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Beichler: "Wir dürfen nicht immer alles schönreden"

Beichler:

Etwas verwundert steckte Florian Kainz kurz seinen Kopf aus der Gästekabine. 

Gegenüber wurden laut knallend die ersten Bierflaschen geöffnet. Mutig hielten Fotografen und Kameraleute ihre Linse in die ausgelassene Männermenge, der eine oder andere bekam ein paar Tropfen ab. 

Die Tür der Gästekabine ging wieder zu. Und aus ihr drang kein Laut nach außen. Auslaufen war angesagt. Und Abhaken. Einen Traum, eine Chance, eine Saison.

Eine mehr als durchwachsene Spielzeit hätte der SK Sturm an diesem Abend in St. Pölten zu einem einigermaßen positiven Ende kommen lassen können. Am Ende stand ein verdientes 0:1 nach 120 Minuten. Und die Gewissheit, dass ein Strohhalm schnell bricht, wenn man sich zu fest an ihn klammert.

Fehlende Einstellung

Noch einmal hatten die Blackies die Euphorie geschürt. Abseits einer bedeutungslos gewordenen Ligasaison hatte man ein Ziel vor Augen. Doch während sich die eigenen Anhänger von Beginn an stimmgewaltig und einsatzbereit zeigten, suchte die Mannschaft am Feld träge ihren Weg ins Spiel. 

Spielstil der Niederösterreicher, Cup-Affinität des SKN-Trainers, alles war bekannt. Dennoch war schnell klar, dass es aus Sicht der Grazer ein langer Abend werden sollte.

"So können wir in einem Cup-Halbfinale einfach nicht agieren", wusste sich der eingewechselte Daniel Beichler in den Katakomben den Auftritt seines Teams nicht recht zu erklären.

Probleme mit der Aggressivität des Gegners

Von einem Ligaunterschied war zwischen dem SKN und Sturm zu keinem Zeitpunkt etwas zu erkennen. Das gab man auch aufseiten der Gäste zu.

"Es war ein Spiel auf Augenhöhe, St. Pölten war richtig gut. Das war Bundesliganiveau. Da kann man nur gratulieren", zollte etwa Florian Kainz, die noch agilste Erscheinung der Grazer, den "Wölfen" Respekt. 

Gut heißt in diesem Fall aggressiv. Eine Eigenschaft, die an diesem Abend trotz technisch limitierterer Mittel reichte, um das Spiel zu gewinnen. Ein Umstand, der auch einem schwer vom Spiel gezeichnet wirkenden Darko Milanic zu schaffen machte.

"Wir haben das ganze Spiel über Probleme mit der Aggressivität des Gegners gehabt. Zu Beginn habe ich das auch so erwartet. Nach der Pause hatten wir mehr Räume, diese haben wir aber nicht genützt", resümierte der Slowene, der zudem der einen oder anderen Chance nachtrauerte.

Besonders jener von Beichler, der Sturm beinahe per Volley in ein Elfmeterschießen gerettet hätte. SKN-Keeper Patrick Kostner reagierte aber glänzend.

Die Motivation will der Sturm-Trainer seiner Mannschaft nicht absprechen: "Wir waren immer wieder zu spät, der Gegner hat viele zweite Bälle gewonnen. Die Jungs waren aber motiviert. Wir wollten auch nach vorne spielen und beide Spitzen suchen. Aber es ist auch von außen zu wenig gekommen. Der Wille war da, aber es hat einfach etwas gefehlt." 

"In der nächsten Saison ist Sparen angesagt"

Woran es fehlt, gilt es in den kommenden Wochen zu analysieren. "Wir dürfen nicht den Fehler machen und immer alles schönreden", stellte Beichler klar. 

Das scheint nach so einem Abend auch schwer möglich. Das weiß auch Milanic, der trotz eines noch ausstehenden Meisterschaftsspiels, eine erste Bilanz seiner Amtszeit zog.

"Es war eine Saison, in der wir uns zuhause extrem schwer getan haben. Dadurch hatten wir keine Ruhe. Wir mussten immer kämpfen. Das hat schon im ersten Spiel gegen Breidablik begonnen", sprach der 46-Jährige den Fehlstart im vergangenen Sommer an. 

Das nächste Spieljahr verspricht im Hinblick auf die Kaderplanung zum derzeitigen Standpunkt keine großen Veränderungen. "Wir wissen, dass der Verein nicht viel Geld hat. In der nächsten Saison ist Sparen angesagt", ist Milanic klar, was ihm bevorsteht. 

Nicht zum ersten Mal in dieser Saison scheint dem ehemaligen Verteidiger an diesem Abend klar geworden zu sein, das seine Mission in Graz weit schwieriger ist, als erwartet.

"Wir wollten etwas ganz anderes. Aber es passiert im Sport, dass es Enttäuschungen gibt. Diese ist groß", sagte Milanic.

 

Andreas Terler