wie gehst du jedoch damit um, nach dem sensationellen 3:0 bei Inter vor gut einer Woche in den folgenden beiden Matches gefehlt zu haben?

Garics: Es ist nicht einfach, damit umgehen zu können, weil ich nicht in den Kopf des Trainers reinschauen kann. Das Einzige, was ich sagen kann, um es ein bisschen verständlich zu machen: Wir haben einen Kader mit 34 Spielern – elf spielen, 23 schauen zu. Es ist oft so, dass du dir nicht erklären kannst, warum der Trainer jetzt eine andere Idee hat. Er hat auf jeder Position drei Leute, die er bei Laune halten muss – das könnte eine Erklärung sein, muss aber keine sein. In Italien muss man sich eben mit dem Gedanken anfreunden, dass es auch dann, wenn du gut spielst, sein kann, dass du in der Woche darauf nicht spielst. Aus welchem Grund auch immer. Bei mir kommt dazu, dass ich von einer langen Verletzungspause zurückkomme. Noch bin ich nicht imstande, alle drei Tage über 90 Minuten zu gehen, so wie ich mir das vorstellen würde.

LAOLA1: Wirst du über den Sommer hinaus bei Bologna bleiben oder könnte sich ein Wechsel ergeben?

Garics: Ich habe ab Sommer noch zwei Jahre Vertrag, von dem her steht einem Verbleib nichts im Wege. Aber wenn sich etwas Besseres ergibt und sich jemand aufdrängt, der unbedingt den Garics haben will, werde ich sicher nicht Nein sagen… (schmunzelt)

Das Gespräch führte Peter Altmann